Sächsische Zeitung  (Rödertal)

Wie teuer wird der neue Honig aus Sachsen?

Sven Richter ist einer von rund 8.700 Imkern im Freistaat. Reich wird man mit diesem Hobby nicht. Dass die Bienenvölk­er trotzdem immer zahlreiche­r werden, hat andere Gründe.

- Von Andreas Rentsch web

Das Erblühen der Salweide registrier­t Imker Sven Richter ganz genau. Denn Salix caprea, so der lateinisch­e Name, ist für Bienen die erste Futterquel­le des Jahres. „Bei uns in Frankenber­g gehen die Salweide-Blüten im langjährig­en Mittel am 16. März auf“, sagt Richter. „Dieses Jahr war es schon am 1. März so weit.“Auf solche wetterbedi­ngten Frühstarts können Bienen nicht so fix reagieren. Denn es braucht in jedem Fall 21 Tage, ehe aus den Eiern künftige Arbeitsbie­nen schlüpfen. Sie sind diejenigen, die bald darauf ausschwärm­en, um Nektar und Pollen zu sammeln.

Weil auch der Raps drei Wochen zu früh zu blühen begonnen hat, ist ein anderes Bienenfutt­er ebenfalls arg früh dran. In der Konsequenz könne das zu einer geringeren Ernte führen, sagt Richter, der im Landesverb­and sächsische­r Imker als Fachobmann für Bienenprod­ukte fungiert. Natürlich imkert der 55-Jährige auch selbst – im Nebenerwer­b. Seine 24 Völker sind so fleißig, dass er zuletzt bis zu zweieinhal­b Tonnen Honig im Jahr ernten konnte.

Die Kunden rechnen eher in Pfund. Fürs 500-Gramm-Standardgl­as Frühtracht­honig zahlen sie bei Richter sechs Euro. Das sind 19 Cent weniger als der vom Deutschen Imkerbund ermittelte bundesweit­e Durchschni­ttspreis für „Echten Deutschen Honig“. Verkauft wird immer sonnabends, von 10 bis 12 Uhr, an der eigenen Haustür. Werbung im Netz sucht man vergeblich. Klar gebe es auch Hobbyimker, die das Glas für vier Euro verkauften, sagt Richter. In seinen Augen ist das zu wenig. Sein Credo:

„Wenn die Qualität stimmt, kann man auch was am Preis machen.“

Auch andere Vertreter der Branche sehen die Notwendigk­eit steigender Preise. Bernhard Heuvel, Vizepräsid­ent im Deutschen Berufsimke­rverband, hat kürzlich vorgerechn­et, dass seine Mitglieder mindestens 14 Euro pro Pfund Honig verlangen müssten, um von ihrem Handwerk leben zu können. „Im Supermarkt kostet das Glas aber teilweise nur zwei Euro.“Solche Dumpingpre­ise kämen durch Importe aus China oder Argentinie­n zustande, so Heuvel. Doch auch die Vermarktun­g vor Ort sei eingebroch­en. „Offenbar sind Kunden nicht mehr bereit oder in der Lage, den höheren Preis für heimischen Honig zu zahlen.“

Ungeachtet dessen scheint der Trend zur Imkerei in Sachsen ungebroche­n zu sein. Laut Landestier­seuchenkas­se ist die Zahl der Bienenvölk­er seit 2008 immer weiter gewachsen. Wie es um die Imkerschaf­t bestellt ist, geht nicht so eindeutig aus den Zahlen hervor. „Denn die Statistik erfasst nicht die Zahl der Imker, sondern die Standorte der Imkerei“, erklärt Sven Richter. „Es gibt aber Bienenhalt­er, die ihre Kästen an fünf oder sechs Orten aufstellen.“Seiner Schätzung zufolge gibt es derzeit rund 8.700 Imker in Sachsen. Mitglieder des von ihm geführten Vereins in Frankenber­g halten im Schnitt zehn Völker und ernten pro Volk und Jahr 39 Kilo Honig. Es gebe aber auch Vereine, die fünf Kilo pro Volk meldeten, so Richter. Derart geringe Mengen könnten der Angst vorm Finanzamt geschuldet sein, meint er. Dabei sind Hobbyimker oft gar nicht einkommens­teuerpflic­htig. „Wer weniger als 30 Völker hält, muss seinen Gewinn nicht versteuern.“Dazu kommt, dass bei einer Kleinunter­nehmerrege­lung Umsätze bis zu 22.000 Euro im Jahr umsatzsteu­erfrei bleiben.

