Satellitenstarts 2024
Die goldenen Jahre des Satellitengeschäfts sind vorbei. Vor allem bei der Übertragung von TV- und Radiosendern an Endkonsumenten ist ein Rückgang zu spüren. Dementsprechend tun sich Betreiber schwer, ihre in die Jahre gekommenen Flotten zu erneuern. Einige Satellitenstarts gibt es in den kommenden Monaten aber dennoch.
Ausgebuchte Satelliten, das war einmal. Heute verlieren die Satellitenbetreiber zunehmend ihre Kunden an leistungsstarke Glasfaserleitungen und an das Streaming. Beispiele dafür gibt es genügend. So etwa ausländische Pay-tv-anbieter, die sich zu Streamingplattformen umgewandelt haben. Dasselbe trifft auch auf kleine und neue Fernsehsender zu, für die eine Satellitenabstrahlung nicht finanzierbar wäre. Beispiele dafür gibt es genügend. Auch in Deutschland. Zu ihnen zählen unter anderem mehrere bayerische Lokalsender und diverse Fast-channels.
Weiter ist das Geschäft mit den Videoüberspielungen zurückgegangen. Vermehrt nutzen Auslandskorrespondenten und Reporter nur noch das Smartphone, etwa für ihre Live-einstiege in die großen Nachrichtensendungen. Die damit verbundene mitunter stark schwankende Bildqualität und immer wiederkehrende Aussetzer haben wir alle schon gesehen. Früher wäre so etwas bei den etablierten Tv-sendern ein No-go gewesen. Dieser Vorsatz ist aber dem Spargedanken zum Opfer gefallen. Zudem dürften die Satellitenbetreiber unter der nicht einsetzenden Nachfrage nach Uhd-übertragungskapazitäten leiden. Ultrahochauflösende Inhalte findet man heute, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur auf Streaming-plattformen. Aber selbst da nicht in Form linearer Tv-kanäle.
Satelliten ausreizen
Die Lebensdauer eines Satelliten beträgt rund 15 Jahre. Sie ist im Wesentlichen durch den zur Neige gehenden mitgeführten Treibstoff begründet. Er wird benötigt, um ihn auf Position zu halten. Da die Erde keine perfekte Kugelform aufweist, wandern die geostationären Satelliten langsam aber sicher tendenziell nach Osten. Womit immer wiederkehrende Bahnkorrekturen vonnöten sind. Da die Satelliten üblicherweise auch zu ihrem Lebensende technisch noch okay sind, versucht man sie in Betrieb zu halten, solange es nur irgendwie geht. Dies erreicht man etwa, indem man die Bahnkorrekturen auf das absolut Notwendige begrenzt. Zudem finden wir auf dem europäischen Satellitenhimmel zwei Extrembeispiele, wie sich die Einsatzdauer eines Satelliten verlängern lässt. Der auf 27,5 Grad West positionierte Intelsat 901 wurde 2001 gestartet. Er war für eine Einsatzdauer von 13 Jahren vorgesehen. Im August 2020 wurde an ihm ein so genannter Antriebssatellit, Typenbezeichnung MEV-1, angedockt. Dieser besitzt ausschließlich eine Antriebseinheit und keine technische Nutzlast. MEV-1 hat sich mit einem Greifarm im Triebwerk des Intelsat 901 verspreizt, sodass eine starre Verbindung zwischen beiden hergestellt wurde. Der Treibstoffvorrat des MEV-1 soll Intelsat 901 jedenfalls bis 2025 in Einsatz halten. Im
April 2021 wurde der auf 1 Grad West stationierte, 2004 gestartete Intelsat 10-02 ebenfalls mit einer zusätzlichen Antriebseinheit MEV-2 ausgestattet. Mit ihr wird der Satellit bis 2026 in Betrieb bleiben.
Satelliten verschieben
Früher waren die Satellitenbetreiber stolz, neue Satelliten für ihre Flotten ankündigen zu können. Inzwischen
scheuen sie sich angesichts der unsicheren Zukunftsaussichten davor, neue Satelliten in Auftrag zu geben.
