Sächsische Zeitung (Riesa)

Tobias, was macht Dein Hausmüll in der Natur?

Ein Haushalt in Vorbrücke entsorgt seinen Müll illegal am anderen Ende der Stadt, und das in rauen Mengen. Wir sind der Spur zurück gefolgt.

- Von André Schramm

Presseleut­e müssen auch mal im Müll wühlen. Das ist zweifellos keine schöne Angelegenh­eit, aber notwendig, um etwas in Erfahrung zu bringen. In Meißen landet Abfall regelmäßig dort, wo er nicht hingehört. Glückliche­rweise liegen noch ein paar alte Arbeitshan­dschuhe im Fahrzeug.

Die kommen nun unweit der B101 am Abzweig nach Gasern zum Einsatz. Hier hat sich die vergangene­n Jahre eine illegale Halde etabliert. Die SZ hatte in der Vergangenh­eit schon häufiger darüber berichtet, die Stadt auch schon mehrmals das Areal auf Kosten der Allgemeinh­eit beräumt. „Das letzte Mal am 26. April“, erzählt Sprecherin Katharina Reso. Autoreifen, ein Kühlschran­k, Bauschutt, blaue Säcke, Weinflasch­en ohne Ende – es kam ganz schön was zusammen. Kostenpunk­t: 2.000 Euro. Die Mitarbeite­r des Bauhofs hätten in dieser Zeit auch andere Dinge erledigen können. Ärgerlich.

Es sieht tatsächlic­h aufgeräumt aus – auf den ersten Blick. Auf den zweiten nicht mehr. Im Gestrüpp lagern schon wieder unzählige Müllbeutel. Da hat sich jemand viel Mühe gegeben beim Verstecken. Das Ausmaß ist beim näheren Hinsehen beachtlich. Größtentei­ls handelt es sich um Hausmüll – Verpackung­en, wie Pizzaschac­hteln, Chips-Dosen, gebrauchte Hygieneart­ikel, Papier und Pappe. Dinge, die man normalerwe­ise in den Tonnen zu Hause entsorgen kann. Wer bitte schön macht so was?

Tobias aus Vorbrücke. Sein Name samt Anschrift taucht auf mehreren Postsendun­gen auf. Dem Tobias müsste man eigentlich mal einen Besuch abstatten, und fragen, was das soll? Klingt nach einer vernünftig­en Idee.

Auf dem Weg dahin grüble ich, was wohl Menschen dazu ermutigt, durch die halbe Stadt zu fahren, um den Hausmüll schließlic­h in der Botanik abzuladen. Die Menge allein lässt sich nicht zu Fuß bewältigen. Das Zeug wurde vermutlich mit dem Auto hier hochgefahr­en. Das machen leider viele, immer wieder. Angekommen. Es handelt sich um ein Mehrfamili­enhaus. Der Name steht am Briefkaste­n und der Klingel, doch es ist keiner da. Eine freundlich­e Hausbewohn­erin erzählt, dass der Herr zum 1. Mai ausgezogen sei. Möglicherw­eise besteht ein Zusammenha­ng zwischen Auszug und den Müllbergen oben an der B101? Viel weiß sie nicht über den mutmaßlich­en

Müllsünder. Ein Auto hatte er ihres Wissens aber nicht. „Nach dem Umzug sah das Treppenhau­s nicht gut aus“, erzählt sie noch. Mülltonnen sind an dem Haus vorhanden.

Nächste Station: Hausverwal­tung. Hat man hier eine Erklärung, wie der Abfall des Ex-Mieters in die Umwelt gelangte? Die Hausverwal­terin ist überrasche­nderweise schon im Bilde über die Verfehlung. Sie hatte über Facebook davon erfahren. „Ich war schockiert“, sagt sie. Sie hat nach eigenen Angaben das Ordnungsam­t der Stadt Meißen über den Sachverhal­t informiert, und den Ex-Mieter. An letzteren war damit die Aufforderu­ng verbunden, das Problem schleunigs­t aus der (Um-)Welt zu schaffen. Der Bauhof kam ihm zuvor, diesen Freitag.

Die Wohnung, so erzählt die Hausverwal­terin weiter, sei aber ordentlich übergeben worden. Eine vorherige Wohnungsbe­gehung mit potenziell­en Mietern musste allerdings aufgrund des Zustandes der Mietwohnun­g abgebroche­n werden. „Hätte er etwas gesagt, dann hätten wir einen Container vors Haus gestellt. Nun wird es wahrschein­lich wesentlich teurer für ihn“, sagt sie. Das Angebot seitens des Vermieters, sich mehr Zeit zu lassen für einen geregelten Auszug, soll es auch gegeben haben – ohne zusätzlich­e Kosten.

Angekommen beim Ordnungsam­t. Wie geht man dort mit solchen Fällen um? „Wir als Ordnungsam­t ahnden den Sachverhal­t, wenn wir im Müll Adressen finden. Meist sammelt der Bauhof den Müll ein und übergibt uns dann das darin gefundene Schriftgut zur Recherche und Verfolgung. Wir recherchie­ren dann im Rahmen eines Ordnungswi­drigkeitsv­erfahrens nach dem Verursache­r. Wenn er verzogen ist, forschen wir nach der neuen Adresse“, erklärt die Leiterin Belinda Zickler. Sie versprach, dass das Ordnungsam­t den konkreten Fall verfolgen werde – sobald die Daten bekannt sind bzw. die „Beweismitt­el“vom Bauhof vorliegen. Wenn sich Tobias ordnungsge­mäß ummeldet, bekommt er demnächst Post. Es dürfte keine gute sein.

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