Warum Jürgen Kindermann für die AfD in den Stadtrat will
Jürgen Kindermann will für die AfD erneut in den Radeberger Stadtrat einziehen. Der Landesverband der Partei wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Wie er dazu steht.
Ein Gespräch mit Jürgen Kindermann zu bekommen, ist kein leichtes Unterfangen. Kindermann führt für die AfD die Kommunalwahl-Liste für den Radeberger Stadtrat an – sieht sich selbst aber nicht als „Spitzenkandidat“. Er sträubte sich eine Weile, mit der Presse zu sprechen – tut es dann aber schließlich doch. Er kennt alle seine Zitate in diesem Text, er hat sie autorisiert.
Wer also ist dieser Jürgen Kindermann, der für eine rechtsextreme Partei antritt? – In Radeberg jedenfalls kein Unbekannter.
Mit einem geteilten Facebook-Beitrag sorgte er vor Kurzem für Verärgerung und Unverständnis bei vielen. „Ich wünsche allen reinrassigen Frauen alles Gute zum Weltfrauentag“, hieß es darin. „Den restlichen 57 Geschlechtern eine baldige Genesung“, hieß es weiter. Der Beitrag wurde von CDU-Fraktionschef Frank-Peter Wieth auf dem Radeberger Bürgerempfang öffentlich gemacht und scharf kritisiert.
Darauf angesprochen, distanziert sich Kindermann nicht. „Für mich ist das Thema erledigt. Ich äußere mich dazu nicht, außer dass ich künftig überlege, was ich teile.“Einer, der dazu eine Meinung hat, ist Oberbürgermeister Frank Höhme (parteilos): „Das gehört sich einfach nicht und geht in eine falsche Richtung“, sagt er.
Die Debatte um den Facebook-Beitrag sorgte für Wirbel: Die AfD-Fraktion verfasste einen offenen Brief an OB Höhme, in dem sie CDU-Mann Wieth eine „missbräuchliche Ausnutzung“des Podiums beim Bürgerempfang für Wahlkampfzwecke vorwarf. Höhme ordnete den Auftritt des CDU-Chefs daraufhin als „Meinungsäußerung“ein. Auch die Fraktion der Freien Wähler Radeberg warf Wieth Wahlkampf vor. Zuspruch für den CDU-Spitzenkandidaten kam von „Wir-für-Radeberg“-Chef Ronny König und Grüne/SPD-Fraktionsvorsitzendem Ulrich Hensel. Sie kritisierten den Beitrag Kindermanns.
Jürgen Kindermann ist seit 2019 Parteimitglied der AfD. In Kontakt mit der Partei kam er im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise. „Mir gefällt es persönlich nicht, dass so viele zu uns kommen. Und es sind ja auch nicht alles Fachkräfte“, sagt der gelernte MSR-Techniker, der viele Jahre und bis zur Rente bei Müllermilch in Leppersdorf gearbeitet hat.
Vor der Kommunalwahl 2019 suchte die AfD nach Kandidaten für die Radeberger Stadtratswahl – und fragte bei Kindermann an. Gemeinsam mit drei weiteren bildete er eine Liste – alle vier wurden gewählt. Die diesjährige Liste umfasst neun Kandidaten, darunter eine Frau.
Was die Inhalte für Radeberg betreffe, sagt Jürgen Kindermann, unterscheide sich die AfD kaum von den anderen Parteien. „Wir sind zum Beispiel auch für gute Radwege dort, wo es sinnvoll ist.“Doch einen Unterschied zwischen seiner und den anderen Parteien und Wählervereinigungen gibt es eben doch: Der sächsische AfD-Landesverband wird vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“eingestuft. Dazu behauptet Jürgen Kindermann: „Die Einstufung ist politisch motiviert und liegt an der Angst der anderen Parteien.“Auch Darstellungen, wonach er die AfD als „Trittbrettfahrer“benutzt habe, um in den Stadtrat einzuziehen, wie es Detlev Dauphin
(Freie Wähler) geäußert hat, weist er zurück: „Ich stehe zu meiner Partei.“
In einem 134-seitigen Gutachten hatte das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) aber gleich eine Vielzahl von Äußerungen und politischen Forderungen vor allem hoher Funktionäre und Mandatsträger der Landespartei sowie der Kreisverbände gesammelt. So hatte es LfV-Chef Dirk-Martin Christian im Dezember 2023 mitgeteilt. „Diese belegen in der Summe unzweifelhaft, dass der hiesige AfD-Landesverband verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.“
Geplantes Gewerbegebiet: „Zu groß“
Das regional umstrittenste Thema ist aktuell das geplante Gewerbegebiet zwischen Radeberg und Arnsdorf. „Uns ist das zu groß“, sagt der gebürtige Moritzburger. „Zu mehreren kleinen Gebieten für Mittelständler würden wir sofort Ja sagen, aber so haben wir die Sorge, dass große Betriebe zu uns kommen, landwirtschaftliche Flächen versiegeln und dann noch nicht einmal Gewerbesteuer bei uns zahlen.“
Für das Eschebach-Gelände könnte sich Kindermann vorstellen, das geplante Mikrochip-Ausbildungszentrum dort anzusiedeln. Noch steht eine Entscheidung des Freistaats aus. „Für das Areal werden wir wohl auch um ein Einkaufszentrum nicht
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SachsenKompass
QR-Codes drum herumkommen. Der Eigentümer will das so.“Wäre noch ausreichend Platz, ist Jürgen Kindermann auch für sozialen Wohnungsbau auf der Brachfläche.
Er selbst habe sich für eine erneute Kandidatur entschieden, „um weiterhin gestalten zu können“. Den Montagsdemonstrationen bleibt er fern. Während der HochZeit der Corona-Pandemie sei er einige wenige Male dabei gewesen. „Ich war gegen einen Impfzwang und gegen die restriktiven Maßnahmen.“Auch die Existenz des Coronavirus stellt er infrage. Ob es das Virus gegeben habe? „Ich weiß es nicht“, sagt Kindermann. Fakt ist, dass eine übergroße Mehrheit der Wissenschaftler weltweit die Existenz des Virus eindeutig bejaht.
Zu den Montagsdemos, bei denen Fahnen der vom Verfassungsschutz ebenfalls als rechtsextrem eingestuften Freien Sachsen geschwungen werden, sei er dann schon bald nicht mehr gegangen. Wegen der Anwesenheit der rechtsextremen Partei? „Ich sehe keinen Sinn darin, weiterhin im Kreis zu laufen“, sagt er. Es sei besser, die eigenen Ideen im Stadtrat einzubringen.
Wie er zu dieser Gruppierung der Freien Sachsen steht? „Dazu möchte ich mich nicht äußern.“Offiziell stehen die Freien Sachsen auf der sogenannten Unvereinbarkeitsliste der AfD.
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