Zwinger-Archäologen entdecken Brunnen-Fundament und alte Münzen
Während der Zwingerhof saniert wird, untersuchen Archäologen den Boden. Was bei den Grabungen freigelegt wurde und warum diese nicht wie geplant beendet werden können.
Bagger und Bauzäune prägen das Bild im Zwingerhof – und das bereits seit zweieinhalb Jahren. Nur noch wenige Zugänge sind geblieben, über die Besucher zu den Ausstellungen kommen. Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) saniert den Zwingerhof.
Seit dem Frühjahr 2021 untersucht Hartmut Olbrich mit seinem Team vom Landesamt für Archäologie den Untergrund. Der promovierte Bauhistoriker und Archäologe und seine Leute sind hier schon auf bis zu 800 Jahre alte Festungsmauern, auf Reste der alten Zwingergrotte und auf Fundamente anderer Bauten aus der frühen Dresdner Stadtgeschichte gestoßen.
Das Königs-Denkmal:
Gewaltiges Fundament erhalten
Die Archäologen graben seit diesem Frühjahr auf der Fläche vor der Gemäldegalerie bis zur Hofmitte. Zuerst wurde das gewaltige Sandstein-Fundament freigelegt, auf dem einst das Denkmal von Sachsens erstem König Friedrich August I., dem Gerechten, stand. Das 5,5 mal 4,9 Meter große Bauwerk ragt noch immer über einen Meter aus dem freigelegten Untergrund heraus. Das Denkmal steht schon fast 100 Jahre woanders – das Fundament blieb.
Das nach einem Entwurf des Bildhauers Ernst Rietschel übergebene Denkmal wurde 1843 eingeweiht. Seinen Titel hatte Friedrich August der Gerechte Napoleon zu verdanken, der Sachsen 1806 zum Königtum erhob. Der König regierte fast sechs Jahrzehnte und damit so lange wie kein anderer sächsischer Monarch.
Bei der großen Zwinger-Restaurierung ab den 1920er-Jahren unter Hubert Ermisch musste das Denkmal weichen. Das Denkmal kam zuerst direkt vor die Gemäldegalerie. „Dort stand es aber nur wenige Monate, da es die Blickachse vom Theaterplatz zum Kronentor verstellte“, erklärt Olbrich. Also wurde ein neuer Standort neben dem Japanischen Palais auf der anderen Elbseite gefunden. 2008 wurde das Denkmal restauriert und kehrte ins historische Stadtzentrum zurück. Seitdem steht die Bronzeplastik vor dem Ständehaus am Schloßplatz.
Das zweite Reithaus:
Überraschung in 60 Zentimetern Tiefe
Noch im Frühjahr ist Olbrichs Grabungsteam 60 Zentimeter unter der Oberfläche auf Fundamente des zweiten Reithauses gestoßen. Und das, obwohl das Bodenradar vorher nichts angezeigt hatte „Da waren wir schon überrascht“, sagt der Grabungsleiter. Freigelegt werden konnten sechs sogenannte Punktfundamente, die 1,8 Meter breit und 2,8 Meter lang sind. Verbunden waren sie mit Sandsteinbögen.
„Ich schätze, dass sie zwei bis drei Meter in die Tiefe reichen“, erklärt der Archäologe. Darauf stand die stadtauswärts liegende Außenwand des Reithauses. Es war so lang, dass es vom heutigen Zwingerhof bis vors heutige König-Johann-Denkmal auf dem Theaterplatz reichte. Das zweite Reithaus musste jedoch dem Zwinger weichen. Im Dezember 1711 kam der Abrissbefehl. Danach begann der Abriss.
Die neuesten Funde:
Wappentaler von Bayerns Kurfürsten
Jetzt sind die Archäologen auf weitere Spuren der Zwinger-Geschichte gestoßen. „Wir haben ein komplettes Fundament eines der vier Zwingerbrunnen gefunden, die bei der Neugestaltung des Zwingerhofs ab 1843 aufgestellt wurden“, erklärt der
Grabungsleiter. Sie waren von Gottfried Semper entworfen worden, nach dessen Entwürfen von 1847 bis 1854 die Sempergalerie gebaut wurde. Die Brunnen mussten beim Umbau des Zwingers unter Hubert Ermisch ab 1924 den heutigen großen Sandsteinbrunnen weichen. Zwei davon stehen heute am Pillnitzer Platz vor dem Schindler-Bau, in dem das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie sitzt. Sie sprudeln noch immer. Das BrunnenFundament wurde auf dem Areal von einem der vier großen, noch älteren Wasserbecken freigelegt. „Sie stammen aus der Zeit um 1800 und wurden bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wieder verfüllt“, sagt er.
Mit Metalldetektoren haben seine Grabungsarbeiter die etwa 75 Quadratmeter große Fläche untersucht und etwa 80 Metallfunde
gesichert. „Dabei handelt es sich um Münzen, Fingerhüte, alte Metallornamente sowie Gewehrkugeln, die teilweise vollständig, teilweise zerdrückt sind“, erklärt der Archäologe. Olbrich zeigt ein besonderes Stück – einen silbernen Wappentaler des Kurfürsten Maximilian III. Joseph von Bayern.
Die Perspektive:
Ende 2024 soll Hof saniert sein
Eigentlich sollten die Grabungen bis Oktober abgeschlossen werden. „Aufgrund der vielen bedeutsamen Funde werden sie aber noch bis zum Jahresende dauern“, sagt er. Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilienund Baumanagement (SIB) will die Zwingerhof-Sanierung bis Ende 2024 abschließen.