Aufbau einer Drehanlage mit Schubstangenmotor
Mit Diseqc-motoren lassen sich kleinere Schüsseln bis etwa 1,2 m Durchmesser leicht in eine Drehanlage umwandeln. Doch das funktioniert auf Dauer nur mit leichten Antennen gut. Mit schweren Spiegeln haben sie ihre liebe Not.
Abhilfe schafft eine immer noch verfügbare Technik aus der Frühzeit des Satellitenempfangs: der Schubstangenmotor. Mit ihm lassen sich nicht nur große Antennen von bis über 3 m Durchmesser drehen. Er ist auch für kleine geeignet und bietet zahlreiche Vorteile.
Vorgeschichte
Mit unserer rund 14 kg schweren 90-cm-versuchsantenne waren Diseqc-motoren regelmäßig überfordert. Entweder brauchten sie beim Drehen aus extrem westlichen oder östlichen Positionen in Richtung Süden so viel Strom, dass sie viele Receiver überforderten, oder sie stellten ihren Dienst gleich ganz ein. Alleine 2015 mussten wir so dreimal den Diseqc-motor tauschen. Damit einher ging auch jedes Mal die Neuausrichtung der Anlage auf die Satellitenbahn. Schließlich musste zum Motortausch stets die komplette Anlage demontiert werden. Was auf die Dauer nervt.
Der Schubstangenmotor
Auf der Suche nach einer zuverlässigen Alternative sind wir auf den weitgehend schon in Vergessenheit geratenen Schubstangenmotor gestoßen. Mit ihm haben wir schon in den späten 1980ern unsere großen Antennen gedreht. Womit Schubstangenmotoren schon in der Vergangenheit bewiesen haben, dass schwere Antennen kein Problem für sie darstellen. Ein Schubstangenmotor besteht aus einer stabilen Spindel, die mit einem Motor aus einem Rohr raus und wieder reingedreht wird. Der hintere Teil des Motors ist über eine drehbar gelagerte Schelle am Polarmount befestigt, sein vorderes Ende am schwenkbaren Vorderteil des Mounts, der dazu mit einer zur Seite ragenden Schiene ausgestattet ist.der Polarmount ist das Bindeglied zwischen Antennenmast und Schüssel. Er wird am Mast befestigt und besitzt eine drehbar gelagerte Welle, an der die Schüssel zu montieren ist. An ihm ist auch die Elevation einzustellen. Dasselbe Prinzip finden wir auch beim Diseqc-motor wieder. Womit die klassische Drehanlage auch gleich wie eine mit Diseqc-motor aufgerüstete Schüssel auszurichten ist. Der einzige Unterschied beider Systeme liegt lediglich darin, dass beim Diseqc-motor die drehbar gelagerte Welle direkt vom eingebauten Motor bewegt wird und dass es beim Polarmount dafür den externen Schubstangenmotor braucht.
Drehbereich
Schubstangenmotoren gibt es in verschiedenen Längen, die in Zoll angegeben werden. Die kleinsten Modelle beginnen bei etwa 8 Zoll, die einen Hub von rund 14 cm erlauben. Damit wird man nur wenige, benachbarte Orbitpositionen anpeilen können. Sollen möglichst viele Satelliten angepeilt werden, sind auch 12 Zoll noch zu kurz.
Für Schüsseln ab 90 cm Durchmesser ist der 18-Zoll-motor mit etwa 42 cm Hub das Standardmodell. Er macht auch noch an 180-cm-anlagen eine gute Figur. Wir haben den Wechsel auf Schubstange gleich zum Anlass genommen, unsere 90-cm-antenne durch eine noch schwerere 125er zu ersetzen. Was mit dem Diseqc-motor unmöglich gewesen wäre, stellt für die Schubstange keine Herausforderung dar. Mit dem 18-Zoll-motor können wir alle vor Ort erreichbaren Positionen von 66 Grad Ost bis 45 Grad West anpeilen.
