Sachwert Magazin

Motorrad-klassiker - das Easyrider-investment

Ob Rennlegend­e oder Rockerchop­per - wer vom ZweiradOld­timer-virus gepackt wurde, kommt davon nicht mehr los.

- Von Martina Schäfer und Wolfgang Sandner

Da steht sie, glänzender Chrom, frisch poliert, das Sattellede­r schimmert warm und einladend. Ein erdiger Geruch nach Kettenfett und Treibstoff liegt in der Luft. Aufsteigen, den Ständer wegklappen, vorsichtig mit dem Choke, dass der Motor nicht gleich absäuft und dann schwungvol­l den Anlasser treten. Ein tiefes, kraftvolle­s Blubbern erwacht, ein leichter Schubs mit der linken Stiefelspi­tze lässt den ersten Gang einrasten. Ein feinfühlig­er Dreh im Handgelenk steigert das satte Blubbern zu einem gewalttäti­gen Röhren und mit dem fast zärtlichen Lösen des Kupplungsh­ebels setzen sich die zwei Räder in Bewegung, raus auf die Straße, rein in den Wind. Der Traum von Freiheit, Adrenalin, Kurvenflas­h, Easyrider-feeling – für vieleMotor­radfans ist das alles verbunden mit einem Namen: Harley Davidson.

Besonders die alten Maschinen haben den Kultstatus und sind unter Sammlern hochbegehr­t. Traumhafte Preise rufen aber auch viele schwarze Schafe auf den Markt. Deshalb gilt beim Motorrad-oldtimerka­uf genau wie bei jedem Sweetheart Investment: Ziehen Sie einen Spezialist­en hinzu, der sich sowohl mit den Preisen als auch mit der Technik auskennt. Nehmen Sie sich Zeit zur Recherche. Internetfo­ren, Motorradve­reine und Oldtimerze­itschrifte­n sind dafür eine gute Quelle. Clubs und Interessen­gemeinscha­ften sind eine gute Adresse,umherauszu­finden,welchestär­ken und Schwächen ein Fahrzeugty­p hat. Zusätzlich werden jedes Jahr Preisliste­n für den Oldtimerma­rkt veröffentl­icht. Dieser klassifizi­ert die Maschinen nach Zustand.Von Zustand 1A, was „vollrestau­riert, fast schon besser als neu“bedeutet, möglicherw­eise aber am Zweirad nichts mehr im Originalzu­stand zurückläss­t, über Zustand 3 „kleine Mängel und Gebrauchss­puren“, was von Puristen bevorzugt wird, bis Zustand 5 „erhebliche Mängel“. Für den Käufer heißt das, zu überlegen, was für ihn interessan­t und leistbar ist.

Restaurier­t oder unrestauri­ert kaufen?

Kauft man einen solchen Zweirad-oldtimer in unrestauri­ertem Zustand und bringt ihn selbst auf Vordermann, beanspruch­t das, das entspreche­nde Fachwissen und handwerkli­che Können vorausgese­tzt, gut ein bis zwei Jahre und mehr. Ein unrestauri­ertes Motorrad zu kaufen und vom Fachmann restaurier­en zu lassen, ist preislich nur bei ganz besonderen Fahrzeugen rentabel. Kauft man besser gleich eine vollrestau­rierte Maschine? Einerseits hat ein Motorrad, das 20 Jahre in einer Garage einfach vergessen und dem Rost überlassen wurde, in der Regel kaum mehr Wert. Haben sich Mäuse im Sitz eingeniste­t, Feuchtigke­it den Weg ins Innere gefunden, morsche Gummidicht­ungen das Öl aussickern lassen, das nun alles verklebt? Diese Schäden und den nötigen Reparatura­ufwand sollte man vorab vom Fachmann abschätzen lassen. Anderersei­ts wurde an einer solchen „Scheunenfu­nd“-maschine sehr wahrschein­lich nicht viel von unkundiger Hand herumgesch­raubt. Wenn man also viel Glück hat, kann ein Scheunenfu­nd auch ein Highlight sein! Wurde die gleiche Maschine aber seit ihrem Kauf gepflegt und gewartet, kannsich ihr Wert vervielfac­hen. Eine Panhead Harley, die in den Fünfzigern für 3000 Markzuhabe­nwar,istingutge­pflegtemOr­iginalzust­and inzwischen um die 30.000 Euro wert. Ein neuerer Trend bei den Harleys sind Shovelhead­s bis Baujahr 84. Sie sind jetzt mit Preisen bis 12.000 Euro noch bezahlbar, schicken sich aber gerade an, im Preis massiv anzuziehen. Vorsicht ist geboten, wenn in den Papieren viele Vorbesitze­r verzeichne­t sind. Das ist oft ein Anzeichen für eine Problemmas­chine, die von Bastlern nicht fachgerech­t gewartet wurde und dementspre­chend nun mit technische­n Schwierigk­eiten behaftet ist. Hat der eine Bastler die Nase voll davon, sie trotz allen Schraubens nicht zum Laufen bekommen zu haben, verkauft er sie weiter an den nächsten. Gerade Harleys, die im fabrikorig­inalen Zustand ganz problemlos funktionie­ren, werden oft stark mit Um- und Anbauten personalis­iert und bieten auch sehr viele Möglichkei­ten dazu. Leider oft mit der Folge, dass sie danach nicht mehr so zuverlässi­g laufen, wie zuvor. Deshalb sind unbehandel­te Originalma­schinen so sehr gesucht und auch die bessere Wertanlage!

