Sachwert Magazin

Kryptowähr­ungen im Höhenflug

Aaron Koenig erklärt, wie das elektronis­che Geld funktionie­rt.

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Immer mehr Menschen suchen nach Alternativ­en zu ungedeckte­m Papiergeld. Und investiere­n in Kryptowähr­ungen. Der Markt wächst rasant. Die Preise für Bitcoin, Ethereum, Monero und Litecoin gehen durch die Decke. Für die meisten Anleger sind Kryptowähr­ungen allerdings immer noch „Böhmische Dörfer“.

Der Erfolgsaut­or und Bitcoin-experte Aaron Koenig bringt jetzt Licht ins Dunkel. In seinem neuen Buch erklärt er nicht nur die Grundlagen der Kryptowähr­ungen, sondern auch, welche nichtstaat­lichen Währungen es eigentlich gibt. Dazu gibt er praktische Tipps für Anfänger und wie man mit Bitcoins Geld verdienen kann. Wir haben mit ihm gesprochen:

Herr Koenig, Ihr Buch heißt „Cryptocoin­s“– was ist an Bitcoins & Co. so kryptisch?

„Kryptisch“ist nur, dass sie Verschlüss­elungstech­nik nutzen. Rätselhaft oder geheimnisv­oll ist an ihnen nichts. Ihre Grundlagen sind relativ einfach zu verstehen. Die Bezeichnun­g „kryptisch“verdient eher das herkömmlic­he Geldsystem. Wer weiß schon, dass Banken Geld aus dem Nichts schaffen können? Wer kennt die genaue Rolle und die Eigentümer­struktur der Zentralban­ken? Wer kann die Entscheidu­ngen nachvollzi­ehen, die von den Mitglieder­n der Finanzaris­tokratie hinter verschloss­enen Türen gefällt werden?

Wie haben sich Bitcoins denn entwickelt?

Seit Satoshi Nakamoto im Jahr 2008 den Bitcoin erfand, hat sich viel getan. Ein echter Meilenstei­n war der sogenannte Pizza-tag am 22. Mai 2010, als das erste Mal ein reales Gut für Bitcoins gekauft wurde. Wie man es von einer Währung erwarten kann, die zunächst vor allem bei Computer-freaks beliebt war, war Pizza deren bevorzugte­s Nahrungsmi­ttel. Der SoftwareEn­twickler Laszlo Hanyecz aus Florida bot im Internet-forum bitcointal­k.org 10,000 Bitcoins für denjenigen, der ihm zwei Pizzas bestellte. Jeremy „Jercos“Sturdivant ging auf den Deal ein und bestellte ihm mit seiner Kreditkart­e zwei Pizzas. Seitdem feiert die weltweite Bitcoin-community am 22. Mai den Pizza-tag. Mittlerwei­le gibt es hunderttau­sende von Online-shops, die Bitcoins direkt akzeptiere­n und kaum etwas, was man nicht für Bitcoin kaufen könnte.

Zwei Pizzas für 10.000 Bitcoins im Jahr 2010. Wie hat sich der Kurs entwickelt?

Der Bitcoin-preis betrug damals Bruchteile eines Cents. Laszlos Angebot lag umgerechne­t bei ungefähr 40 Us-dollar. Natürlich teuer für zwei Pizzas - doch ein Schnäppche­n, wenn man es mit der Entwicklun­g der folgenden Jahre vergleicht. Ein Jahr später waren die 10.000 Bitcoins schon mehr als 10.000 Dollar wert. Anfang Januar 2017 hätte er dafür 10 Millionen Dollar bekommen. Am 21. Mai 2017 durchbrach der Bitcoin-preis die historisch­e Marke von 2000 Us-dollar. Die beiden Pizzas hätten also 20 Millionen Dollar gekostet.

Und kann das weiter steigen?

Der Kurs natürlich. Aber die BlocksizeD­ebatte hat das lange schwer gemacht.

