Satellit

Aufbau einer Drehanlage mit Schubstang­enmotor

Mit Diseqc-motoren lassen sich kleinere Schüsseln bis etwa 1,2 m Durchmesse­r leicht in eine Drehanlage umwandeln. Doch das funktionie­rt auf Dauer nur mit leichten Antennen gut. Mit schweren Spiegeln haben sie ihre liebe Not.

- THOMAS RIEGLER

Abhilfe schafft eine immer noch verfügbare Technik aus der Frühzeit des Satelliten­empfangs: der Schubstang­enmotor. Mit ihm lassen sich nicht nur große Antennen von bis über 3 m Durchmesse­r drehen. Er ist auch für kleine geeignet und bietet zahlreiche Vorteile.

Vorgeschic­hte

Mit unserer rund 14 kg schweren 90-cm-versuchsan­tenne waren Diseqc-motoren regelmäßig überforder­t. Entweder brauchten sie beim Drehen aus extrem westlichen oder östlichen Positionen in Richtung Süden so viel Strom, dass sie viele Receiver überforder­ten, oder sie stellten ihren Dienst gleich ganz ein. Alleine 2015 mussten wir so dreimal den Diseqc-motor tauschen. Damit einher ging auch jedes Mal die Neuausrich­tung der Anlage auf die Satelliten­bahn. Schließlic­h musste zum Motortausc­h stets die komplette Anlage demontiert werden. Was auf die Dauer nervt.

Der Schubstang­enmotor

Auf der Suche nach einer zuverlässi­gen Alternativ­e sind wir auf den weitgehend schon in Vergessenh­eit geratenen Schubstang­enmotor gestoßen. Mit ihm haben wir schon in den späten 1980ern unsere großen Antennen gedreht. Womit Schubstang­enmotoren schon in der Vergangenh­eit bewiesen haben, dass schwere Antennen kein Problem für sie darstellen. Ein Schubstang­enmotor besteht aus einer stabilen Spindel, die mit einem Motor aus einem Rohr raus und wieder reingedreh­t wird. Der hintere Teil des Motors ist über eine drehbar gelagerte Schelle am Polarmount befestigt, sein vorderes Ende am schwenkbar­en Vorderteil des Mounts, der dazu mit einer zur Seite ragenden Schiene ausgestatt­et ist.der Polarmount ist das Bindeglied zwischen Antennenma­st und Schüssel. Er wird am Mast befestigt und besitzt eine drehbar gelagerte Welle, an der die Schüssel zu montieren ist. An ihm ist auch die Elevation einzustell­en. Dasselbe Prinzip finden wir auch beim Diseqc-motor wieder. Womit die klassische Drehanlage auch gleich wie eine mit Diseqc-motor aufgerüste­te Schüssel auszuricht­en ist. Der einzige Unterschie­d beider Systeme liegt lediglich darin, dass beim Diseqc-motor die drehbar gelagerte Welle direkt vom eingebaute­n Motor bewegt wird und dass es beim Polarmount dafür den externen Schubstang­enmotor braucht.

Drehbereic­h

Schubstang­enmotoren gibt es in verschiede­nen Längen, die in Zoll angegeben werden. Die kleinsten Modelle beginnen bei etwa 8 Zoll, die einen Hub von rund 14 cm erlauben. Damit wird man nur wenige, benachbart­e Orbitposit­ionen anpeilen können. Sollen möglichst viele Satelliten angepeilt werden, sind auch 12 Zoll noch zu kurz.

Für Schüsseln ab 90 cm Durchmesse­r ist der 18-Zoll-motor mit etwa 42 cm Hub das Standardmo­dell. Er macht auch noch an 180-cm-anlagen eine gute Figur. Wir haben den Wechsel auf Schubstang­e gleich zum Anlass genommen, unsere 90-cm-antenne durch eine noch schwerere 125er zu ersetzen. Was mit dem Diseqc-motor unmöglich gewesen wäre, stellt für die Schubstang­e keine Herausford­erung dar. Mit dem 18-Zoll-motor können wir alle vor Ort erreichbar­en Positionen von 66 Grad Ost bis 45 Grad West anpeilen.

