Sächsische Zeitung  (Rödertal)

Schauspiel­haus in Dresden bekommt Salon wie 1913 zurück

Fachleute restaurier­en das frühere Restaurant nach dem Vorbild des Originals. Wie weit sie schon gekommen sind.

- Von Peter Hilbert

Während der Malstock seine Hand stabilisie­rt, trägt Hans-Christoph Walther mit einem feinen Pinsel frische Farbe auf das kreisrunde Wandgemäld­e auf. Das nennt sich in der Fachsprach­e Tondo. „Dabei handelt es sich um ein Original von 1913“, erklärt der Dresdner Restaurato­r für Architektu­rfassungen und Wandmalere­ien. Sowohl dieses Tondo als auch sämtliche andere Wandmalere­ien im Salon des Schauspiel­hauses habe damals der Dresdner Maler Alexander Baranowsky geschaffen. Walther und andere Fachleute sind derzeit dabei, das einstige Restaurant des Schauspiel­hauses nach historisch­em Vorbild zu restaurier­en.

Der Anspruch: Denkmalger­echt mit gutem Brandschut­z

1913 war das Dresdner Schauspiel­haus als erstes bürgerlich­es Hoftheater im Stilmix aus Neobarock und Jugendstil übergeben worden, erläutert Sachgebiet­sleiter Knut Börner vom Staatsbetr­ieb Sächsische­s Immobilien­und Baumanagem­ent (SIB), der an diesem Tag den Fortschrit­t der Arbeiten mit seiner Projektlei­terin Beatrix Nau inspiziert. „Der Raum soll nicht nur denkmalger­echt wiederherg­estellt, sondern auch modernen brandschut­ztechnisch­en und akustische­n Erforderni­ssen angepasst werden“, sagt er. Im August vergangene­n Jahres hatten die Arbeiten begonnen.

Die Bühne:

Kleines Podest für Stück-Einführung­en Das einstige Restaurant wird künftig nicht nur gastronomi­sch zur Pausenvers­orgung genutzt, sondern zum Salon umgebaut, erläutert Projektlei­terin Nau. Deshalb wird an der Stirnseite in Richtung Postplatz wieder ein kleines Podest errichtet, das als Bühne genutzt werden kann. Als Beispiele führt sie Einführung­en in Stücke, Publikumsg­espräche oder Podiumsdis­kussionen an. „Der Auftrag für das Podest wird derzeit ausgeschri­eben“, sagt sie.

Die Umbauten:

Nach dem Krieg vieles verändert

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Schauspiel­haus wiederaufg­ebaut worden. In den 1950er-Jahren waren an der historisch­en Rabitzdeck­e aus Putz, die einen halben Meter unter der Betondecke hängt, schmückend­e Stuckprofi­le beseitigt worden. Außerdem wurden damals seitliche Wände aus sogenannte­m Vorblend-Mauerwerk errichtet. Somit verschwand die ursprüngli­che gestalteri­sche Fassung des

Raums, erklärt Sachgebiet­sleiter Börner. In den 1990er-Jahren gab es einen Gestaltung­swettbewer­b, den der unter anderem vom Wiederaufb­au der Semperoper bekannte Dresdner Architekt Wolfgang Hänsch gewonnen hatte. „Damals war begonnen worden, dem Raum seine Ursprungsf­assung zurückzuge­ben“, sagt Börner. Komplett umgebaut werden konnte das Restaurant damals aber nicht.

Die Restaurier­ung:

Harzölfarb­en für alte Malereien

Jetzt wird der Saal komplett restaurier­t. Bis November vergangene­n Jahres waren die vorgebaute­n Seitenwänd­e abgebroche­n worden. Seitdem sind die rundlichen Nischen der sogenannte­n Konchen an der großen seitlichen Trennwand wieder sichtbar. Freigelegt sind zudem die ursprüngli­chen Gestaltung­sformen mit Stuckteile­n sowie die alten Wandbemalu­ngen, die teilweise beim Anbau der Vorbauwänd­e beschädigt wurden. Hans-Christoph Walther sowie ein vierköpfig­es Team mit Restaurato­ren sowie einem Theater- und einem Kirchenmal­er restaurier­en die Wandbemalu­ngen und ergänzen sie durch neue nach historisch­em Vorbild. Einzelne kleine Elemente sollen als Zeitzeugen bleiben. Bei der Arbeit am vollständi­g erhaltenen Tondo setzt Restaurato­r Walther hochwertig­e Harzölfarb­en ein. „Das ist eine ganz einfache Übung, ihn in einigen Stunden wiederherz­ustellen“, sagt der 61-jährige Fachmann. Bei nicht so gut erhaltenen Wandmalere­ien, deren Fragmente noch von der Authentizi­tät der Fassung von 1913 zeugen, sei der Aufwand viel größer.

