Sächsische Zeitung (Weißwasser)
Weshalb Hoyerswerdas Großvermieter „LebensRäume“selten abreißt
Im Wesentlichen setzt das Management der Hoyerswerdaer Genossenschaft auf eine Drei-Komponenten-Strategie.
Hoyerswerda. Nein, über Abriss denke er nicht nach, sagt Axel Fietzek, Vorstand der LebensRäume-Genossenschaft Hoyerswerda: „Ich will nicht Leerstand managen, sondern leere Wohnungen wieder beleben.“
Während die städtische Wohnungsgesellschaft Jahr für Jahr Wohnhäuser in der Neustadt, wie es heißt „vom Markt nimmt“, ist der letzte Abriss der Genossenschaft fast zehn Jahre her. In der Scharnhorststraße im WK IX verschwanden zuletzt hunderte Lebens-Räume-Wohnungen.
Danach, sagt Fietzek, habe man erstens von den ursprünglich um die Jahrtausendwende etwa 15 Prozent Leerstand nur noch handhabbare zwei Prozent übrig gehabt und sich zweitens intensiv strategische Gedanken über die Zukunft gemacht.
Der Genossenschafts-Chef sagt, im Wesentlichen seien dabei drei Punkte maßgeblich: „Erstens: Was will der Markt?“Dabei geht es nicht nur um einen Querschnitt von großer bis kleiner, von sehr günstiger bis im örtlichen Vergleich eher hochpreisiger Wohnung. Sondern die Idee ist, so individuell wie nur machbar auf die Wünsche der Genossenschafter zu reagieren. Das reicht laut Fietzek von einer Zusatzstufe, um die Barriere zum Balkon zu überbrücken über den Anbau eines zweiten Treppengeländers zum beidseitigen Abstützen bis hin zu den inzwischen berühmten Rollatoren-Garagen vor dem Haus. Hinzu komme, dass alle Gebäude Komplexsanierungen unterzogen wurden, nach denen die Heizkosten gesunken seien. Und nicht zuletzt sei es eine bewusste Entscheidung, auch auf Hochhäuser mit ihren Fahrstühlen zu setzen. Nicht nur ermöglicht das auch älteren Personen Zugang zu höher gelegenen Wohnungen, sondern obendrein sichere „kompaktes Wohnen“mit relativ vielen Menschen auf relativ wenig Grundstücksfläche auch noch in bestimmten Bereichen niedrige Betriebskosten.
„Punkt zwei ist ein aktiver, intensiver Vertrieb“, erklärt Axel Fietzek. Auch hier gilt die Methode Individualität. Die LebensRäume haben schon vor längerer Zeit das Prinzip Flächenbetreuung mit Zuständigkeiten für bestimmte Wohnbereiche aufgegeben. Stattdessen gilt dem Genossenschaftschef zufolge die Devise: „Jedem möglichst seine passende Wohnung“. Digitale Kanäle und die Möglichkeit, sich online in 3 D zu informieren, würden ebenso helfen wie die „Lounge“im Lausitz-Center. Man wolle, so Fietzek, dahin, wo der potenzielle Neu-Kunde oder die Neu-Kundin seien. Parallel gewährleiste so ein zentraler Punkt auch den leichteren Kontakt zu den Menschen, die schon Genossenschaftsmitglieder sind.
Und Letzteres ist auch der dritte Punkt, wenn man so will das Alleinstellungsmerkmal: „Der Kunde ist nicht nur Vertragspartner, sondern Miteigentümer.“Die Bindung ist also höher. Das beginnt bei der Mitentscheidungsmöglichkeit über die Vertreterversammlung und endet bei den Aktivitäten des der Genossenschaft verbundenen Nachbarschaftshilfevereins.
Altschuldenhilfe beendet
Axel Fietzek weiß, dass manche Entscheidung nicht unbedingt der Stadtentwicklungsstrategie entspricht: „Aber ich werde dafür bezahlt, dass es unseren Mitgliedern gut geht. Ich darf gar nicht anders handeln.“Man versuche jedoch, sich trotzdem ins große Ganze einzubringen, etwa über die Mitwirkung beim Marketingverein Familienregion Hoy. In den ersten anderthalb Jahrzehnten des Jahrtausends haben die LebensRäume reichlich 3.000 Wohnungen abgerissen. Freilich gab es zu Anfang noch staatliche Regelungen, beim Abbruch eines konkreten Gebäudes jene sogenannten Altschulden zu streichen, die vom Bau aus
DDR-Zeiten darauf lasteten. Diese Altschuldenhilfe existiert inzwischen nicht mehr.
Heute haben die LebensRäume über den gesamten Bestand, der auch Wohnungen etwa in Knappenrode oder Spreetal umfasst, mit seinen rund 6.700 Wohnungen um die sechs Prozent Leerstand. Fragt man Axel Fietzek, bei welcher Höhe er anfangen
ist seit 22 Jahren als Vorstand des Großvermieters LebensRäumeGenossenschaft in Hoyerswerda tätig. würde, nachzudenken, antwortet er nicht mit einer Zahl: „Wenn man den Leerstand erwartet, dann kommt er auch. Du musst stattdessen aktiv etwas dagegen tun.“Ein gutes Beispiel seien die Elfgeschosser in der Straße des Friedens im Stadtzentrum. Einst, sagt der Genossenschaftschef, hätte man darin um die 20 Prozent leere Wohnungen gehabt. Sanierung, Umbau und die Einrichtung des ConciergeService hätten aber dazu geführt, dass freiwerdende Wohnungen in den Hochhäusern rasch wieder vergeben seien.