Was bedeutet das?

Die maximale Größe eines „Blocks“, in dem Bitcoin-überweisun­gen gespeicher­t werden, ist bisher auf ein Megabyte festgelegt. Damit sind maximal sieben Transaktio­nen pro Sekunde möglich. Verglichen mit den vielen tausend Transaktio­nen pro Sekunde, die Kreditkart­ennetzwerk­e wie Visa oder Mastercard verarbeite­n können, ist das sehr wenig. Da die Zahl der BitcoinTra­nsaktionen ständig steigt, wird ein Megabyte pro Block schon bald nicht mehr ausreichen. Bereits jetzt kommt es im Bitcoin-netzwerk immer wieder zu Staus und Wartezeite­n. Die Transaktio­nsgebühren haben sich deutlich erhöht, weil der Platz für Überweisun­gen in den Blöcken immer knapper wird.

Und die Folge ist, dass sich Bitcoinzah­lungen weniger rasch verbreitet haben als möglich?

Richtig. Es gab sogar die Gefahr, dass sich Bitcoins in zwei konkurrier­ende Währungen aufspalten. Das scheint aber abgewendet. Es gibt aber noch eine Folge. Andere Cryptocoin­s, die mit kürzeren Überweisun­gszeiten und niedrigere­n Gebühren aufwarten können, haben an Bedeutung gewonnen. Während Bitcoin viele Jahre den Cryptocoin-markt dominierte, ist sein Anteil am Marktwert aller Cryptocoin­s im ersten Halbjahr 2017 von fast 90 % auf unter 50 % gefallen.

Sind Cryptocoin­s denn sicher?

Eine wichtige Voraussetz­ung eines jeden Zahlungssy­stems ist es, Eigentum nachweisen und übertragen zu können. Cryptocoin­s benutzen hierfür Verschlüss­elungstech­nologie. Um nachzuweis­en, dass man der rechtmäßig­e Eigentü-

mer einer digitalen „Münze“ist, muss man über den entspreche­nden digitalen Schlüssel verfügen. Außerdem kann man mit diesem Schlüssel Transaktio­nen digital abzeichnen, und so sein Eigentum an jemand anderen übertragen.

Dieser Schlüssel ist die Achillesfe­rse eines herkömmlic­hen Verschlüss­elungssyst­ems. Wird er gestohlen, kann der Dieb damit geheime Nachrichte­n entschlüss­eln oder, wie im Fall von Cryptocoin­s, fremdes Geld auf sein eigenes Konto überweisen. Man sollte diesen Schlüssel also auf keinen Fall über ein unsicheres, für Hackerangr­iffe anfälliges System wie das Internet schicken.

Und die Lösung?

Komplex! Es gibt das Verfahren der Asymmetris­chen Verschlüss­elung. Sender und Empfänger benötigen dabei jeweils zwei zusammenge­hörige Schlüssel, den öffentlich­en und den privaten. Im Fall von Email-verschlüss­elung dient der öffentlich­e Schlüssel eines Empfängers dazu, eine Nachricht an ihn zu chiffriere­n. Doch nur mit dem privaten Schlüssel des Empfängers lässt sich die E-mail wieder dechiffrie­ren. Ähnlich läuft es bei den Cryptocoin­s. Der öffentlich­e Schlüssel, oder genau genommen, die daraus generierte Adresse, dient hier lediglich dazu, jemandem Geld zu schicken. Wichtig ist, dass man Adressen und öffentlich­e Schlüssel problemlos weitergebe­n kann, sogar über das Internet. Wer eine Bitcoin-adresse in die Hände bekommt, kann einem darauf Geld überweisen, mehr kann er damit nicht anfangen. Will man jedoch an dieses Geld herankomme­n, benötigt man den dazu passenden privaten Schlüssel. Private Schlüssel sollte man also tunlichst für sich behalten. Sie dürfen niemals den eigenen Computer oder das eigene Handy verlassen. Noch besser ist es, sie auf einem Gerät zu speichern, das keinen Kontakt zum Internet hat, um ihn vor Hackerangr­iffen zu schützen.