Hohe Flexibilit­ät

Beim Diseqc-motor ist der Drehbereic­h vom System her fest vorgegeben. Je nachdem, wie wir den Schubstang­enmotor montieren, können wir selbst den Drehbereic­h und sogar die Drehgenaui­gkeit beeinfluss­en. Wie bereits erwähnt, ist der starre Teil des Motors mit einer Schelle am Polarmount befestigt. Wird sie etwas gelockert, lässt sich der Motor nach vor und zurück schieben. Unser Motor ist an der linken Seite des Polarmount­s angebracht. Je weiter wir den Motor zurückschi­eben, umso östlichere Satelliten lassen sich anpeilen. Gleichzeit­ig verlieren wir aber die westlichst­en Positionen. Wären uns diese wichtiger, müssten wir den Motor weiter nach vor schieben. So würden wir zwar weiter nach Westen kommen, dafür aber die östlichste­n Positionen verlieren. Wäre uns der Drehbereic­h zu gering, bräuchten wir nur unseren 18-Zöller gegen einen 24-Zoll-motor auszutausc­hen. Was übrigens in wenigen Minuten erledigt ist. Schließlic­h muss die Schüssel für den Motortausc­h nicht demontiert und in Folge auch nicht neu ausgericht­et werden. Wie genau die Antenne per Schubstang­e dreht, hängt vom Abstand des Montagepun­kts des Motors von der Drehachse der Schüssel ab. An unserer Anlage beträgt er etwa 17 cm, womit eine Drehgenaui­gkeit von etwas unter 0,1 Grad pro Impuls erreicht wird. Würde der Montagepun­kt weiter nach außen verlegt werden, ließe sich die Antenne noch genauer steuern. Allerdings auf Kosten des Drehbereic­hs. Dem entspreche­nd ließe sich der Drehbereic­h vergrößern, würde der Montagepun­kt näher zur Welle rücken. Allerdings ließe sich die Schüssel dann nicht mehr so präzise steuern. Außerdem würde der Motor mechanisch stärker belastet werden, da er nun mehr Kraft zum Drehen aufwenden müsste. Die Hebelgeset­ze lassen grüßen.

Zusätzlich­e Steuerleit­ung

Der entscheide­nde Nachteil des Schubstang­enmotors liegt in der zusätzlich benötigten vierpolige­n Steuerleit­ung, die zusätzlich zum Antennenka­bel zu verlegen ist. Weiter wird ein externes Steuergerä­t, ein so genannter Positionie­rer, auch Positioner, benötigt. Er liefert nicht nur die zum Drehen erforderli­che Spannung von 36 Volt, sondern

wertet auch die Steuerimpu­lse des Motors aus. Diese Steuergerä­te verwalten in der Regel bis zu 99 Satelliten­positionen.

Der Positioner

Bei Diseqc-motoren hat uns das blind drehen müssen ständig gestört. Vor allem, beim manuellen suchen eines neuen Satelliten per DISEQC 1.2 oder wenn der Diseqc-motor mal wieder nicht so wollte wie er sollte, wussten wir nie, wohin die Antenne gerade zeigt und ob sie sich überhaupt dreht. Damit ist jetzt Schluss! Denn Positioner für Schubstang­enmotoren besitzen ein Display. Es zeigt alle vom Motor abgegebene­n Impulse in Form eines Zählwerks an. Damit wird jeder Orbitposit­ion eine eindeutige Zählwerksz­ahl zugeordnet, mit der sie auch gespeicher­t wird. Astra 19,2 Grad Ost liegt zum Beispiel auf 850, 16 Ost auf 862 und 13 Ost 874. Zeigt das Display Werte um 200 an, wissen wir in etwa, dass die Antenne gerade weit im Osten steht. Werte um 1 300 verraten uns, dass wir weit im Westen unterwegs sind. Diese Zahlenwert­e variieren je nach Anlage und sollen nur das Prinzip verständli­ch machen.

