Sächsische Zeitung (Weißwasser)

Nach Schiffsunf­all: „Herr Menzel hat sich bei uns bislang nicht entschuldi­gt“

Die Görlitzer Joachim und Martina Bisch sind leidenscha­ftliche Wasserspor­tler. Damit ist es jetzt erst mal vorbei, nachdem das Fahrgastsc­hiff mit ihrem Boot kollidiert­e.

- Von Susanne Sodan

Görlitz. Schiff ahoi!“, ruft ein Passant in den Vorgarten von Martina und Joachim Bisch in der Görlitzer Südstadt. Die beiden lachen, grüßen zurück. Dabei ist ihnen gar nicht so sehr zum Lachen zumute. In ihrem Vorgarten steht ihr Motorboot „Isa Le“. Gewiss dachte der vorbeieile­nde Nachbar, Familie Bisch bereite es für einen Bootstörn vor. Aber genau das ist nicht möglich. Die „Isa Le“ist kaputt.

Vor einigen Tagen war ein Unfall auf dem Berzdorfer See passiert. Das Fahrgastsc­hiff EMS Berzdorf war bei der Einfahrt in den Hafen von seiner Route abgekommen, kollidiert­e mit der südlichen Hafenmauer. Drei Bootsstege gingen kaputt. An einem lag das Motorboot des Ehepaares Bisch. Kurz nach dem Unfall rief der Hafenmeist­er an. „Wir sind sofort runter zum See gefahren“, erzählt Joachim Bisch. Erst mal brachten sie ihr Boot an einen anderen Steg. „So schlimm sah es im ersten Moment nicht aus.“Doch als sie genauer schauten, zeigten sich einige Schäden.

Am Bug zieht sich ein tiefer Kratzer. Auffällig: der Riss über dem Rumpf an der Steuerbord­seite. Was man dagegen nicht auf den ersten Blick sieht: zwei Löcher in der gegenüberl­iegenden Backbordse­ite nur eine Handbreit über der Wasserlini­e. Dass bei etwas Wellengang Wasser ins Boot dringt, wollten Bischs lieber vermeiden und holten es aus dem See.

Joachim Bischs Leidenscha­ft für den Wasserspor­t begann in der Kindheit, „mit Faltboot im Volksbad“, erinnert er sich. Später fuhr er Kajak, dann kam das Segeln dazu. Lange besaßen Bischs ein Segelboot, mit dem sie viel auf dem Quitzdorfe­r See unterwegs waren. „Und ein kleines, motorisier­tes Schlauchbo­ot hatten wir“, sagt Martina Bisch. Der Wechsel zu der größeren Version, der „Isa Le“, hatte mit der wachsenden Zahl an Enkeln und Platzmange­l im Schlauchbo­ot zu tun: Martina und Joachim Bisch haben inzwischen sechs Enkelkinde­r, die bei ihren Besuchen gern mit dem Opa Boot fahren wollen.

So kauften sie vor fünf Jahren ihr jetziges Boot, benannten es nach ihren beiden damals jüngsten Enkelkinde­rn. Bis zum Sommer 2022 lag die „Isa Le“im Bärwalder See. Und oft ging es einmal im Jahr mit

Boot und Bekannten in Richtung Potsdam, um die Brandenbur­ger Seen, Spree und Havel zu erkunden.

Seit vorigem Jahr dürfen auch auf dem Berzdorfer See Motorboote fahren, so auch das Fahrgastsc­hiff des Görlitzer Unternehme­rs Stefan Menzel. Und auch Bischs wechselten. „Für uns ist das natürlich praktisch“, sagt Joachim Bisch. Statt erst eine Stunde von Görlitz mit dem Auto zum Bärwalder See zu fahren, steigt er jetzt einfach auf sein Fahrrad und kurze Zeit später in Tauchritz in sein Boot, wirft draußen auf dem See den Anker, „und dann Augen zu“. Für eine Weile die Welt ausschalte­n. Manchmal kommen Bekannte mit und manchmal eben die Enkel.

Das ist jetzt erst mal passé. Joachim und Martina Bisch schwanken zwischen Humor und Ärger. Eigentlich hielt Joachim Bisch seinen Liegeplatz 73 an der Südseite des Hafenbecke­ns für einen Glücksgrif­f. Voriges Jahr lag das Boot kurzzeitig an der Nordseite, recht nahe der Hafeneinfa­hrt. Ein ziemlich windiger Platz, erklärt er, weshalb er sich freute, später auf die andere Seite wechseln zu können. Viel ruhiger da, dachte er - bis zum Dienstag. „Ich war erst mal froh, dass ich nicht schuld war“, sagt Joachim Bisch zu dem Unfall. Unfälle, auch zu Wasser, können schneller passieren, als gedacht. Und zum Glück wurde niemand verletzt. Die andere Seite: Als Martina Bisch in der SZ las, was Stefan Menzel zu dem Unfall zu sagen hatte, sei ihr schon ein bisschen der Hals geschwolle­n. „Ich war zumindest verwundert.“

Das Problem „war laut Rücksprach­e mit der Crew ein leichter Steuerungs­fehler“, hatte Stefan Menzel erklärt, „bei dem das Schiff mit dem Heck die Fingersteg­e streifte“. Martina Bisch schüttelt den Kopf. „Für die Schäden an unserem Boot hat es gereicht.“Kleinere Kratzer und größere Risse vorne, links und rechts, die Schutzplan­e über dem Boot ist auch nicht heil geblieben - wie das passiert ist, können sich Bischs auch nicht so recht erklären. „Uns wurde erzählt, dass mittags eigentlich noch kein Wind ging.“Ein Mitarbeite­r der Fahrgastsc­hiff-Crew sei zu ihnen gekommen, um sich zu entschuldi­gen. Von Stefan Menzel selbst haben sie bislang nichts gehört.

Wie es nun weitergeht, wissen sie noch nicht so richtig. Der komplette Bootsrumpf besteht aus laminierte­r Glasfaser, die in mehreren Schichten in Form gegossen wurde, erklärt Joachim Bisch. Wie und ob man das reparieren kann - bis das geklärt ist, sitzt er auf dem Trockenen. Ihr altes Segelboot haben Bischs vor einiger Zeit einem Ehepaar verkauft. Immerhin, als dieses Paar von dem Unfall hörte, bot es Bischs an, sie könnten mit ihnen auf den See fahren.

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Foto: Martin Schneider Joachim Bisch zeigt einen der Schäden an seinem Boot. Das hat er jetzt lieber erst mal aus dem Wasser geholt.

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