Warum die Niederlande für Sachsen interessant sind
Sachsen und die Niederlande sind Hunderte von Kilometern voneinander entfernt. Trotzdem schätzt Sachsens Ministerpräsident eine gute Beziehung mit den Holländern sehr. Was steckt dahinter?
Dresden. Die Beziehungen zwischen Sachsen und den Niederlanden bestehen schon seit Langem. 1561 heiratete Anna von Sachsen aus Dresden in Leipzig Wilhelm von Oranien. Eine sehr glückliche Ehe war es übrigens nicht: Sie wurde von politischen Gründen angetrieben.
Trotzdem sind Sachsen und die Niederlande immer noch miteinander verbunden. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat die Niederlande in den vergangenen Jahren oft besucht. Bemerkenswert oft, sieht auch die Deutsch-Niederländische Handelskammer in Den Haag. Kürzlich trafen Kretschmer und sein niederländischer Kollege Mark Rutte einander noch auf der Leipziger Buchmesse, wo die Niederlande und Flandern das Gastland waren.
„Der Freistaat Sachsen hat ein enges und freundschaftliches Verhältnis zu den Niederlanden“, sagt Kretschmer. „Es ist gut, dass es diesen Austausch in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur gibt. Beide Regionen verbinden beispielsweise Themen wie die Halbleiterindustrie oder Wasserstoff.“Es gibt jedoch noch mehr Gründe, warum die Niederlande für Sachsen und seinen Ministerpräsidenten interessant sind.
1. Grund ist TSMC
In den Niederlanden befindet sich einer der wichtigsten Ausrüster der weltweiten Chipindustrie: ASML. Bei seiner letzten Reise in den Niederlanden, am 6. Juni 2023, besuchte Kretschmer den Standort des Betriebs in Eindhoven. ASML beschäftigt sich mit der Entwicklung von Lithografiesystemen, die eine wichtige Rolle spielen bei der Herstellung von Mikrochips. Einer der größten Kunden von ASML ist TSMC. Der taiwanische Chiphersteller öffnet bald eine Fabrik in Dresden, wobei 2.000 Arbeitsplätze vorgesehen sind.
Laut einer Pressesprecherin der Deutsch-Niederländischen Handelskammer ist es deshalb auch wieder nicht so überraschend, dass Kretschmer gute Kontakte mit der niederländischen HightechIndustrie wichtig findet.
2. Grund ist der Tourismus
Nach den Polen buchten die Niederländer 2023 die meisten Übernachtungen in Sachsen, zeigen Zahlen vom Tourismusnetzwerk Sachsen. Es handelte sich um mehr als 158.000 Übernachtungen. Laut dem Tourismusnetzwerk Sachsen ist für die Niederländer – im Gegensatz zu vielen anderen ausländischen Touristen – das Naturerlebnis wichtiger als das Kulturerlebnis. Ende 2022 hätte Sachsen bereits für die Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 geworben in den Niederlanden.
Mark Rutte (l), Ministerpräsident der Niederlande, und Michael Kretschmer (CDU, M), Ministerpräsident von Sachsen, bei der Leipziger Buchmesse.
3. Grund ist die Energieversorgung
Sowohl Sachsen als auch die Niederlande investieren in Wasserstoff als Energieträger der Zukunft. Auf einer ersten internationalen Konferenz mit Hunderten von Teilnehmern aus der ganzen Welt im November 2022 in Leipzig betonte unter anderem Anne-Marie Spierings, Energieministerin von der niederländischen Provinz Nordbrabant, eine engere Kooperation mit sächsischen Partnern. Wo die Niederlande beispielsweise Zugang zu einem strategisch günstig gelegenen Hafen haben, wären Unternehmen wie Sunfire in Dresden für die Lieferung von Elektrolyseuren interessant für Holland.
4. Grund sind Kulturbeziehungen
Nicht nur die letzte Leipziger Buchmesse verbindet Sachsen und die Niederlande im Bereich der Kultur. In der ersten Hälfte dieses Jahres gibt es sogar ein spezielles Kulturprogramm, das die kulturellen Szenen von Dresden, Leipzig und Chemnitz mit denen von Rotterdam und Amsterdam verknüpft. Mit Unterstützung des Freistaates ist es unter anderem das Ziel des niederländischen Goethe-Instituts, „Neugier auf bislang weniger Bekanntes“zu wecken. Das berühmte Gemälde „Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster“des niederländische Mahlers Johannes Vermeer gehört zur Sammlung der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden und ergänzte 2023 eine Vermeer-Schau in Amsterdam. Sachsen und die Niederlande haben beide auch eine lange Tradition der Herstellung von Keramik. Ein „ganz besonderer Moment“für Ministerpräsident Kretschmer war die Übergabe des Kriegsverlustbildes „Campagna-Landschaft“von Jean Baptist Weenix an die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden durch den niederländischen Kunsthändler Willem Jan Hoogsteder 2023.