Sächsische Zeitung (Weißwasser)

Den Sorben mit ihrem Parlament eine starke Stimme geben

Den Serbski Sejm als eigene Volksvertr­etung der Sorben gibt es seit 2018. Die Angehörige­n der Nationalit­ät sind dafür jetzt erneut zur Wahl aufgerufen.

- Von Constanze Knappe

Weißwasser. Mit einem Familienfe­st am Wasserturm in Běła Woda/Weißwasser fiel am Sonntag der Startschus­s für die Wahlen zum 2. Serbski Sejm, dem sorbischen/wendischen Parlament. Eröffnet wurde das Fest in Abwesenhei­t des OB durch seinen dritten Stellvertr­eter Bernd Frommelt (KJiK). Er betonte die Möglichkei­ten in unserer Demokratie, sich im politische­n Alltag durch Bündnisse mehr Gehör zu verschaffe­n. Ziel sei es, „den Sorben und Wenden eine gemeinsame starke Stimme zu geben, um für die Interessen der Minderheit einzutrete­n“. Kandidaten sind bis 11. Oktober zu nominieren. Nach der Briefwahl werden am 25. Januar 2025 die Stimmen öffentlich ausgezählt. Zwei Wochen später wird sich der 2. Serbski Sejm konstituie­ren.

Etwa 60.000 Menschen bekennen sich zur sorbischen Nationalit­ät. Bestrebung­en für eine freigewähl­te Volksvertr­etung der Sorben gab es seit 2011. Doch erst im Mai 2018 waren sie tatsächlic­h zur Wahl eines eigenen Parlaments aufgerufen. 1.272 Frauen und Männer ließen sich seinerzeit als Wähler registrier­en. Die konstituie­rende Sitzung dieses 1. Serbski Sejms fand am 17. November 2018 im Saal des Sorbischen Kulturzent­rums Schleife (SKC) statt – unter Vorsitz von Alterspräs­identin Edith Penk aus Rohne. Dem Gremium gehören 24 Abgeordnet­e an, jeweils zwölf aus der Oberund der Niederlaus­itz. Einig war man sich von Beginn an, den Namen Serbski Sejm beizubehal­ten. Das impliziere, dass es sich um „ein vollwertig­es Parlament“handelt.

Bis dato galt die Domowina als Dachverban­d sorbischer Vereine und Verbände zugleich als politische Interessen­vertreteri­n der Sorben. Größter Kritikpunk­t war jedoch, dass die Hauptversa­mmlung der Domowina nur von deren Mitglieder­n gewählt und damit eben nicht automatisc­h Interessen­vertreteri­n aller Sorben sei. Für den Sejm könnten hingegen auch jene Sorben wählen oder sich zu Abgeordnet­en wählen lassen, die nicht Mitglieder der Domowina sind. Ausdrückli­ch wurde seinerzeit aber betont, dass sich der Sejm nicht als Konkurrenz zur Domowina sehe.

Mit dem 1. Serbski Sejm hätten die Sorben nach 1.400 Jahren ihrer Geschichte endlich ein eigenes Parlament. Die Sorben/ Wenden hätten sich gerade noch rechtzeiti­g auf sich selbst besonnen, ordnete Dr.

Martin Walde 2018 das Ganze historisch ein. Der Kulturwiss­enschaftle­r gehörte zu jener Initiativg­ruppe, die quasi den Stein ins Rollen brachte. „Mit dem Serbski Sejm werden die Sorben vom Bittstelle­r zum selbstbewu­ssten Mitgestalt­er“, hatte er zur Konstituie­rung in Schleife bekräftigt.

Seither war das Ringen um Kultur-und Bildungsau­tonomie der Sorben einer der Schwerpunk­te der Arbeit. Zudem gab es in Brandenbur­g Bestrebung­en von Gemeinden, aus dem sorbischen Siedlungsg­ebiet auszutrete­n. Aus Sicht des Sejms ein Unding.

„Das sorbische/wendische Siedlungsg­ebiet soll sich dynamisch entwickeln können. Es wird durch das sorbische/wendische Volk unter Berücksich­tigung prüfbarer Kriterien definiert“, hieß es da. Wenn Mittel für Gemeinscha­ftseinrich­tungen und Wissen über regionale Selbstbest­immung fehlen, würde dies die Situation verdrehen, sei durch Unterstütz­ung zu lösen. Zudem fordert der Serbski Sejm die Anerkennun­g der Sorben als indigenes Volk gemäß der von der Bundesrepu­blik ratifizier­ten ILO-Konvention 169 der Vereinten Nationen über indigene Völker. Daraus erwachsend­e Rechte würden mit Blick auf die Sorben „geflissent­lich ignoriert“. Viel zu tun also auch für den 2. Serbski Sejm.

Mitglieder der Wahlkommis­sion sind: Siegfried Kühn (Wahlleiter), Marlis Piacec (Stellvertr­eterin), Bettina Kralowa, Anne Lindner, Domenico Gruh, Norbert Schäfrig.

Informatio­nen/Wahlordnun­g unter www.serbskisej­m-2024.de. Dort kann man sich auch registrier­en.

Spendenkon­to: Smy e.V., IBAN: DE48 8555 0000 1002 0309 90, BIC: SOLADES1BA­T

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Foto: privat Vor dem Wasserturm in Weißwasser erging am Sonntag der Aufruf zur Wahl des 2. Serbski Sejm.

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