Sächsische Zeitung  (Rödertal)

Wie sich dieser Gastronom gegen die Preisspira­le stemmt

Daniel Fischer vom Restaurant „Daniel“in Dresden schafft die feste Speisekart­e ab und kreiert Überraschu­ngsmenüs nach dem Wocheneink­auf. Damit erspart er Gästen die Kostenexpl­osion. Ein möglicher Weg aus der Krise?

- Von Juliane Just

Die Aussage schwebt bei fast jedem Besuch in Restaurant­s, Biergärten oder Cafés in Dresden mit sich: „Ist das alles teuer geworden!“Egal, ob ein ausgiebige­s Frühstück, der Koffein-Schub für zwischendu­rch, das Feierabend-Bierchen oder das Abendessen mit Freunden – flächendec­kend müssen Gäste tiefer in die Tasche greifen. Die Gastronome­n wiederum bemerken, dass die Gäste zwischen den Besuchen mehr Zeit vergehen lassen. Wie also herauskomm­en aus diesem Teufelskre­is?

Daniel Fischer, Chef vom gehobenen Restaurant „Daniel“in Striesen, hatte eine Idee – und zwar schon lange, bevor Energiekri­se, Inflation und Mehrwertst­euer-Erhöhung die Gastronome­n zum Handeln zwangen. Seit sechs Jahren schaut er zuerst, welche Produkte er auf dem Wochenmark­t und im Großhandel ergattern kann, und kreiert dann spontan ein Überraschu­ngsmenü.

Was einst als kulinarisc­hes Schmankerl gedacht war, zeigte schnell positive Nebeneffek­te für Gastronom und Gäste. „Ich kann wirtschaft­licher arbeiten“, sagt Fischer. Er verbraucht weniger Rohstoffe, muss nicht zwanghaft nach Produkten suchen, die auf einer festen Speisekart­e stehen würden, und kann sich nach den Preisen im Handel richten.

Er rechnet das am Beispiel von Morcheln vor: Der Kilopreis lag vor Kurzem noch bei 100 Euro. Der Gastronom kaufte die Edelpilze jedoch erst, als diese für 56 Euro pro Kilo zu haben waren.

Stabile Preise für Restaurant­gäste

Ein entscheide­nder weiterer Faktor an diesem Konzept: „Ich kann die Preise für die Gäste stabil halten, weil ich besser kalkuliere­n kann.“Als andere Gastronome­n sich aufgrund der Verteuerun­g im Energiesek­tor und Lebensmitt­eln gezwungen sahen, in mehreren Schritten ihre Preise anzuheben, konnte Daniel Fischer den Preis unveränder­t anbieten. Ein Drei-Gang-Menü kostet im „Daniel“beispielsw­eise 49 Euro – ein guter Preis, wenn man sich in Dresden umschaut. „Ich habe hier keine Beschwerde­n, wenn es um den Preis geht.“

Für das Menü muss der Koch dann selbst kreativ werden: Was kann man alles aus dem Produkt zaubern? Zurück zum Beispiel Morcheln: Die Gäste erwartete abends gefüllte Morcheln und Morchelsoß­e im Überraschu­ngsmenü, schön drapiert und appetitlic­h angerichte­t. Grundsätzl­ich legt der 51-Jährige Wert auf regionale, frische Küche, bei der das Lebensmitt­el und der Genuss im Vordergrun­d stehen.

Selbst nach 30 Jahren Berufserfa­hrung war der Gastronom überrascht, wie gut seine Idee funktionie­rte. Denn: Auch die Gäste liebten das Überraschu­ngsmenü und wählten es immer öfter. „Gäste könnten theoretisc­h jeden Tag herkommen und ein neues Menü essen“, sagt der Gastronom. Und gerade neugierige Gaumen begeistert­e das Konzept.

Lediglich eine Entscheidu­ng muss der Gast am Beginn des Abends fällen: Fleisch, Fisch oder vegetarisc­h? In Stein gemeißelt ist das allerdings nicht, betont Daniel Fischer: „Wer einen Tag vorher anruft, kann auch Quarkkäulc­hen kriegen.“Auch Unverträgl­ichkeiten, unbeliebte Produkte oder ganze Menü-Wünsche werden berücksich­tigt. Der Kunde bleibt also König.

Anfangs konnten die Gäste im „Daniel“zwischen zwei festen Menüs und der Überraschu­ng wählen. Seit Anfang des Jahres hat Daniel Fischer alles auf diese Menüs umgekrempe­lt und die feste Speisekart­e abgeschaff­t. Das war vor allem eine personelle Entscheidu­ng, betont er. Andere Wirte zogen im gleichen Zeitraum die Preise an, als die Mehrwertst­euer in der Gastronomi­e wieder auf 19 Prozent stieg.

„Weniger ist mehr“

Für Daniel Fischer waren die Überraschu­ngsmenüs ein Weg aus der Preisspira­le und zurück zu kreativer Küche. „Es gibt über 800 Restaurant­s in Dresden und jeder kann seinen Weg finden“, sagt Daniel Fischer. Auch andere Gastronome­n setzen auf das Motto „weniger ist mehr“, heißt es vom Hotel- und Gaststätte­nverband Dehoga Sachsen. „Viele Gastronome­n fokussiere­n sich mehr auf Saisonalit­ät und Regionalit­ät“, sagt Dehoga-Chef Axel Klein.

Statt einer riesigen Speisekart­e setze man auf ein reduzierte­s Angebot. Das sorgt dafür, dass Gastronome­n weniger Lebensmitt­el wegschmeiß­en. „Das spart Kosten, denn bei großen Speisekart­en sind Verluste oft einkalkuli­ert.“Je effiziente­r die Gastronome­n einkaufen und kalkuliere­n, desto stabiler bleibt der Preis für die Gäste.

Kreative Resteverwe­rtung im Fokus

Auch die kreative Resteverwe­rtung stehe seit den Verteuerun­gen viel mehr im Fokus. Apps wie „To Good To Go“setzen darauf, weniger Nahrungsmi­ttel wegzuschme­ißen, indem Essensanbi­eter die Lebensmitt­el kurz vor Ladenschlu­ss billiger anbieten. „Das ist ein Trend, der Kosten spart – auf beiden Seiten“, sagt Klein. Und auch aus ethischer Sicht sei das der richtige Weg.

Dabei betont der Verband jedoch auch, dass Gäste nicht ausschließ­lich auf preiswerte­s Essen, sondern vermehrt auch auf das Ambiente, die Bedienung, gesellige Abende oder kulinarisc­he Highlights Wert legen. „Wichtig ist nicht das billigste Schnitzel, sondern der Mehrwert für den Gast.“Das bestätigt auch Daniel Fischer, der einmal im Monat Genussaben­de zu verschiede­nen Themen anbietet. Egal, ob es um leichte Sommerküch­e, heimisches Wild oder Brot geht – die Kunden nehmen dieses Angebot gern an.

 ?? Foto: Matthias Rietschel ?? Kreative Idee für den Koch, kluge Idee für den Geldbeutel der Gäste: Daniel Fischer vom Restaurant „Daniel“kreiert keine festen Menüs mehr, sondern entscheide­t nach dem Wocheneink­auf spontan, was er aus den Produkten kochen kann.
Foto: Matthias Rietschel Kreative Idee für den Koch, kluge Idee für den Geldbeutel der Gäste: Daniel Fischer vom Restaurant „Daniel“kreiert keine festen Menüs mehr, sondern entscheide­t nach dem Wocheneink­auf spontan, was er aus den Produkten kochen kann.

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