Bürgermeister erfüllt ein Versprechen: eine Kutschfahrt zum 100.
Anni Pollack aus Haselbachtal hat jetzt ihren 100. Geburtstag gefeiert. Sie freute sich besonders über eine Ausfahrt durch den Ort – und ihre jüngste Urenkelin.
Beim ersten Blick in die Feierrunde ist nicht zu erkennen, dass im Raum eine 100Jährige sitzt, so fit und jung wirkt die Jubilarin. Und doch sind an diesem Tag Familie und Nachbarn zusammengekommen, um ein besonderes Ereignis zu feiern. Anni Pollack aus dem Haselbachtaler Ortsteil Bischheim begeht ihren 100. Geburtstag. Das Alter sieht man ihr nicht an, sie sitzt entspannt am Tisch, plaudert mit einer Besucherin, lächelt in die Runde und sorgt sich um ihre Gäste. „Haben Sie schon was zu trinken bekommen“, ist ihre erste Frage.
Das Jubiläum hat noch einen ganz besonderen Aspekt: Erst vor wenigen Wochen wurde die siebente Urenkelin von Anni Pollack geboren. Die kleine Emma liegt entspannt im Wagen neben ihrer Uroma, sie ahnt nichts davon, aber alle in der Familie wissen: Urenkelin und Uroma trennen genau 100 Jahre. Anni Pollack hat den jüngsten Spross der Familie schon oft im Arm gehalten.
Am 27. September 1923 wurde Anni Pollack in Bischheim geboren, besuchte die dortige Volksschule. Danach arbeitete sie in der Landwirtschaft. „Dann kam Hitler an die Macht, und vieles veränderte sich“, blickt Anni Pollack zurück. Später fand sie eine Anstellung als Haushälterin bei einer bekannten Kamenzer Familie. „Ich war für einige Zeit bei Eisen-Schmidt“, sagt sie. Ihrem Mann, der bereits 1963 gestorben ist, kam sie beim Tanzen näher. „Das war nach dem Krieg. Da er auch aus Bischheim kam, kannten wir uns natürlich“, blickt sie zurück. Erst bezog die kleine Familie innerhalb des Ortes eine eigene Wohnung, später zog sie in das Elternhaus, auch dort in eine eigene Wohnung. Nach der Hochzeit verdiente Anni Pollack ihr Geld mit Heimarbeit. „Erst habe ich Teppiche geflochten, später bei Bandtex Hosenträger genäht“, erzählt sie. Inzwischen ist die Familie von Anni Pollack um einiges größer. Dazu gehören die drei Kinder Rolf, Jürgen und Karin sowie die Schwiegerkinder Andrea und Hans-Jürgen. Das Glück komplett machen inzwischen fünf Enkeljungen sowie sieben Urenkel. Die Angehörigen sind alle zum 100. Geburtstag gekommen, egal, wo sie im Moment leben.
Mit ihrem Heimatort fühlt sich Anni Pollack eng verbunden. Als junge Frau war sie in einem Kreis für junge Mütter, der über die Kirchgemeinde ins Leben gerufen worden war. Als Rentnerin machte sie dann im Seniorenverein mit. „Das war wirklich schön, es ist schade, dass er sich aufgelöst hat“, sagt die Jubilarin.
Sie hat auch ein Stück der weiten Welt gesehen, und das oft mit ihrer engen Freundin Elfriede. „Nach der Wende hat sie viele Reisen unternommen, war sogar in Monaco“, erzählt Tochter Karin. Noch heute liest Anni Pollack regelmäßig Zeitung und verfolgt das Geschehen im Ort. Sie wohnt im Haus ihrer Schwiegertochter, kann sich um viele Dinge noch selbst kümmern. „Ich mache das Bett allein, mache mir Frühstück und Abendbrot, wasche selbst ab, stricke Socken und gehe oft nach draußen“, erzählt Anni Pollack. Es ist aber immer jemand da, der sich kümmert, wenn etwas sein sollte.
Am Tag ihres Geburtstages wurde Anni Pollack mit einer Kutsche durch den Ort gefahren. Denn Haselbachtals Bürgermeister Tobias Liebschner (parteilos) hatte ihr ein Versprechen gegeben. Zu ihrem 99. Geburtstag hatte er gesagt: „Wenn Du 100 Jahre alt wirst, dann komme ich mit der Kutsche“. Dies hat er jetzt eingelöst, und die Jubilarin war total begeistert, während der Kutschfahrt all die bekannten Plätze im Dorf zu sehen.