Nicht zu unrecht. Nachdem die Auslastung vieler Satelliten während der vergangenen Jahre merklich zurückgegangen ist, wurden inzwischen jahrelang genutzte Orbitpositionen sogar schon aufgegeben. So wurde etwa der auf 31,5 Grad Ost positionierte Astra 5B auf 23,5 Grad Ost verschoben, wo er nun als Astra 3C den 2010 gestarteten Astra 3B unterstützt. Astra 3B wird seine geplante Lebensdauer 2025 erreicht haben. Astra 3C ist immerhin um vier Jahre jünger und gibt der unter anderem für die Benelux-länder wichtigen Position eine Gnadenfrist von zumindest drei Jahren.
Astra 1P und 1Q
Der für uns wichtigste Satellitenstart des Jahres sollte mit Astra 1P Ende September über die Bühne gehen.
Der neue für 19,2 Grad Ost vorgesehene Satellit soll mit einer Falcon-9-rakete von Cape Canaveral aus ins All befördert werden. Mit seiner Inbetriebnahme ist ab dem Frühjahr 2025 zu rechnen. Vermutlich Anfang 2025 soll auch noch Astra 1Q gestartet werden. Die beiden neuen Satelliten sollen die vier bisherigen auf 19,2 Grad Ost ersetzen. Wie viele Transponder die beiden neuen Astras an Bord haben werden, ist bislang nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass es weniger sein werden, als aktuell auf 19,2 Grad Ost zur Verfügung stehen. Die 2006, 2007 und 2008 gestarteten Astras 1KR, 1L und 1M haben ihre vorgesehene Lebensdauer von je 15 Jahren bereits um bis zu drei Jahre überschritten. Lediglich der 2011 gestartete Astra 1M wird sie erst 2026 erreicht haben.
Türksat 6A
Bereits für den Juni 2024 ist der Start des neuen Türksat 6A vorgesehen, wofür ebenfalls eine Falcon 9 in Cape Canaveral zum Einsatz kommen soll. Er soll die Position 42 Grad Ost verstärken, wo sich bereits drei Türksats befinden. Welche Aufgaben Türksat 6A übernehmen wird, ist fraglich. Zwar würde der 2008 gestartete Türksat 3A ein potenzieller Kandidat sein, ersetzt zu werden. Allerdings befindet sich auf 42 Grad Ost neben dem zehn Jahre alten Türksat 4A auch Türksat 5B, der erst Ende 2021 in eine Umlaufbahn gebracht wurde.
Auf ihm sind gerade einmal zwei Transponder in Betrieb. Gut möglich, dass die Satelliten auch militärische Nutzlasten an Bord haben, von denen die Öffentlichkeit freilich nichts weiß. Türksat 6A soll über 20 Ku-bandTransponder und weitere im Ka-band verfügen. Weiter soll er mit Übertragungskapazitäten im Q-band, einem Frequenzbereich zwischen 33 und 50 GHZ und dem Vband, das sich zwischen 40 und 75 GHZ erstreckt, ausgestattet sein.
Paksat MM1
Paksat MM1 soll im Juli 2024 gestartet werden und die Position 38,2 Grad Ost einnehmen. Der Satellit soll über 20 Ku-, 13 Ka- und 10 C-band-transponder verfügen. Es ist anzunehmen, dass der Satellit den auf 38 Grad
Ost positionierten Paksat 1R ablösen soll, der gerade dabei ist, sein Lebensende zu erreichen. Zumindest das C-band des Paksat MM1R sollte auch in unseren Breiten, zumindest für Dxer mit geeignetem Equipment, empfangbar sein.