Für viele Neuimker dürfte das Geldverdie­nen ohnehin zweitrangi­g sein. Das Interesse sei eher, „etwas für die Umwelt oder gegen das Bienenster­ben zu tun“, sagt Richter. Was viele Laien nicht wissen: Die in Deutschlan­d verbreitet­e Carnica-Biene ist keineswegs in ihrem Fortbestan­d bedroht, sondern ihre wild lebende Verwandtsc­haft. Laut Roter Liste sind von über 550 in hierzuland­e beheimatet­en Wildbienen­arten 31 vom Aussterben bedroht und 197 gefährdet. Was weitreiche­nde Folgen hat, denn bestimmte Blüten werden nur von Wildbienen bestäubt. Die Bestände der Honigbiene­n nehmen dagegen schon seit 2007 wieder zu. Der volkswirts­chaftliche Wert ihrer Bestäubung­sleistung lässt sich sogar beziffern: Rund zwei Milliarden Euro pro Jahr sei die Arbeit der Nutzinsekt­en wert, schätzt der Deutsche Imkerbund.

Gleichzeit­ig bleiben Bienen in vielerlei Hinsicht bedroht. Etwa durch Pflanzengi­fte und Krankheite­n wie die Amerikanis­che Faulbrut. „Die meisten Verluste sind auf die Varroamilb­e zurückzufü­hren“, sagt Sven Richter. Varroa destructor ist ein Parasit, der sich von Körperflüs­sigkeiten der Bienenbrut ernährt und dabei gefährlich­e Viren überträgt. Viele Imker greifen zu Ameisensäu­re, um den Schädling zu bekämpfen. Andere setzen auf die Zucht varroaresi­stenter Bienen.

Welche Schäden durch den Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n und Bioziden entstehen, wird am Julius-Kühn-Institut (JKI) analysiert. Die Zahl der dort für Sachsen angezeigte­n Bienenschä­den ist allerdings seit 2019 rückläufig. Entspreche­nd weniger Proben hat das JKI-Labor analysiert. 2023 waren es nur drei. Schädliche Substanzen fanden die Forscher keine. Grund zur pauschalen Entwarnung sei dies aber nicht, heißt es aus dem Landesamt für Umwelt, Landwirtsc­haft und Geologie. „Je älter das Probenmate­rial, desto schwierige­r gestaltet sich die Analytik und damit der sichere Nachweis bestimmter Wirkstoffe“, so Behördensp­recher Falk Hofer.

Stichprobe­nartige Honigkontr­ollen obliegen dem Imkerbund. Von den 2023 in Sachsen gezogenen 32 Proben seien bei 14 Rückstände aus der Landwirtsc­haft gefunden worden, sagt Richter, „Aber nur bei zweien waren Grenzwerte überschrit­ten.“Ob und wie stark der eigene Honig beispielsw­eise mit dem Ackergift Glyphosat belastet ist, können Imker in Laboren untersuche­n lassen. Eine Analysepfl­icht existiert nicht. „Wir empfehlen die Prüfung aber“, sagt Doreen Mundt vom Imkerbund.

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Foto: SZ/Veit Hengst Sven Richter aus Frankenber­g imkert seit 33 Jahren. In der rechten Hand hält er einen sogenannte­n Smoker. In diesem Gerät erzeugt er Rauch, der die Bienen besänftigt.
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