Ausgerechnet Schnellinger
Karl-Heinz Schnellinger, WM-Held von 1970, ist mit 85 in der Nähe Mailands verstorben.
Manche Sätze wird man sein Leben lang nicht mehr los. Bei Karl-Heinz Schnellinger waren es im Grunde genommer sogar nur zwei Wörter. „Ausgerechnet Schnellinger, werden die Italiener sagen“, kommentierte ARD-Reporter Ernst Huberty im WM-Halbfinale 1970 gegen Italien die Grätsche zum 1:1, mit der der Linksverteidiger in der 91. Minute das DFB-Team in die Verlängerung rettete. Und Huberty schob dann fassungslos noch einmal hinterher: „Ausgerechnet Schnellinger.“
Zum Ende des Jahrhundertspiels in Mexiko-Stadt stand es dann doch 4:3 für Italien, wo Schnellinger damals schon sein Geld verdiente. Dort ist der gebürtige Rheinländer aus Düren auch geblieben. Bis zuletzt lebte er in der Nähe von Mailand. Kurz nach seinem 85. Geburtstag ist er dort nun auch gestorben.
Allein schon dieses Tores wegen gehörte Schnellinger zu den Legenden des deutschen Fußballs. Zudem war „Carlo il Biondo“(„Der blonde Karl“) oder „Carlo Martello“(„Karl, der Hammer“), wie er in Italien hieß, bis heute einer der erfolgreichsten deutschen Auslandsprofis. Aber das Leben in der Ferne brachte es mit sich, dass man ihn zu Hause weniger zur Kenntnis nahm als andere. Auch bei der Beerdigung von Franz Beckenbauer war er nicht dabei. Von den 13 Männern, die damals auf dem Platz standen, leben jetzt noch sechs. Aber Schnellingers Tor im Aztekenstadion wird in Erinnerung bleiben: Einwurf Sigi Held, Flanke von Jürgen Grabowski, er am FünfMeter-Raum mit beiden Beinen voraus,
Landung auf dem Hosenboden, aber Ball drin. In 47 Länderspielen war das sein einziges Tor.
Am Ende wurde das DFB-Team in Mexiko Dritter. „Der Name Karl-Heinz Schnellinger wird für immer mit dem Jahrhundertspiel bei der WM 1970 verbunden sein. Durch sein Tor kurz vor Ende der regulären Spielzeit ermöglichte er erst die an Dramatik kaum zu überbietende Verlängerung“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf: „Seine Leistungen und Verdienste gehen jedoch weit über dieses Spiel hinaus. Nur Lothar Matthäus hat unter den deutschen Nationalspielern an mehr WM-Endrunden teilgenommen als er.“Dass Schnellinger auch in einem anderen Klassiker auf dem Platz stand, bei der 2:4-Niederlage im WMFinale gegen England 1966, und bei der WM 1958 in Schweden Vierter wurde, mit Fritz Walter damals noch, wissen die wenigsten. Wegen seiner Zuverlässigkeit hatte der „blonde Karl“in Mailand seinerzeit noch einen anderen Spitznamen: „Volkswagen“. (dpa)