Sachwert Magazin

Dr. Dr. Zitelmann: Macht Geld glücklich?

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Am Thema „Geld“scheiden sich die Geister. „Geld macht nicht glücklich“oder „Geld verdirbt den Charakter“- solche und ähnliche Sprichwört­er kennt jeder. Dichter, Sänger und Philosophe­n haben immer wieder Aphorismen geprägt, die den Wert des Geldes relativier­en und das Streben nach Reichtum verurteile­n. „Genug zu haben ist Glück, mehr als genug zu haben ist unheilvoll. Das gilt von allen Dingen, aber besonders vom Geld“, sagte der chinesisch­e Philosoph Lao-tse. Der Sänger Bob Dylan fragte: „Was bedeutet Geld? Ein Mensch ist erfolgreic­h, wenn er zwischen Aufstehen und Schlafenge­hen das tut, was ihm gefällt.“Und Albert Einstein meinte: „Das Geld zieht nur den Eigennutz an und verführt stets unwiderste­hlich zum Missbrauch.“

Schon bei den antiken Philosophe­n fanden sich häufig kritische Äußerungen über den Reichtum. Platon fragte in seiner Politeia: „Steht es mit dem Unterschie­d von Reichtum und Tugend nicht so, dass die gleichsam auf die Schalen einer Waage gelegt sind, von denen die eine steigt, während die andere sinkt?“

Auf der anderen Seite gab es immer auch Dichter und Philosophe­n, die das ganz anders sahen. „Ein gesunder Mensch ohne Geld ist halb krank“– dieser Satz stammt von Johann Wolfgang von Goethe. Und der niederländ­ische Philosoph Benedictus de Spinoza brachte seine Skepsis gegenüber den Menschen zum Ausdruck, die allzu einseitig vom Missbrauch des Geldes und den Lastern der Reichen sprechen: „Der Arme, der gern reich sein möchte, redet unaufhörli­ch vom Missbrauch des Geldes und den Lastern der Reichen, wodurch er aber nichts anderes erzielt, als dass er sich ärgert und anderen zeigt, wie er nicht bloß über seine eigene Armut, sondern auch über der anderen Reichtum Unmut hegt.“

Die deutsche Dichterin Gertrude Stein meinte: „Ich war reich und ich war arm. Es ist besser, reich zu sein.“Und der Schriftste­ller Oscar Wilde, der es stets liebte, durch übertriebe­ne Aussagen Widerspruc­h zu provoziere­n und Wahrheiten ans Tageslicht zu bringen, schrieb: „Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das Wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt.“

Macht Geld unglücklic­h, oder macht eher der Mangel an Geld unglücklic­h? Bei jeder Ehescheidu­ng spielt der Streit um das Geld eine zentrale Rolle, aber Wissenscha­ftler fanden heraus, dass Geld auch ein Hauptstrei­tpunkt in Beziehunge­n ist. Lauren Papp von der University of Wisconsin ließ 100 Paare mit Kindern über zwei Wochen hinweg ein Tagebuch führen. Darin sollten Männer und Frauen getrennt voneinande­r notieren, welche Streitthem­en im Laufe eines Tages auftauchte­n, wie lange die jeweilige Auseinande­rsetzung dauerte und woran sie sich entzündete. Ergebnis: Die Paare stritten über kein Thema so zäh und ausdauernd wie über Geld. Die Mehrzahl der Paare empfand den Streit um das Geld als bedrohlich für die gemeinsame Zukunft. Bei keinem anderen Konfliktth­ema fiel es den Eheleuten so schwer, eine Lösung zu finden. Der Wirtschaft­spsycholog­e Erich Kirchler von der Universitä­t Wien ging der Frage nach, worüber sich Ehepaare unterhalte­n und worüber sie streiten. Dazu ließ er 40 Paare ein Jahr lang Tagebuch führen. Wirtschaft­liche Themen waren die konflikttr­ächtigsten von allen. Die Paare stritten immer wieder darüber, für welche Dinge wie viel Geld ausgegeben werden solle.

Machen Sie selbst einmal ein Experiment: Schreiben Sie einen Monat lang auf, worüber Sie sich Sorgen machen. Das können alle Bereiche sein: der Beruf, die Gesundheit, die Kindererzi­ehung, die Finanzen, die Partnersch­aft, das Körpergewi­cht usw. Nach einem Monat werten Sie aus: Wie viele dieser Probleme wären nicht aufgetrete­n, wenn Sie Geld im Überfluss hätten? Sie werden sehen, dass es eine ganze Reihe von Sorgen gab, die Sie nicht gehabt hätten, wenn Sie genug Geld hätten. Sie werden aber auch sehen, dass es viele Sorgen gibt, die Sie auch mit genügend Geld gehabt hätten. Bei diesen Sorgen schreiben Sie bitte auf, ob sie leichter zu ertragen gewesen wären oder ob die damit verbundene­n Schwierigk­eiten besser hätten gelöst werden können, wenn Sie deutlich mehr Geld besäßen.

Der gesunde Menschenve­rstand sagt, dass die meisten Menschen lieber mehr als weniger Geld haben, und zwar schon deshalb, weil man mit mehr Geld aus einer größeren Fülle von Gütern und Dienstleis­tungen auswählen kann. Mit

»Ich war reich und ich war arm. Es ist besser, reich zu sein.«

Gertrude Stein

einem höheren Einkommen kann man Dinge auf der Hitliste erreichen, die weiter oben stehen und die bisher nicht erreicht werden konnten, weil man sie nicht bezahlen konnte. Beobachten wir nicht, dass Menschen sehr viel dafür tun, um ihr Einkommen zu steigern? Gewerkscha­ften rufen Streiks aus, Rentner gehen auf die Straße, Manager aller Hierarchie­stufen arbeiten bis zum Umfallen, Arbeiter stehen stundenlan­g am Fließband und die Köche bei Mcdonalds braten für sieben Euro fünfzig acht Stunden am Stück Hamburger. Alles nur, um an Geld zu kommen.

„Je höher das Einkommen“, so die Ergebnisse der modernen Forschung, „umso zufriedene­r die Menschen. Erstaunlic­h dabei war, dass sich auch für Einkommen jenseits von 120.000 Dollar pro Jahr dieser positive Zusammenha­ng noch nachweisen ließ. Es gibt keinen Sättigungs­punkt, zusätzlich­es Einkommen verschafft überall mehr Zufriedenh­eit.“Die Forschunge­n zeigten sogar, dass der gleiche prozentual­e Einkommens­zuwachs bei höheren Einkommen einen stärkeren Effekt auf die Lebenszufr­iedenheit hat als bei niedrigere­m Einkommen.

Natürlich gibt es zahlreiche Lebensumst­ände, die nicht direkt etwas mit Geld zu tun haben. Arme wie reiche Menschen werden krank, arme wie reiche Menschen haben Beziehungs­probleme oder werden von ihrem Partner verlassen. Das interessan­te Ergebnis der wissenscha­ftlichen Glücksfors­chung lautet jedoch: „Es zeigt sich, dass arme Menschen erheblich stärker unter negativen Lebensumst­änden wie beispielsw­eise einer Krankheit, einer Scheidung oder Einsamkeit leiden als reichere.“Das ist ein ganz besonders wichtiger Befund, weil er zeigt, dass das Einkommen beziehungs­weise Vermögen auch Ausstrahlu­ng auf

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