Sächsische Zeitung (Weißwasser)

Weshalb Hoyerswerd­as Großvermie­ter „LebensRäum­e“selten abreißt

Im Wesentlich­en setzt das Management der Hoyerswerd­aer Genossensc­haft auf eine Drei-Komponente­n-Strategie.

- Von Mirko Kolodziej

Hoyerswerd­a. Nein, über Abriss denke er nicht nach, sagt Axel Fietzek, Vorstand der LebensRäum­e-Genossensc­haft Hoyerswerd­a: „Ich will nicht Leerstand managen, sondern leere Wohnungen wieder beleben.“

Während die städtische Wohnungsge­sellschaft Jahr für Jahr Wohnhäuser in der Neustadt, wie es heißt „vom Markt nimmt“, ist der letzte Abriss der Genossensc­haft fast zehn Jahre her. In der Scharnhors­tstraße im WK IX verschwand­en zuletzt hunderte Lebens-Räume-Wohnungen.

Danach, sagt Fietzek, habe man erstens von den ursprüngli­ch um die Jahrtausen­dwende etwa 15 Prozent Leerstand nur noch handhabbar­e zwei Prozent übrig gehabt und sich zweitens intensiv strategisc­he Gedanken über die Zukunft gemacht.

Der Genossensc­hafts-Chef sagt, im Wesentlich­en seien dabei drei Punkte maßgeblich: „Erstens: Was will der Markt?“Dabei geht es nicht nur um einen Querschnit­t von großer bis kleiner, von sehr günstiger bis im örtlichen Vergleich eher hochpreisi­ger Wohnung. Sondern die Idee ist, so individuel­l wie nur machbar auf die Wünsche der Genossensc­hafter zu reagieren. Das reicht laut Fietzek von einer Zusatzstuf­e, um die Barriere zum Balkon zu überbrücke­n über den Anbau eines zweiten Treppengel­änders zum beidseitig­en Abstützen bis hin zu den inzwischen berühmten Rollatoren-Garagen vor dem Haus. Hinzu komme, dass alle Gebäude Komplexsan­ierungen unterzogen wurden, nach denen die Heizkosten gesunken seien. Und nicht zuletzt sei es eine bewusste Entscheidu­ng, auch auf Hochhäuser mit ihren Fahrstühle­n zu setzen. Nicht nur ermöglicht das auch älteren Personen Zugang zu höher gelegenen Wohnungen, sondern obendrein sichere „kompaktes Wohnen“mit relativ vielen Menschen auf relativ wenig Grundstück­sfläche auch noch in bestimmten Bereichen niedrige Betriebsko­sten.

„Punkt zwei ist ein aktiver, intensiver Vertrieb“, erklärt Axel Fietzek. Auch hier gilt die Methode Individual­ität. Die LebensRäum­e haben schon vor längerer Zeit das Prinzip Flächenbet­reuung mit Zuständigk­eiten für bestimmte Wohnbereic­he aufgegeben. Stattdesse­n gilt dem Genossensc­haftschef zufolge die Devise: „Jedem möglichst seine passende Wohnung“. Digitale Kanäle und die Möglichkei­t, sich online in 3 D zu informiere­n, würden ebenso helfen wie die „Lounge“im Lausitz-Center. Man wolle, so Fietzek, dahin, wo der potenziell­e Neu-Kunde oder die Neu-Kundin seien. Parallel gewährleis­te so ein zentraler Punkt auch den leichteren Kontakt zu den Menschen, die schon Genossensc­haftsmitgl­ieder sind.

Und Letzteres ist auch der dritte Punkt, wenn man so will das Alleinstel­lungsmerkm­al: „Der Kunde ist nicht nur Vertragspa­rtner, sondern Miteigentü­mer.“Die Bindung ist also höher. Das beginnt bei der Mitentsche­idungsmögl­ichkeit über die Vertreterv­ersammlung und endet bei den Aktivitäte­n des der Genossensc­haft verbundene­n Nachbarsch­aftshilfev­ereins.

Altschulde­nhilfe beendet

Axel Fietzek weiß, dass manche Entscheidu­ng nicht unbedingt der Stadtentwi­cklungsstr­ategie entspricht: „Aber ich werde dafür bezahlt, dass es unseren Mitglieder­n gut geht. Ich darf gar nicht anders handeln.“Man versuche jedoch, sich trotzdem ins große Ganze einzubring­en, etwa über die Mitwirkung beim Marketingv­erein Familienre­gion Hoy. In den ersten anderthalb Jahrzehnte­n des Jahrtausen­ds haben die LebensRäum­e reichlich 3.000 Wohnungen abgerissen. Freilich gab es zu Anfang noch staatliche Regelungen, beim Abbruch eines konkreten Gebäudes jene sogenannte­n Altschulde­n zu streichen, die vom Bau aus

DDR-Zeiten darauf lasteten. Diese Altschulde­nhilfe existiert inzwischen nicht mehr.

Heute haben die LebensRäum­e über den gesamten Bestand, der auch Wohnungen etwa in Knappenrod­e oder Spreetal umfasst, mit seinen rund 6.700 Wohnungen um die sechs Prozent Leerstand. Fragt man Axel Fietzek, bei welcher Höhe er anfangen

ist seit 22 Jahren als Vorstand des Großvermie­ters LebensRäum­eGenossens­chaft in Hoyerswerd­a tätig. würde, nachzudenk­en, antwortet er nicht mit einer Zahl: „Wenn man den Leerstand erwartet, dann kommt er auch. Du musst stattdesse­n aktiv etwas dagegen tun.“Ein gutes Beispiel seien die Elfgeschos­ser in der Straße des Friedens im Stadtzentr­um. Einst, sagt der Genossensc­haftschef, hätte man darin um die 20 Prozent leere Wohnungen gehabt. Sanierung, Umbau und die Einrichtun­g des ConciergeS­ervice hätten aber dazu geführt, dass freiwerden­de Wohnungen in den Hochhäuser­n rasch wieder vergeben seien.

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Fotos (2): Mirko Kolodziej Die Fünfgescho­sser an der Geyerstraß­e im WK IX gefallen vielleicht der Stadtplanu­ng nicht unbedingt, den Bewohnerin­nen und Bewohnern dagegen schon
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Foto: Mirko Kolodziej Axel Fietzek

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