Hohe Flexibilität
Beim Diseqc-motor ist der Drehbereich vom System her fest vorgegeben. Je nachdem, wie wir den Schubstangenmotor montieren, können wir selbst den Drehbereich und sogar die Drehgenauigkeit beeinflussen. Wie bereits erwähnt, ist der starre Teil des Motors mit einer Schelle am Polarmount befestigt. Wird sie etwas gelockert, lässt sich der Motor nach vor und zurück schieben. Unser Motor ist an der linken Seite des Polarmounts angebracht. Je weiter wir den Motor zurückschieben, umso östlichere Satelliten lassen sich anpeilen. Gleichzeitig verlieren wir aber die westlichsten Positionen. Wären uns diese wichtiger, müssten wir den Motor weiter nach vor schieben. So würden wir zwar weiter nach Westen kommen, dafür aber die östlichsten Positionen verlieren. Wäre uns der Drehbereich zu gering, bräuchten wir nur unseren 18-Zöller gegen einen 24-Zoll-motor auszutauschen. Was übrigens in wenigen Minuten erledigt ist. Schließlich muss die Schüssel für den Motortausch nicht demontiert und in Folge auch nicht neu ausgerichtet werden. Wie genau die Antenne per Schubstange dreht, hängt vom Abstand des Montagepunkts des Motors von der Drehachse der Schüssel ab. An unserer Anlage beträgt er etwa 17 cm, womit eine Drehgenauigkeit von etwas unter 0,1 Grad pro Impuls erreicht wird. Würde der Montagepunkt weiter nach außen verlegt werden, ließe sich die Antenne noch genauer steuern. Allerdings auf Kosten des Drehbereichs. Dem entsprechend ließe sich der Drehbereich vergrößern, würde der Montagepunkt näher zur Welle rücken. Allerdings ließe sich die Schüssel dann nicht mehr so präzise steuern. Außerdem würde der Motor mechanisch stärker belastet werden, da er nun mehr Kraft zum Drehen aufwenden müsste. Die Hebelgesetze lassen grüßen.
Zusätzliche Steuerleitung
Der entscheidende Nachteil des Schubstangenmotors liegt in der zusätzlich benötigten vierpoligen Steuerleitung, die zusätzlich zum Antennenkabel zu verlegen ist. Weiter wird ein externes Steuergerät, ein so genannter Positionierer, auch Positioner, benötigt. Er liefert nicht nur die zum Drehen erforderliche Spannung von 36 Volt, sondern
wertet auch die Steuerimpulse des Motors aus. Diese Steuergeräte verwalten in der Regel bis zu 99 Satellitenpositionen.
Der Positioner
Bei Diseqc-motoren hat uns das blind drehen müssen ständig gestört. Vor allem, beim manuellen suchen eines neuen Satelliten per DISEQC 1.2 oder wenn der Diseqc-motor mal wieder nicht so wollte wie er sollte, wussten wir nie, wohin die Antenne gerade zeigt und ob sie sich überhaupt dreht. Damit ist jetzt Schluss! Denn Positioner für Schubstangenmotoren besitzen ein Display. Es zeigt alle vom Motor abgegebenen Impulse in Form eines Zählwerks an. Damit wird jeder Orbitposition eine eindeutige Zählwerkszahl zugeordnet, mit der sie auch gespeichert wird. Astra 19,2 Grad Ost liegt zum Beispiel auf 850, 16 Ost auf 862 und 13 Ost 874. Zeigt das Display Werte um 200 an, wissen wir in etwa, dass die Antenne gerade weit im Osten steht. Werte um 1 300 verraten uns, dass wir weit im Westen unterwegs sind. Diese Zahlenwerte variieren je nach Anlage und sollen nur das Prinzip verständlich machen.
Motor schonen
Schubstangenmotoren tun sich schwer, wenn sie fast voll ausgefahren sind. Wegen der hohen mechanischen Belastungen können dabei Schäden nicht ausgeschlossen werden. Für unseren 18-Zöller heißt das, dass wir der Vorsicht halber auf die äußersten Positionen 43 und 45 Grad West verzichten. Was uns nur ein Tv-programm kostet. Dadurch wird die Betriebssicherheit enorm gesteigert. Alternative: Größerer Motor.
Kosten
Eine Schubstangen-drehanlage ist nicht teuer. Für den Motor, das Steuergerät und den Polarmount muss man etwa 120 Euro vorsehen. Hinzu kommen noch die Kosten für die Steuerleitung. Richtwert: rund 0,80 Euro pro Meter. Zum Vergleich: Für stabile Diseqc-motoren muss man auch ab etwa 100 Euro rechnen. Für unsere Anwendungen waren sie dennoch zu schwach.