RTL startet neuen Tv-sender
Streaming boomt mehr denn je, denn immer mehr Menschen lassen sich von den Möglichkeiten des zeitlich flexiblen Konsums begeistern. Dagegen wirkt das lineare Fernsehen fast schon antiquiert. RTL bringt nun mit Vox Up dennoch einen weiteren Free-tv-sender an den Start. Aber braucht es den überhaupt?
Seit das Thema Streaming immer mehr Fahrt aufnimmt, stellt sich in fast regelmäßigen Abständen die Frage, wie lange das lineare Fernsehen dieser Welle von neuem Sehverhalten noch standhalten kann. Ist lineares TV überhaupt noch zeitgemäß? Immerhin gehört es doch mittlerweile zum guten Ton, seine Nutzung an den eigenen Bedürfnissen ausrichten zu können und sich eben nicht mehr nach der steifen zeitlichen Planung richten zu müssen, die die Programmacher vorgeben. Meine Lieblingsserie wann und wo ich will, und so viel ich will – zeitliche Flexibilität und Bingewatching sind Komponenten, die das Fernsehen nicht bieten kann.
Ein Spin-off
RTL zumindest hat das lineare Fernsehen noch nicht aufgegeben und sich nun dazu entschlossen, einen weiteren
Free-tv-sender an den Start zu schicken. Dieser wird den Namen Vox Up tragen, zunächst via Satellit und später auch via Kabel und IPTV verbreitet werden und sich vom Programm her stark an der großen Schwester orientieren, von der sich auch der Name des jüngsten Familienmitglieds ableitet. Dementsprechend soll auch Vox Up in erster Linie eine weibliche Zielgruppe ansprechen. Der Name macht noch etwas anderes deutlich: Die Mediengruppe RTL bezeichnet den neuen Kanal selbst als „Spin-off“von Vox, der „erweiterte Schaufenster populärer Vox-formate“präsentieren soll. Kurz gesagt: Wofür auf Vox nur begrenzt Zeit ist, scheint auf Vox Up dann in längeren Sendestrecken ausgespielt zu werden. Als prominente Beispiele werden hier „Shopping Queen“und „Das perfekte Dinner“genannt – beides seit Jahren erfolgreich laufende Formate, die im Haupt
programm von Vox aber nur eine gute Stunde Sendezeit haben. Beiden Formaten wird auf dem neuen Kanal sicherlich mehr Platz eingeräumt.
Viel Zweitverwertung
Schaut man sich die erste Programmwoche an, bestätigt sich das: Im Tagesprogramm finden sich vor allem diverse pisoden von „Menschen, Tiere & Doktoren“, „Mieten, Kaufen, Wohnen“und „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“, die geschnürt in dreier oder vierer Paketen gleich mehrere Stunden am Stück bespielen – ganz nach dem Vorbild von Prosieben, wo seit Jahren die in Endlosschleife die immer gleichen Sitcomes durchgenudelt werden. Am Abend dürfen dann – ebenfalls im Block – verschiedene Serien und Shows ran, die schon beim Schwestersender erfolgreich waren: „Rizzoli & Isles“, „Law & Order: Special Victims Unit“oder „Sing meinen Song“und „Mein Traumhaus am Meer“. Vox Up wird aber auch älteren Kultserien ein neues Zuhause geben. So darf zum Beispiel zum Senderstart am 1. Dezember niemand geringeres als „Alley Mcbeal“den Abend bespielen. Auch Serien wie „Mcleods Töchter“sollen so zurück auf die Bildschirme gebracht werden. Zudem kündigte die Mediengruppe auch Eigenproduktionen für den neuen Sender an. Nähere Details nannte man aber noch nicht. Deutlich mehr Augenmerk legte RTL bei der Bekanntgabe seines neuen Projekts dagegen auf die künftige Vermarktung der Werbeflächen, für das man auf ein neues Modell setzt, bei dem wieder der Schwestersender Vox ins Spiel kommt. Denn die Werbeinseln beider Sender sollen gekoppelt werden, sodass auf beiden Kanälen zeitgleich dieselben Spots laufen. Für den Zuschauer dürfte das egal sein, denn der kuckt in der Regel eh nicht mehrere Programme zeitgleich. Für RTL eröffnet sich dagegen die Möglichkeit, noch mehr Geld aus der Werbung zu generieren .
Hat Vox Up eine Chance?
Die entscheidende Frage bleibt allerdings, ob der neue Sender aus dem Hause RTL tatsächlich eine Chance hat, zu überleben und sich zu behaupten. Denn auf dem Papier klingt die Idee, einen Sender mit den populärsten Formaten eines etablierten Kanals zu bespielen, immer gut. Der Erfolg scheint ja garantiert, immerhin haben die Inhalte schon einmal funktioniert. Doch ist deren Anziehungskraft groß genug, um einen eigenständigen Sender zu tragen? Vox Up ist der insgesamt neunte Freetv-sender von RTL. Neben den Hauptprogrammen gibt es etwa Kanäle für Männer, das ältere Publikum, Kinder, Nachrichten und mehr. Nun ein weiterer Frauensender, der quasi auch nur kopiert, was die große Schwester gut gemacht hat. Und zwar fast 1:1. Ob das gelingt? Bei RTL hat man – wenig überraschend – keine Zweifel: „Wir sind überzeugt: Es ist die richtige Zeit für einen neuen Fernsehsender“, so Inhalte-chef Stephan Schäfer.