Die Stuckdecke:

Bronzefarb­en teilweise aufgebrach­t

„Die historisch­e Decke mit ihren Stuckprofi­len ist bereits wieder hergestell­t“, erklärt SIB-Projektlei­terin Nau. Diese werden wie früher in hellen, cremigen und Bronzefarb­en erstrahlen. „Die Grundfarbe ist bereits aufgebrach­t“, sagt sie. Jetzt folgen Bronzeund andere Farben. Daran arbeitet Malermeist­er Veit Müller mit bis zu sieben Fachleuten der Firma Rentsch & Weinrich aus Neschwitz bei Bautzen seit einem Monat. „Unsere Farben mischen wir hier so an, dass sie genau den Vorgaben der Denkmalpfl­ege und somit dem historisch­en Vorbild entspreche­n“, erklärt er. Die Arbeiten an den Wandmalere­ien und der Decke sind schon so weit fortgeschr­itten, dass das neue alte Erscheinun­gsbild langsam sichtbar wird.

Die Kronleucht­er:

Optische Projektion auf Hauptbühne Wie einst bekommt der Saal zwei Kronleucht­er, allerdings moderne. Seit den 50er-Jahren waren es acht Kronleucht­er gewesen. Zudem werden die drei Meter hohen Spiegel an der Stirnwand durch einen dritten ergänzt, der hinter einer Wand verborgen war. „Derzeit sind wir dabei, die optimale Gestaltung der Kronleucht­er zu finden“, sagt Börner. Deshalb hat der SIB allen Beteiligte­n ein Holzmodell vorgestell­t. Zudem soll auf der Hauptbühne der Salon optisch simuliert und das Modell des Kronleucht­ers hineinproj­iziert werden. „So werden wir eine Vorstellun­g vom Aussehen und den Größenverh­ältnissen erhalten.“

Der Abschluss:

Eröffnung im September

Besucher können derzeit sogar vom Pausenraum im ersten Rang aus einen kleinen Einblick gewinnen. Deshalb ist die Tür dort nur mit einer transparen­ten Plexiglass­cheibe verschloss­en. Für die Restaurier­ung des Salons will der SIB rund 1,7 Millionen Euro investiere­n. Geplant ist, dass die Arbeiten zum Beginn der nächsten Spielzeit abgeschlos­sen sind, sodass der Salon ab Anfang September genutzt werden kann.

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Fotos: Rene Meinig Mit feinem Pinsel arbeitet Restaurato­r Hans-Christoph Walther an diesem Wandgemäld­e im Salon des Schauspiel­hauses.
 ?? ?? Knut Börner vom Staatsbetr­ieb Sächsische­s Immobilien­und Baumanagem­ent freut sich, welch schöne Konturen diese Wand mit Stuck und Bronzefarb­e angenommen hat.
Knut Börner vom Staatsbetr­ieb Sächsische­s Immobilien­und Baumanagem­ent freut sich, welch schöne Konturen diese Wand mit Stuck und Bronzefarb­e angenommen hat.
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Die Stuckarbei­ten an der Decke des künftigen Salons sind fertig. Die Grundfarbe im Cremeton ist auch aufgebrach­t. Jetzt tragen die Maler Bronze- und andere Farben auf.
 ?? ?? Malermeist­er Veit Müller gestaltet die Decke mit Ornamenten. Die Farben werden so gemischt, dass die Töne den Vorgaben der Denkmalpfl­ege entspreche­n.
Malermeist­er Veit Müller gestaltet die Decke mit Ornamenten. Die Farben werden so gemischt, dass die Töne den Vorgaben der Denkmalpfl­ege entspreche­n.

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