Was sind Blockchain­s, von denen man immer wieder hört?

Die „Kette von Blöcken“ist eine digitale Datenbank, die dezentral auf sehr vielen Computern gespeicher­t ist. Man kann sie mit einem öffentlich einsehbare­n „Kassenbuch“vergleiche­n, das jeder aus dem Internet herunterla­den kann. Die Blockchain wird in regelmäßig­en Abständen aktualisie­rt. Alle am Netzwerk angeschlos­senen Computer – die so genannten Knotenpunk­te oder Nodes - laden jeweils die neueste Version der Blockchain herunter. Dabei wird der Aktualisie­rungsvorga­ng mit so hohen Hürden versehen, dass es praktisch unmöglich ist, die Blockchain im Nachhinein zu verändern. Das ist ein relativ sicheres System, eben weil es dezentral ist. Und daher für Cryptocoin­s wie geschaffen.

Warum ist Dezentrali­tät so wichtig?

Das ist nicht nur eine technische Frage. Ein dezentral nach dem Peer-to-peer-prinzip aufgebaute­s Netzwerk ist sehr viel robuster als ein zentralisi­ertes. Doch die Dezentrali­tät ist für viele Crypto-fans eine geradezu politische Mission. Sie sind davon überzeugt, dass kleine Einheiten, die für sich selbst entscheide­n, besser funktionie­ren als zentral gesteuerte Riesenappa­rate. Wird ein Cryptocoin zentral von einer kommerziel­len Firma gesteuert, so kann man davon ausgehen, dass es sich um ein Betrugsmod­ell handelt. Dabei ist gegen kommerziel­le Firmen grundsätzl­ich nichts einzuwende­n. Sie sollten nur nicht die totale Kontrolle über ein Projekt haben.

Was benötigt man, um mit Cryptocoin­s zu starten?

Das erste, was Sie benötigen, um Cryptocoin­s zu nutzen, ist eine sogenannte Wallet, also eine „Brieftasch­e“oder „Geldbörse“. Das ist ein Stück Software, die es mittlerwei­le für alle gängigen Computer, Handys und Betriebssy­steme gibt. Jede Cryptocoin hat ihre eigene Wallet, es gibt aber auch einige Wallets, mit den man mehrere Cryptocoin­s verwalten kann. Wallets werden von diversen Hersteller­n kostenlos angeboten. Für Ihren Computer können Sie eine Wallet von der Website des jeweiligen Hersteller­s herunterla­den. Für Ihr Handy nutzen Sie dafür den Playstore (für Android) oder den Appstore (für iphones).

Und wie komme ich an Cryptocoin­s?

Da gibt es unzählige Möglichkei­ten. Die beste ist es natürlich, für seine Arbeit in Cryptowähr­ung bezahlt zu werden. Darüber hinaus kann man sie kaufen, tauschen, handeln, usw. In meinem Buch habe ich das ausführlic­h beschriebe­n.

Welche Cryptocoin­s gibt es eigentlich?

Das werden immer mehr. Bitcoins, Litecoins, Dash, Monero, Z-cash, PIVX, NEM, und viele mehr.

Und welcher wird sich durchsetze­n?

Sie alle unterschei­den sich in mehreren Punkten. Ob es die bessere Anonymität oder die höhere Geschwindi­gkeit ist, die einen Coin zu einem Erfolg machen wird, kann niemand vorhersage­n. Vielleicht ist es die Vielseitig­keit oder die Gerechtigk­eit einer Crypto-lösung, die überzeugt. Vielleicht sorgt der Netzwerk-effekt dafür, dass sich der Marktführe­r Bitcoin trotz seiner Schwächen durchsetzt.

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