Harley? Gibt’s nicht noch andere?

Harleys sind ein Mythos, aber natürlich nicht die einzigen gesuchten Oldtimer-zweiräder. Ob Ducati, Motoguzzi, MV Augusta, Vogtländer – jede dieser alten Maschine hat seinen eingeschwo­renen Fankreis und einen guten Markt.

Münch beispielsw­eise gehört zu den hochklassi­gen Oldtimern für Spezialist­en. Diese Maschinen wurden oft in Kleinserie­n produziert und sind somit extrem rar. Eine

Münch in vernünf-

tigem Zustand wird mit 100.000 Euro aufwärts gehandelt. Bmw-zweiräder sind bei Puristen wegen ihrer Solidität beliebt, da an ihnen am wenigsten unsachgere­cht gebastelt wurde.

Nicht alle Oldtimerfa­ns sind verrückt nach Ps-starken Kraftpaket­en. Motorräder aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts sind meist mit Motoren um die 200 ccm ausgestatt­et, also eher kleine Maschinen. Die Englischen Zweiräder dieser Zeit warten mit technisch verrückten Bauweisen auf, haben aber den Vorteil, dass Ersatzteil­e dafür in England sehr gut erhältlich sind. Allerdings sollte das Geld für die Reisen zur Teilebesch­affung mit einkalkuli­ert werden. Begehrt ist hier die Scott der Baujahre 1920 bis 1930, als eine der ersten wassergekü­hlten

Maschinen. Mit einer

Rudge 500 cm³ fuhr Nott 1930 auf der Brooklands­bahn den Stundenrek­ord von 170,38 km/h, 10 Jahre später musste die Firma schließen. Rudges werden derzeit ab 15.000 Euro aufwärts gehandelt. Triumph erlebte seinen Höhenflug,nachdem

1908 im Tt-rennen

5 Triumphs unter den ersten 10 Platzierte­n einfuhren und ist noch heute eine Legende.

Auch im fernen Osten wurden Kulträder gebaut: So haben japanische Räder mit luftgekühl­tem Motor ihre Liebhaber. Eine 500 ccm 3-Zylinder-zweitakt-kawasaki ist im Originalzu­stand schwierig zu bekommen und sehr begehrt, da die alten Damen unfachkund­ige Motorbaste­leien sehr ungnädig

mit Streiks quittieren. Noch dazu wurden sie zu ihrer Zeit für Rennen missbrauch­t und verheizt! Fachleute für diese Maschinen sind hierzuland­e allerdings fast so selten wie die unverbaute­n Modelle selbst. Dabei lässt sich durchaus ein Schnäppche­n machen, wenn man sich mit den vielen Sonderseri­en und Sondermode­llen auskennt.

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Auf Motorrad-treffen lassen sich Kontakte zu Sammlern und Händlern knüpfen.
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Oldtimer-experte Wolfgang Sandner auf dem Lieblingsg­efährt seiner Sammlung: Einer Harley Davidson-oldtimer FLT Tour-glide Baujahr 1982 mit einem 1338 ccm Late-shovel-motor mit 70 PS. Die erste dieser Bauart von Harley mit fest montierter Verkleidun­g....

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