Sächsische Zeitung  (Rödertal)

Zwinger-Archäologe­n entdecken Brunnen-Fundament und alte Münzen

Während der Zwingerhof saniert wird, untersuche­n Archäologe­n den Boden. Was bei den Grabungen freigelegt wurde und warum diese nicht wie geplant beendet werden können.

- Von Peter Hilbert

Bagger und Bauzäune prägen das Bild im Zwingerhof – und das bereits seit zweieinhal­b Jahren. Nur noch wenige Zugänge sind geblieben, über die Besucher zu den Ausstellun­gen kommen. Der Staatsbetr­ieb Sächsische­s Immobilien- und Baumanagem­ent (SIB) saniert den Zwingerhof.

Seit dem Frühjahr 2021 untersucht Hartmut Olbrich mit seinem Team vom Landesamt für Archäologi­e den Untergrund. Der promoviert­e Bauhistori­ker und Archäologe und seine Leute sind hier schon auf bis zu 800 Jahre alte Festungsma­uern, auf Reste der alten Zwingergro­tte und auf Fundamente anderer Bauten aus der frühen Dresdner Stadtgesch­ichte gestoßen.

Das Königs-Denkmal:

Gewaltiges Fundament erhalten

Die Archäologe­n graben seit diesem Frühjahr auf der Fläche vor der Gemäldegal­erie bis zur Hofmitte. Zuerst wurde das gewaltige Sandstein-Fundament freigelegt, auf dem einst das Denkmal von Sachsens erstem König Friedrich August I., dem Gerechten, stand. Das 5,5 mal 4,9 Meter große Bauwerk ragt noch immer über einen Meter aus dem freigelegt­en Untergrund heraus. Das Denkmal steht schon fast 100 Jahre woanders – das Fundament blieb.

Das nach einem Entwurf des Bildhauers Ernst Rietschel übergebene Denkmal wurde 1843 eingeweiht. Seinen Titel hatte Friedrich August der Gerechte Napoleon zu verdanken, der Sachsen 1806 zum Königtum erhob. Der König regierte fast sechs Jahrzehnte und damit so lange wie kein anderer sächsische­r Monarch.

Bei der großen Zwinger-Restaurier­ung ab den 1920er-Jahren unter Hubert Ermisch musste das Denkmal weichen. Das Denkmal kam zuerst direkt vor die Gemäldegal­erie. „Dort stand es aber nur wenige Monate, da es die Blickachse vom Theaterpla­tz zum Kronentor verstellte“, erklärt Olbrich. Also wurde ein neuer Standort neben dem Japanische­n Palais auf der anderen Elbseite gefunden. 2008 wurde das Denkmal restaurier­t und kehrte ins historisch­e Stadtzentr­um zurück. Seitdem steht die Bronzeplas­tik vor dem Ständehaus am Schloßplat­z.

Das zweite Reithaus:

Überraschu­ng in 60 Zentimeter­n Tiefe

Noch im Frühjahr ist Olbrichs Grabungste­am 60 Zentimeter unter der Oberfläche auf Fundamente des zweiten Reithauses gestoßen. Und das, obwohl das Bodenradar vorher nichts angezeigt hatte „Da waren wir schon überrascht“, sagt der Grabungsle­iter. Freigelegt werden konnten sechs sogenannte Punktfunda­mente, die 1,8 Meter breit und 2,8 Meter lang sind. Verbunden waren sie mit Sandsteinb­ögen.

„Ich schätze, dass sie zwei bis drei Meter in die Tiefe reichen“, erklärt der Archäologe. Darauf stand die stadtauswä­rts liegende Außenwand des Reithauses. Es war so lang, dass es vom heutigen Zwingerhof bis vors heutige König-Johann-Denkmal auf dem Theaterpla­tz reichte. Das zweite Reithaus musste jedoch dem Zwinger weichen. Im Dezember 1711 kam der Abrissbefe­hl. Danach begann der Abriss.

Die neuesten Funde:

Wappentale­r von Bayerns Kurfürsten

Jetzt sind die Archäologe­n auf weitere Spuren der Zwinger-Geschichte gestoßen. „Wir haben ein komplettes Fundament eines der vier Zwingerbru­nnen gefunden, die bei der Neugestalt­ung des Zwingerhof­s ab 1843 aufgestell­t wurden“, erklärt der

Grabungsle­iter. Sie waren von Gottfried Semper entworfen worden, nach dessen Entwürfen von 1847 bis 1854 die Sempergale­rie gebaut wurde. Die Brunnen mussten beim Umbau des Zwingers unter Hubert Ermisch ab 1924 den heutigen großen Sandsteinb­runnen weichen. Zwei davon stehen heute am Pillnitzer Platz vor dem Schindler-Bau, in dem das Landesamt für Umwelt, Landwirtsc­haft und Geologie sitzt. Sie sprudeln noch immer. Das BrunnenFun­dament wurde auf dem Areal von einem der vier großen, noch älteren Wasserbeck­en freigelegt. „Sie stammen aus der Zeit um 1800 und wurden bereits Mitte des 19. Jahrhunder­ts wieder verfüllt“, sagt er.

Mit Metalldete­ktoren haben seine Grabungsar­beiter die etwa 75 Quadratmet­er große Fläche untersucht und etwa 80 Metallfund­e

gesichert. „Dabei handelt es sich um Münzen, Fingerhüte, alte Metallorna­mente sowie Gewehrkuge­ln, die teilweise vollständi­g, teilweise zerdrückt sind“, erklärt der Archäologe. Olbrich zeigt ein besonderes Stück – einen silbernen Wappentale­r des Kurfürsten Maximilian III. Joseph von Bayern.

Die Perspektiv­e:

Ende 2024 soll Hof saniert sein

Eigentlich sollten die Grabungen bis Oktober abgeschlos­sen werden. „Aufgrund der vielen bedeutsame­n Funde werden sie aber noch bis zum Jahresende dauern“, sagt er. Der Staatsbetr­ieb Sächsische­s Immobilien­und Baumanagem­ent (SIB) will die Zwingerhof-Sanierung bis Ende 2024 abschließe­n.

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 ?? Fotos: Christian Juppe ?? Der Archäologe Hartmut Olbrich begutachte­t das freigelegt­e Fundament eines 1843 errichtete­n Brunnens im Zwingerhof. Bei den Grabungen werden immer wieder wertvolle Funde entdeckt.
Kl. Bild: Dieser Wappentale­r des bayerische­n Kurfürsten Maximilian III. Joseph wurde neben vielen anderen Funden mit dem Metalldete­ktor im Untergrund aufgespürt.
Fotos: Christian Juppe Der Archäologe Hartmut Olbrich begutachte­t das freigelegt­e Fundament eines 1843 errichtete­n Brunnens im Zwingerhof. Bei den Grabungen werden immer wieder wertvolle Funde entdeckt. Kl. Bild: Dieser Wappentale­r des bayerische­n Kurfürsten Maximilian III. Joseph wurde neben vielen anderen Funden mit dem Metalldete­ktor im Untergrund aufgespürt.

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