Omansat 1
Ein spannender Satellit könnte Omansat 1 werden. Soweit der Betreiberhomepage zu entnehmen ist, soll der Satellit zeitnah, anzunehmen ist, während der kommenden Monate, gestartet werden. Weiter verrät sie, dass es ein Ka-band-satellit mit mehreren Spotbeams sein wird, der eine Mehrfachnutzung des Frequenzspektrums zulässt. Zur Ausleuchtzone gibt es nur vage Informationen. Sie soll nur regional sein. Andererseits soll auch die Möglichkeit bestehen, Nachbarländer zu erreichen. Andererseits wird erwähnt, dass Omansat 1 in allen für den Oman relevanten Regionen verfügbar sein soll. Einer groben Footprint-karte entsprechend, könnte der Satellit auch weite Teile Europas und Afrikas erreichen. Zur vorgesehenen Orbitposition meint die Homepage nur, dass sie erstklassig mit einer guten Empfangbarkeit im Zielgebiet sein soll. Ob damit der Bereich um 26 Grad Ost gemeint sein kann? Alleine vom Sichtbereich aus dem geostationären Orbit könnte es auch eine beliebige andere Position bis etwa 50 Grad Ost sein.
G-sat Satelliten
Die G-sats sind indische Kommunikationssatelliten.
Die meisten G-sats befinden sich außerhalb unseres östlichen Sichtbereichs. Zumindest 83 Grad Ost, wo drei G-sats ihren Dienst versehen, kann bei uns unter optimalen topografischen Bedingungen gerade noch erreicht werden. Diese Orbitposition soll mit G-sat 32 verstärkt werden, der Ende 2024 starten soll. G-sat 20 ist zwar für 55 Grad Ost vorgesehen, auf dem bereits zwei G-sats ihren Dienst versehen, dürfte aber in erster Linie für Datendienste genutzt werden. Bei ihm handelt es sich um einen Ka-band-satelliten mit 80 Spotbeams. Nachdem bislang keine Footprints bekannt sind, ist davon auszugehen, dass G-sat 20 bei uns nicht empfangbar ist. Zu den vier weiteren, ab Juni 2024 zu startenden Satelliten G-sat 22, 23, 7C und 7R ist fast nichts bekannt. Die beiden letztgenannten sind aber der indischen Navy zuzuschreiben. Womit ersichtlich wird, dass G-sat-satelliten längst nicht nur für TV und zivile Datenübertragungen genutzt werden.
Intelsats
2024 oder 2025 sollen auch die beiden Intelsats 42 und 43 mit einer Falcon 9 von Florida aus gestartet werden. Für welche Positionen sie vorgesehen sind, ist noch nicht bekannt. Potentielle Kandidaten dafür gäbe es aber meh
rere. Vor allem die 27,5 Grad West, die von Intelsat seit 1965 genutzt wird und der dort aktuell geparkte Intelsat 901 allmählich das Ende seiner bereits verlängerten Einsatzdauer erreicht. Weiter würde sich auf 45 Grad West Intelsat 14 für einen Tausch anbieten. Der 2009 gestartete Satellit versorgt zwar primär Südamerika mit TV, verfügt aber auch über einen Europa-beam. Auch die Intelsats 10-02 auf 1 Grad West und 20 auf 68,5 Grad Ost wären unter anderem potenzielle Kandidaten.
Viasat-3 EMEA
Zu Viasat-3 ist nur wenig bekannt. Der Satellit soll im März gestartet werden und ist Teil eines aus drei Kaband-satelliten bestehenden weltumspannenden Netzwerks, über das Breitbandverbindungen mit Geschwindigkeiten von mehr als 100 Mbit/s unter anderem für Privathaushalte, kommerzielle und staatliche Flugzeuge, Regierungen und Streitkräften zur Verfügung gestellt werden sollen.
Die genaue Orbitposition des Viasat-3 wurde noch nicht kommuniziert. Sehr wohl aber sein Einsatzgebiet durch seine Zusatzbezeichnung EMEA. Was für Europa, den Mittleren Osten und Afrika steht. Viasat-3 soll vom Cape Canaveral, Florida, mit einer Atlas-rakete ins All befördert werden.