Prof. Dr. Burghof: Kryptoboom
Kryptowährungen im Taumel zwischen Höhenflugundabstürzen
Dass Kryptowährungen extrem schwanken und nicht selten eine wild Achterbahnfahrt an den Tag legen, ist hinlänglich bekannt. Dass, was es jetzt bei e-coin zu beobachten gab, stellt aber alles bislang dagewesene in den Schatten. Am 6. Februar schoss der Kurs der Kryptowährung um sage und schreibe 4.800 Prozent in die Höhe. Am Abend des Vortages lag der Preis bei 5,90 Dollar. Nur 24 Stunden später kostete eine Einheit in der Spitze mehr als 290 Dollar.
What goes up, must come down. Wer e-coin auf dem Konto oder in seiner Krypto-wallet hatte, musste sich mit dem Verkauf allerdings beeilen. Denn plötzlich wurde der Stecker gezogen. Die Notierung rauschte in den Keller. Und zwar genauso schnell, wie sienachobengestiegenwar.derpreisfielwiedergenaudorthin,wodierallyebegann.
Anleger offenbar beraubt?
Hinter der wilden Achterbahnfahrt könnte allerdings ein handfester Betrug stecken. Bei dem Anleger offenbar in Scharen abgezockt wurden. Es wird spekuliert, dass die Kryptowährung absichtlich nach oben getrieben wurde. Durch eigene oder in einem Netzwerk organisierte Käufe. Dabei verkauft Händler A an Händler B und so weiter. Beide kennen sich natürlich. Dadurch sollen gutgläubige Anleger angelockt werden. Oftmals gibt es dazu auch eine interessante Unternehmensgeschichte, um zu untermauern, dass man die Währung oder die Aktie unbedingt haben muss. Ist der Kurs kräftig gestiegen und liegen genug Kaufaufträge von unbedarften Anlegern vor, wird der Verkaufsknopf gedrückt. Und der Preis rauscht in den Keller. Die Methode ist nicht neu und hat den Namen „Pump and Dump“.wasfüreinenbetrugspricht,ist,dassdieoffizielleseitewww.e-coin.comderzeit nicht mehr erreichbar ist. Zudem wurde die Kryptowährung vor einiger Zeit von den Schweizer Behörden verboten. Wegen des Verdachts auf Betrug.
Vorsicht bei Kryptowährungen
Der Fall zeigt, wie wild das ganze Segment mittlerweile geworden ist. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit gab es nur ein paar Dutzend Kryptowährungen. Heute sind es mehr als 1.500. Und fast täglich kommen Neue hinzu. Da der Markt völlig unreguliert ist, ist es schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Trotz der jüngsten Erholung haben Kryptowährungen ihren Anlegern in der letzten Zeit keine Freude bereitet. Die Kurse sind regelrecht abgestürzt. Der Kurs des Bitcoin war zwischenzeitlich unter die Marke von 6.000 Dollar gefallen. Noch im Dezember kostete eine Einheit fast 20.000 Dollar. Ein Minus von 70 Prozent. Mindestens genauso dramatisch sind die zwischenzeitlichen Verluste bei anderen Kryptowährungen: Litecoin (- 75 %), Ethereum (- 58 %) und Bitcoin Cash (- 78 %).
Ob das bereits der große Ausverkauf war, ähnelt dem Blick in die Glaskugel. Deshalb hat Chefredakteur Thomas Schwarzer darüber mit Professor Hans-peter Burghof gesprochen. Er ist Wirtschaftswissenschaftler und Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim.
Herr Burghof, Kryptowährungen sind in den letzten Wochen dramatisch eingebrochen. Hat Sie diese Entwicklung überrascht?
Ich bin weder überrascht, noch habe ich es genau jetzt erwartet. Es ist normal bei so einer Blase. Man hat schon gesehen, dass sich da etwas aufbaut. Aber wann die Blase tatsächlich aufbricht und platzt, das kann man natürlich nicht vorhersehen.
Was steckt hinter den dramatischen Kursverlusten?
Letztendlich sind es veränderte Erwartungen. Einerseits stellen sich viele Leute die Frage, ob ausgerechnet Bitcoin unter all den Kryptowährungen irgendwann die Erfolgreiche sein wird. Und zum anderen fragen sich viele, ob die Staaten dieser Welt es tatsächlich zulassen werden, dass sich Bezahlvorgänge ihrer Kontrolle entziehen und sich in einen virtuellen Raum verlagern? Man sieht jetzt schon sehr deutlich, dass viele Staaten anfangen Gegenmaßnahmen zu ergreifen und die Entwicklungen nicht mehr so einfach akzeptieren. Und das macht natürlich digitale Währungen für viele unattraktiver.
Werden die Staaten der Welt es zulassen, dass sich Bezahlvorgänge ihrer Kontrolle entziehen?
Kann man Kryptowährungen überhaupt im Zeitalter des Internets und der globalen Digitalisierung regulieren?
Darüber rätsel ich in der Tat auch schon länger. Ich weiß auch nicht, wie man eine Kryptowährung tatsächlich flächendeckend regulieren kann. Was man aber natürlich immer machen kann, ist eine digitale Währung oder den Handel damit zu verbieten. Entweder bestimmte Arten von
Transaktionen für die Bürger eines Landes. Oder man kann Kryptowährungen ganz verbieten. Das ist einfach, dafür braucht man keine großen Konzepte. Und an dieser Stelle wird dann letztendlich aus der Stärke der Kryptowährung, eine Schwäche. Die Staaten haben im Grunde ge- nommen immer nur eine schwarz/ weiß-lösung. Entweder ich akzeptiere alles oder ich mache ganz einfach bestimmte Türen zu.
Vom Volumen her ist es durchaus eine der größten Blasen der Geschichte.
Aber selbst wenn es in einzelnen Regionen oder Ländern Verbote geben würde, könnte man Kryptowährungen dennoch nicht komplett auslöschen oder?
Nein. Aber wenn wir als Beispiel sagen, dass die Chinesen, die Amerikaner und die Europäer keine Kryptowährungen mehr benutzen würden, welches Interesse hätte dann noch die Weltwirtschaft an Kryptowährungen? Weil das die ganz großen Zentren des Interesses und des Handels sind. Wenn die nicht mitspielen, interessiert es keinen Menschen mehr, wenn irgendwo in Venezuela ein Mensch mit Kryptowährungen handelt. Und damit ließen sich die hohen Kurse für Kryptowährungen überhaupt nicht mehr rechtfertigen.
Viele sprechen von der größten Blase der Geschichte – noch größer als die Tulpenzwiebelblase im 17. Jahrhundert. Sehen Sie das ähnlich?
Superlative sind immer problematisch. Ich denke, vom reinen Volumen her ist es durchaus eine der größten Blasen der Geschichte. Wobei wir auch andere große Blasen in den letzten Jahrzehnten hatten. Wie beispielsweise die Dot.com-blase und die Blase die wir um 2008 herum hatten. Bei den Kryptowährungen würde ich allerdings sagen, dass es eine viele reichere Welt trifft und das sie global ist. Von daher muss man ein bisschen differenzieren. Für die Niederlande als Beispiel ist die Tulpenzwiebelblase vermutlich immer noch größer als die Kryptoblase.
Ist die Blase bereits geplatzt?
Tja, das ist immer das Problem wie beim Bergsteigen. Solange man klettert, ob rauf oder runter, weiß man nie so genau, wo man gerade ist. Hier ist genau das gleiche