Tobias, was macht Dein Hausmüll in der Natur?
Ein Haushalt in Vorbrücke entsorgt seinen Müll illegal am anderen Ende der Stadt, und das in rauen Mengen. Wir sind der Spur zurück gefolgt.
Presseleute müssen auch mal im Müll wühlen. Das ist zweifellos keine schöne Angelegenheit, aber notwendig, um etwas in Erfahrung zu bringen. In Meißen landet Abfall regelmäßig dort, wo er nicht hingehört. Glücklicherweise liegen noch ein paar alte Arbeitshandschuhe im Fahrzeug.
Die kommen nun unweit der B101 am Abzweig nach Gasern zum Einsatz. Hier hat sich die vergangenen Jahre eine illegale Halde etabliert. Die SZ hatte in der Vergangenheit schon häufiger darüber berichtet, die Stadt auch schon mehrmals das Areal auf Kosten der Allgemeinheit beräumt. „Das letzte Mal am 26. April“, erzählt Sprecherin Katharina Reso. Autoreifen, ein Kühlschrank, Bauschutt, blaue Säcke, Weinflaschen ohne Ende – es kam ganz schön was zusammen. Kostenpunkt: 2.000 Euro. Die Mitarbeiter des Bauhofs hätten in dieser Zeit auch andere Dinge erledigen können. Ärgerlich.
Es sieht tatsächlich aufgeräumt aus – auf den ersten Blick. Auf den zweiten nicht mehr. Im Gestrüpp lagern schon wieder unzählige Müllbeutel. Da hat sich jemand viel Mühe gegeben beim Verstecken. Das Ausmaß ist beim näheren Hinsehen beachtlich. Größtenteils handelt es sich um Hausmüll – Verpackungen, wie Pizzaschachteln, Chips-Dosen, gebrauchte Hygieneartikel, Papier und Pappe. Dinge, die man normalerweise in den Tonnen zu Hause entsorgen kann. Wer bitte schön macht so was?
Tobias aus Vorbrücke. Sein Name samt Anschrift taucht auf mehreren Postsendungen auf. Dem Tobias müsste man eigentlich mal einen Besuch abstatten, und fragen, was das soll? Klingt nach einer vernünftigen Idee.
Auf dem Weg dahin grüble ich, was wohl Menschen dazu ermutigt, durch die halbe Stadt zu fahren, um den Hausmüll schließlich in der Botanik abzuladen. Die Menge allein lässt sich nicht zu Fuß bewältigen. Das Zeug wurde vermutlich mit dem Auto hier hochgefahren. Das machen leider viele, immer wieder. Angekommen. Es handelt sich um ein Mehrfamilienhaus. Der Name steht am Briefkasten und der Klingel, doch es ist keiner da. Eine freundliche Hausbewohnerin erzählt, dass der Herr zum 1. Mai ausgezogen sei. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zwischen Auszug und den Müllbergen oben an der B101? Viel weiß sie nicht über den mutmaßlichen
Müllsünder. Ein Auto hatte er ihres Wissens aber nicht. „Nach dem Umzug sah das Treppenhaus nicht gut aus“, erzählt sie noch. Mülltonnen sind an dem Haus vorhanden.
Nächste Station: Hausverwaltung. Hat man hier eine Erklärung, wie der Abfall des Ex-Mieters in die Umwelt gelangte? Die Hausverwalterin ist überraschenderweise schon im Bilde über die Verfehlung. Sie hatte über Facebook davon erfahren. „Ich war schockiert“, sagt sie. Sie hat nach eigenen Angaben das Ordnungsamt der Stadt Meißen über den Sachverhalt informiert, und den Ex-Mieter. An letzteren war damit die Aufforderung verbunden, das Problem schleunigst aus der (Um-)Welt zu schaffen. Der Bauhof kam ihm zuvor, diesen Freitag.
Die Wohnung, so erzählt die Hausverwalterin weiter, sei aber ordentlich übergeben worden. Eine vorherige Wohnungsbegehung mit potenziellen Mietern musste allerdings aufgrund des Zustandes der Mietwohnung abgebrochen werden. „Hätte er etwas gesagt, dann hätten wir einen Container vors Haus gestellt. Nun wird es wahrscheinlich wesentlich teurer für ihn“, sagt sie. Das Angebot seitens des Vermieters, sich mehr Zeit zu lassen für einen geregelten Auszug, soll es auch gegeben haben – ohne zusätzliche Kosten.
Angekommen beim Ordnungsamt. Wie geht man dort mit solchen Fällen um? „Wir als Ordnungsamt ahnden den Sachverhalt, wenn wir im Müll Adressen finden. Meist sammelt der Bauhof den Müll ein und übergibt uns dann das darin gefundene Schriftgut zur Recherche und Verfolgung. Wir recherchieren dann im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens nach dem Verursacher. Wenn er verzogen ist, forschen wir nach der neuen Adresse“, erklärt die Leiterin Belinda Zickler. Sie versprach, dass das Ordnungsamt den konkreten Fall verfolgen werde – sobald die Daten bekannt sind bzw. die „Beweismittel“vom Bauhof vorliegen. Wenn sich Tobias ordnungsgemäß ummeldet, bekommt er demnächst Post. Es dürfte keine gute sein.