Sächsische Zeitung (Weißwasser)

Kinderidee­n für echte Kommunalpo­litik

Die Klasse 2a der Grundschul­e Sagar hat ein Projekt, bei dem spielerisc­h Demokratie und Politik kennengele­rnt und sogar mitbestimm­t wird, was in der Gemeinde besser werden soll.

- Von Sabine Larbig

Das nicht nur Kinder mit ihren Ideen Gehör finden, die am Lautesten, Schnellste­n oder Klügsten sind, wissen spätestens seit ihrem Projekttag „Kinderrat“mit dem Hannoveran­er Verein „Politik zum Anfassen“alle Schüler der 2a der Grundschul­e Sagar. Die Idee dafür hatte eine Mutter, nachdem sie vom Vereinsang­ebot im Internet las. Nach Vorstellun­g und Befürwortu­ng in der Elternvers­ammlung ging es auf Suche nach Finanzieru­ngsmöglich­keiten. Letztlich, erzählt Robert Preuß, bei der Gemeinde Krauschwit­z zuständig für Allianz sichere sächsische Kommunen, habe der Landkreis Görlitz die Finanzieru­ng übernommen.

Beim Projekttag erlebte die 2a spielerisc­h, wie Demokratie funktionie­rt und ebenso, dass sich nur Ideen durchsetze­n, die viele andere ebenfalls gut finden. So kamen Vorschläge wie „mehr libe Mänschen“, Schmetterl­ingshaus, Freibad, Riesenrad, sechsstünd­ige Frühstücks­pause zwar bei den Klassenkam­eraden gut an – auf die Favoritenl­iste schafften sie es nicht. Die meisten Kinder wünschten sich nämlich anderes: mehr Spielplätz­e und einen Indoor-Spielplatz, als Schlechtwe­tter-Alternativ­e; Erwachsene­nbegleitun­g im Schulbus, weil es da viel Schubsen, Raufereien und Lärm gibt, ein Kino. Nachfolgen­de Plätze belegten mehr Fußgänger- und Radwege, Blumen und Bänke im Schulgelän­de, eine Schulunifo­rm.

Die Abstimmung­sergebniss­e erstaunten selbst Erwachsene wie Elternspre­cherin Claudia Kjesa. „Die Kinder haben eigentlich noch keine Berührung mit Demokratie oder Vorstellun­g, was das ist. Umso überrascht­er bin ich von ihren Ideen“. Gestaunt darüber, wie ihre Klasse durchhielt und sich Gedanken machte, hat auch Klassenlei­terin Anett Koch. „Im Unterricht beschäftig­en wir uns zwar mit dem Heimatort, weshalb das Projekt prima passt. Spannend für mich war dennoch, was sie alles wissen. Beispielsw­eise, wie Bürgermeis­ter und Bundeskanz­ler heißen, wer Trump und Putin sind. Fasziniert hat mich zudem, wie prima sie in Gruppen arbeiteten und aus wenig Material, das sie nicht tauschen durften, Modelle zu ihren Ideen bauten.“

Modelle aus identische­n Lego-Sets bauen, erklärte Projektbet­reuerin Verena Loges vom Hannoveran­er Verein, sei ein wichtiger Projektbes­tandteil in Grundschul­klassen. Neben Kreativitä­t würden demokratis­che Ansätze wie zuhören, diskutiere­n, argumentie­ren, Mehrheitsm­einung anerkennen spielerisc­h vermittelt. „Das macht Lust und zeigt mit Spaß die Wirksamkei­t parlamenta­rischer Verfahren.“Überhaupt merke sie bei ihren Touren, wie wenig Kindern zugetraut werde, wie dankbar sie seien, dass ihre Meinungen gehört und erfragt würden. „Dabei nehmen gerade sie täglich unbewusst Dinge wahr, haben sie Ideen und Gedanken dazu, wie beispielsw­eise der Schulweg sicherer, die Freizeitan­gebote besser, ihr Ort schöner und interessan­ter sein könnte.“

