Sächsische Zeitung (Weißwasser)
Die Königin der Instrumente auf Reisen
Lausitz Festival, Kammermusik in der Oberlausitz oder Freibergs Silbermann-Tage – vielfältig startet die neue Spielzeit: exzellent, niederschwellig und garantiert berührend.
Achtung, wer am 2. September vormittags in Neuhermsdorf oder mittags in Holzhau unterwegs ist: Es kommt ihm eine Orgel entgegen. Die sogenannte Königin der Instrumente geht auf Reisen – auf einem Lkw. Der Arnstädter Organist Jörg Reddin wird auf dem Spezialinstrument der bayerischen Orgelbaufirma Hoffmann Bach spielen. „Die vielseitige Disposition kann den Zuhörer in Klangspektren jeglicher erdenklichen Couleur entführen. Grenzen des Einsatzes werden nur durch Zufahrtsmöglichkeiten und Wetterkapriolen aufgezeigt“, wirbt der Meister. Freilich braucht es einen Kraftstromanschluss im Umkreis von einhundert Metern.
Die reisende Orgel ist ein Clou der diesjährigen und damit 25. Silbermann-Tage in Freiberg und Umgebung. Diese bieten vom 1. bis 10. September 30 Konzerte sowohl mit Stars der Musik als auch mit Kindern der Region und Studierenden. Sie verbinden Bach im exquisiten Originalklang mit packenden Jazzadaptionen oder faszinierenden Improvisationen. „Neue Perspektiven“, verspricht Intendant Albrecht Koch und: „Wir holen jede und jeden ab und führen sie zum persönlichen Platz im Silbermann-Kosmos.“Zudem gibt es wieder den Internationalen Silbermann-Orgelwettbewerb – in Kooperation mit fünf Musikhochschulen aus Mitteldeutschland und Berlin.
Bereits an diesem Freitag startet das diesjährige Lausitz Festival mit einer Premiere spektakulär in einem Hangar auf dem ehemaligen Flugplatz in Cottbus in der Niederlausitz. Der belgische Regisseur Luk Perceval verknüpft Giuseppe Verdis „Quattro pezzi sacri“mit der „Ekklesiastischen Aktion“des Avantgarde-Komponisten Bernd Alois Zimmermann. Es musiziert die Dresdner Philharmonie unter Sylvain Cambreling. Im Anschluss lässt DJ Hell den Hangar im Elektrosound erbeben.
Mit sechs Premieren und einer Uraufführung bis zum 10. September sei das Festival in seiner vierten Saison ein wichtiger Mitspieler im Kulturleben der Region und verbindet dabei 25 Spielstätten an 13 Orten in der gesamten Lausitz, so Intendant Daniel Kühnel: „Die beeindruckende Dichte an Originalproduktionen wäre ohne die Offenheit der Künstler für neue Ideen und ihre Neugierde, man kann bei manchen sagen Liebe zur Lausitz, nicht möglich.“400 lokale und internationale Künstler präsentieren sich in neun Sparten von Konzert, Theater, Tanz, Musiktheater, Jazz, Ausstellung, Gespräch und Literatur bis Film.
Erlesene Musik in alten Dorfkirchen und sanierten Schlössern mit ihren Parks bietet das ebenfalls junge Kammermusikfest Oberlausitz vom 8. bis 15. September. Zehn Konzerte um das Stammhaus in Baruth plant Intendant Hagen W. Lippe-Weißenfeld für die dritte Saison. Zudem: Mit begleitenden Projekten wie der FestivalAkademie, die junge Talente fördert, und „KMO meets School“, das eine Zusammenarbeit mit Schulen der Festspielorte sucht, kümmert sich das Festival um die Künstler und das Publikum der Zukunft. Ungewöhnlich sind auch die Baumpatenschaften des Kammermusikfestes. „Damit wird das Wurzelschlagen des Festivals in der Region anschaulich“, sagt als Schirmherr Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.