Wie teuer wird der neue Honig aus Sachsen?
Sven Richter ist einer von rund 8.700 Imkern im Freistaat. Reich wird man mit diesem Hobby nicht. Dass die Bienenvölker trotzdem immer zahlreicher werden, hat andere Gründe.
Das Erblühen der Salweide registriert Imker Sven Richter ganz genau. Denn Salix caprea, so der lateinische Name, ist für Bienen die erste Futterquelle des Jahres. „Bei uns in Frankenberg gehen die Salweide-Blüten im langjährigen Mittel am 16. März auf“, sagt Richter. „Dieses Jahr war es schon am 1. März so weit.“Auf solche wetterbedingten Frühstarts können Bienen nicht so fix reagieren. Denn es braucht in jedem Fall 21 Tage, ehe aus den Eiern künftige Arbeitsbienen schlüpfen. Sie sind diejenigen, die bald darauf ausschwärmen, um Nektar und Pollen zu sammeln.
Weil auch der Raps drei Wochen zu früh zu blühen begonnen hat, ist ein anderes Bienenfutter ebenfalls arg früh dran. In der Konsequenz könne das zu einer geringeren Ernte führen, sagt Richter, der im Landesverband sächsischer Imker als Fachobmann für Bienenprodukte fungiert. Natürlich imkert der 55-Jährige auch selbst – im Nebenerwerb. Seine 24 Völker sind so fleißig, dass er zuletzt bis zu zweieinhalb Tonnen Honig im Jahr ernten konnte.
Die Kunden rechnen eher in Pfund. Fürs 500-Gramm-Standardglas Frühtrachthonig zahlen sie bei Richter sechs Euro. Das sind 19 Cent weniger als der vom Deutschen Imkerbund ermittelte bundesweite Durchschnittspreis für „Echten Deutschen Honig“. Verkauft wird immer sonnabends, von 10 bis 12 Uhr, an der eigenen Haustür. Werbung im Netz sucht man vergeblich. Klar gebe es auch Hobbyimker, die das Glas für vier Euro verkauften, sagt Richter. In seinen Augen ist das zu wenig. Sein Credo:
„Wenn die Qualität stimmt, kann man auch was am Preis machen.“
Auch andere Vertreter der Branche sehen die Notwendigkeit steigender Preise. Bernhard Heuvel, Vizepräsident im Deutschen Berufsimkerverband, hat kürzlich vorgerechnet, dass seine Mitglieder mindestens 14 Euro pro Pfund Honig verlangen müssten, um von ihrem Handwerk leben zu können. „Im Supermarkt kostet das Glas aber teilweise nur zwei Euro.“Solche Dumpingpreise kämen durch Importe aus China oder Argentinien zustande, so Heuvel. Doch auch die Vermarktung vor Ort sei eingebrochen. „Offenbar sind Kunden nicht mehr bereit oder in der Lage, den höheren Preis für heimischen Honig zu zahlen.“
Ungeachtet dessen scheint der Trend zur Imkerei in Sachsen ungebrochen zu sein. Laut Landestierseuchenkasse ist die Zahl der Bienenvölker seit 2008 immer weiter gewachsen. Wie es um die Imkerschaft bestellt ist, geht nicht so eindeutig aus den Zahlen hervor. „Denn die Statistik erfasst nicht die Zahl der Imker, sondern die Standorte der Imkerei“, erklärt Sven Richter. „Es gibt aber Bienenhalter, die ihre Kästen an fünf oder sechs Orten aufstellen.“Seiner Schätzung zufolge gibt es derzeit rund 8.700 Imker in Sachsen. Mitglieder des von ihm geführten Vereins in Frankenberg halten im Schnitt zehn Völker und ernten pro Volk und Jahr 39 Kilo Honig. Es gebe aber auch Vereine, die fünf Kilo pro Volk meldeten, so Richter. Derart geringe Mengen könnten der Angst vorm Finanzamt geschuldet sein, meint er. Dabei sind Hobbyimker oft gar nicht einkommensteuerpflichtig. „Wer weniger als 30 Völker hält, muss seinen Gewinn nicht versteuern.“Dazu kommt, dass bei einer Kleinunternehmerregelung Umsätze bis zu 22.000 Euro im Jahr umsatzsteuerfrei bleiben.
Für viele Neuimker dürfte das Geldverdienen ohnehin zweitrangig sein. Das Interesse sei eher, „etwas für die Umwelt oder gegen das Bienensterben zu tun“, sagt Richter. Was viele Laien nicht wissen: Die in Deutschland verbreitete Carnica-Biene ist keineswegs in ihrem Fortbestand bedroht, sondern ihre wild lebende Verwandtschaft. Laut Roter Liste sind von über 550 in hierzulande beheimateten Wildbienenarten 31 vom Aussterben bedroht und 197 gefährdet. Was weitreichende Folgen hat, denn bestimmte Blüten werden nur von Wildbienen bestäubt. Die Bestände der Honigbienen nehmen dagegen schon seit 2007 wieder zu. Der volkswirtschaftliche Wert ihrer Bestäubungsleistung lässt sich sogar beziffern: Rund zwei Milliarden Euro pro Jahr sei die Arbeit der Nutzinsekten wert, schätzt der Deutsche Imkerbund.
Gleichzeitig bleiben Bienen in vielerlei Hinsicht bedroht. Etwa durch Pflanzengifte und Krankheiten wie die Amerikanische Faulbrut. „Die meisten Verluste sind auf die Varroamilbe zurückzuführen“, sagt Sven Richter. Varroa destructor ist ein Parasit, der sich von Körperflüssigkeiten der Bienenbrut ernährt und dabei gefährliche Viren überträgt. Viele Imker greifen zu Ameisensäure, um den Schädling zu bekämpfen. Andere setzen auf die Zucht varroaresistenter Bienen.
Welche Schäden durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden entstehen, wird am Julius-Kühn-Institut (JKI) analysiert. Die Zahl der dort für Sachsen angezeigten Bienenschäden ist allerdings seit 2019 rückläufig. Entsprechend weniger Proben hat das JKI-Labor analysiert. 2023 waren es nur drei. Schädliche Substanzen fanden die Forscher keine. Grund zur pauschalen Entwarnung sei dies aber nicht, heißt es aus dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. „Je älter das Probenmaterial, desto schwieriger gestaltet sich die Analytik und damit der sichere Nachweis bestimmter Wirkstoffe“, so Behördensprecher Falk Hofer.
Stichprobenartige Honigkontrollen obliegen dem Imkerbund. Von den 2023 in Sachsen gezogenen 32 Proben seien bei 14 Rückstände aus der Landwirtschaft gefunden worden, sagt Richter, „Aber nur bei zweien waren Grenzwerte überschritten.“Ob und wie stark der eigene Honig beispielsweise mit dem Ackergift Glyphosat belastet ist, können Imker in Laboren untersuchen lassen. Eine Analysepflicht existiert nicht. „Wir empfehlen die Prüfung aber“, sagt Doreen Mundt vom Imkerbund.