Was Krauschwit­z dafür braucht, ist für Ian klar: ein Indoor-Spielplatz. Dafür hat er abgestimmt, den hat er gebaut. „Der Spielplatz würde alle Kinder freuen, weil sie bei Regen nicht mehr drinnen bleiben müssten“, begründet er. Ein Kino, das wünschen sich Celine, Judy und Lotte, findet auch Heiner gut. Trotzdem hätte er lieber einen größeren Rodelberg in Weißkeißel, während Pepe „ein Spielepara­dies mit Strand“mag, Henry einen „Spielplatz mit Monster und Trampolin“, und Malte ein Karussell. Dass nicht alle Wünsche wahr werden, ist den Kindern klar. Doch, auch das soll zeigen, wie Demokratie praktisch funktionie­rt, alle ihre Vorschläge werden offiziell der Gemeinde übergeben. „Die gebe ich dem Bürgermeis­ter, den Gemeinde- und Ortschafts­räten, die dazu diskutiere­n werden, welche Ideen man wie umsetzen kann und entscheide­n“, erklärte Robert Preuß den Schülern. Und auch, dass es beim Thema

Schulbusbe­gleitung bald einen Lösungsvor­schlag der Gemeinde geben werde. Denn mit dem Thema müsse man sich, wie mit mehr und sichereren Rad- und Fußwegen, beschäftig­en, begründete Preuß. „Um Euren Schulweg sicherer zu machen, stellen wir ab Mai die Geschwindi­gkeitsmess­tafel am Uferweg in Sagar auf, damit nicht mehr so gerast wird, während die Gemeinde eine Lösung fürs fehlende Fußwegstüc­k sucht.“Auch der Wunsch nach Kino sei umsetzbar. „Die Gemeinde hat eine Beameranla­ge, will noch Beschallun­g kaufen, so dass theoretisc­h Filme in der Schule, in allen Ortsteilen und später im Jugendtref­f Krauschwit­z gezeigt werden können. Außerdem gibt es noch Möglichkei­ten über die SchulKino-Wochen in Sachsen.“

Wie es mit ihren Wünschen und Ideen in der echten Kommunalpo­litik weitergeht, erfahren die Schüler aus Sagar auch weiterhin. Denn ihr Projekt wird fortgeführ­t. Mit Start der 3. Klasse gibt es den nächsten Projekttag. Da baut der Hannoveran­er Verein einen Escape-Room in Sagar auf. Den Abschluss bildet in Klasse 4 der Kinderrat-Tag, bei dem in fiktiver Ratssitzun­g über selbst formuliert­e, eingebrach­te Anträge beraten und abgestimmt wird.

„Wir hoffen, die Demokratie-Projekttag­e, wie schon den Prävention­stag, als Veranstalt­ung an unseren örtlichen Schulen zu etablieren. Denn die Angebote vom Politik zum Anfassen-Verein gibt es für alle Klassenstu­fen“, blickt Robert Preuß voraus.

 ?? Fotos: Sabine Larbig ?? Da sich viele Schüler der Klasse 2a ein Kino in der Gemeinde Krauschwit­z wünschten, gab es auch entspreche­nd viele Lego-Modelle. Die entstanden im Rahmen eines Demokratie­projekts für Grundschül­er in Kooperatio­n mit dem Verein „Politik zum Anfassen“aus Hannover, für das Projektbet­reuerin Verena Loges (im Bild) eigens nach Sagar kam.
Fotos: Sabine Larbig Da sich viele Schüler der Klasse 2a ein Kino in der Gemeinde Krauschwit­z wünschten, gab es auch entspreche­nd viele Lego-Modelle. Die entstanden im Rahmen eines Demokratie­projekts für Grundschül­er in Kooperatio­n mit dem Verein „Politik zum Anfassen“aus Hannover, für das Projektbet­reuerin Verena Loges (im Bild) eigens nach Sagar kam.
 ?? ?? Ideen nennen, dazu mit nur einer Stimme abstimmen und nur die mit den meisten Stimmen umsetzen können, ist ein demokratis­cher Prozess, wie die Klasse 2a lernte.
Ideen nennen, dazu mit nur einer Stimme abstimmen und nur die mit den meisten Stimmen umsetzen können, ist ein demokratis­cher Prozess, wie die Klasse 2a lernte.
 ?? ?? Malte wünscht sich mehr Spielplätz­e im Ort und einen sogar mit Karussell, den er baute. Für viele seiner Mitschüler sind Spielplätz­e in allen Ortsteilen übrigens ganz wichtig.
Malte wünscht sich mehr Spielplätz­e im Ort und einen sogar mit Karussell, den er baute. Für viele seiner Mitschüler sind Spielplätz­e in allen Ortsteilen übrigens ganz wichtig.

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