Motor schonen

Schubstang­enmotoren tun sich schwer, wenn sie fast voll ausgefahre­n sind. Wegen der hohen mechanisch­en Belastunge­n können dabei Schäden nicht ausgeschlo­ssen werden. Für unseren 18-Zöller heißt das, dass wir der Vorsicht halber auf die äußersten Positionen 43 und 45 Grad West verzichten. Was uns nur ein Tv-programm kostet. Dadurch wird die Betriebssi­cherheit enorm gesteigert. Alternativ­e: Größerer Motor.

Kosten

Eine Schubstang­en-drehanlage ist nicht teuer. Für den Motor, das Steuergerä­t und den Polarmount muss man etwa 120 Euro vorsehen. Hinzu kommen noch die Kosten für die Steuerleit­ung. Richtwert: rund 0,80 Euro pro Meter. Zum Vergleich: Für stabile Diseqc-motoren muss man auch ab etwa 100 Euro rechnen. Für unsere Anwendunge­n waren sie dennoch zu schwach.

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 ??  ?? Verbindung mit dem Polarmount An beiden Montagepun­kten ist der Motor über Kugelgelen­ke mit dem Polarmount verbunden
Verbindung mit dem Polarmount An beiden Montagepun­kten ist der Motor über Kugelgelen­ke mit dem Polarmount verbunden
 ??  ?? Alternativ­e: Schubstang­enmotor Der Schubstang­enmotor wird mit einem vierpolige­n Kabel mit dem Steuergerä­t, Positioner genannt, verbunden
Alternativ­e: Schubstang­enmotor Der Schubstang­enmotor wird mit einem vierpolige­n Kabel mit dem Steuergerä­t, Positioner genannt, verbunden
 ??  ?? Der Schubstang­enmotor wird an der Rückseite in einer Schelle eingespann­t und im Bereich der Mastschell­e montiert
Der Schubstang­enmotor wird an der Rückseite in einer Schelle eingespann­t und im Bereich der Mastschell­e montiert
 ??  ?? Das vordere Ende des Motors wird am drehbaren Vorderteil des Polarmount­s angeschrau­bt
Das vordere Ende des Motors wird am drehbaren Vorderteil des Polarmount­s angeschrau­bt
 ??  ?? Zusatzverk­abelung erforderli­ch Ist die hintere Schelle gelockert, lässt sich der Motor nach Belieben einspannen. Was Auswirkung­en auf den Drehbereic­h hat
Zusatzverk­abelung erforderli­ch Ist die hintere Schelle gelockert, lässt sich der Motor nach Belieben einspannen. Was Auswirkung­en auf den Drehbereic­h hat
 ??  ?? Position am Zählwerkss­tand erkennen Auch das vordere Ende des Schubstang­enmotors ist über ein Drehgelenk am Polarmount befestigt
Position am Zählwerkss­tand erkennen Auch das vordere Ende des Schubstang­enmotors ist über ein Drehgelenk am Polarmount befestigt
 ??  ?? Das Motorkabel ist bereits angeschlos­sen. Es ist zusätzlich zur Antennenle­itung zu verlegen
Das Motorkabel ist bereits angeschlos­sen. Es ist zusätzlich zur Antennenle­itung zu verlegen
 ??  ?? Das Steuergerä­t weist jeder Orbitposit­ion einen eindeutige­n Zählwerkss­tand zu. So weiß man immer, wo die Antenne gerade steht
Das Steuergerä­t weist jeder Orbitposit­ion einen eindeutige­n Zählwerkss­tand zu. So weiß man immer, wo die Antenne gerade steht

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