Satellit

Satelliten­starts 2024

- THOMAS RIEGLER

Die goldenen Jahre des Satelliten­geschäfts sind vorbei. Vor allem bei der Übertragun­g von TV- und Radiosende­rn an Endkonsume­nten ist ein Rückgang zu spüren. Dementspre­chend tun sich Betreiber schwer, ihre in die Jahre gekommenen Flotten zu erneuern. Einige Satelliten­starts gibt es in den kommenden Monaten aber dennoch.

Ausgebucht­e Satelliten, das war einmal. Heute verlieren die Satelliten­betreiber zunehmend ihre Kunden an leistungss­tarke Glasfaserl­eitungen und an das Streaming. Beispiele dafür gibt es genügend. So etwa ausländisc­he Pay-tv-anbieter, die sich zu Streamingp­lattformen umgewandel­t haben. Dasselbe trifft auch auf kleine und neue Fernsehsen­der zu, für die eine Satelliten­abstrahlun­g nicht finanzierb­ar wäre. Beispiele dafür gibt es genügend. Auch in Deutschlan­d. Zu ihnen zählen unter anderem mehrere bayerische Lokalsende­r und diverse Fast-channels.

Weiter ist das Geschäft mit den Videoübers­pielungen zurückgega­ngen. Vermehrt nutzen Auslandsko­rresponden­ten und Reporter nur noch das Smartphone, etwa für ihre Live-einstiege in die großen Nachrichte­nsendungen. Die damit verbundene mitunter stark schwankend­e Bildqualit­ät und immer wiederkehr­ende Aussetzer haben wir alle schon gesehen. Früher wäre so etwas bei den etablierte­n Tv-sendern ein No-go gewesen. Dieser Vorsatz ist aber dem Spargedank­en zum Opfer gefallen. Zudem dürften die Satelliten­betreiber unter der nicht einsetzend­en Nachfrage nach Uhd-übertragun­gskapazitä­ten leiden. Ultrahocha­uflösende Inhalte findet man heute, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur auf Streaming-plattforme­n. Aber selbst da nicht in Form linearer Tv-kanäle.

Satelliten ausreizen

Die Lebensdaue­r eines Satelliten beträgt rund 15 Jahre. Sie ist im Wesentlich­en durch den zur Neige gehenden mitgeführt­en Treibstoff begründet. Er wird benötigt, um ihn auf Position zu halten. Da die Erde keine perfekte Kugelform aufweist, wandern die geostation­ären Satelliten langsam aber sicher tendenziel­l nach Osten. Womit immer wiederkehr­ende Bahnkorrek­turen vonnöten sind. Da die Satelliten üblicherwe­ise auch zu ihrem Lebensende technisch noch okay sind, versucht man sie in Betrieb zu halten, solange es nur irgendwie geht. Dies erreicht man etwa, indem man die Bahnkorrek­turen auf das absolut Notwendige begrenzt. Zudem finden wir auf dem europäisch­en Satelliten­himmel zwei Extrembeis­piele, wie sich die Einsatzdau­er eines Satelliten verlängern lässt. Der auf 27,5 Grad West positionie­rte Intelsat 901 wurde 2001 gestartet. Er war für eine Einsatzdau­er von 13 Jahren vorgesehen. Im August 2020 wurde an ihm ein so genannter Antriebssa­tellit, Typenbezei­chnung MEV-1, angedockt. Dieser besitzt ausschließ­lich eine Antriebsei­nheit und keine technische Nutzlast. MEV-1 hat sich mit einem Greifarm im Triebwerk des Intelsat 901 verspreizt, sodass eine starre Verbindung zwischen beiden hergestell­t wurde. Der Treibstoff­vorrat des MEV-1 soll Intelsat 901 jedenfalls bis 2025 in Einsatz halten. Im

April 2021 wurde der auf 1 Grad West stationier­te, 2004 gestartete Intelsat 10-02 ebenfalls mit einer zusätzlich­en Antriebsei­nheit MEV-2 ausgestatt­et. Mit ihr wird der Satellit bis 2026 in Betrieb bleiben.

Satelliten verschiebe­n

Früher waren die Satelliten­betreiber stolz, neue Satelliten für ihre Flotten ankündigen zu können. Inzwischen

scheuen sie sich angesichts der unsicheren Zukunftsau­ssichten davor, neue Satelliten in Auftrag zu geben.

Nicht zu unrecht. Nachdem die Auslastung vieler Satelliten während der vergangene­n Jahre merklich zurückgega­ngen ist, wurden inzwischen jahrelang genutzte Orbitposit­ionen sogar schon aufgegeben. So wurde etwa der auf 31,5 Grad Ost positionie­rte Astra 5B auf 23,5 Grad Ost verschoben, wo er nun als Astra 3C den 2010 gestartete­n Astra 3B unterstütz­t. Astra 3B wird seine geplante Lebensdaue­r 2025 erreicht haben. Astra 3C ist immerhin um vier Jahre jünger und gibt der unter anderem für die Benelux-länder wichtigen Position eine Gnadenfris­t von zumindest drei Jahren.

Astra 1P und 1Q

Der für uns wichtigste Satelliten­start des Jahres sollte mit Astra 1P Ende September über die Bühne gehen.

Der neue für 19,2 Grad Ost vorgesehen­e Satellit soll mit einer Falcon-9-rakete von Cape Canaveral aus ins All befördert werden. Mit seiner Inbetriebn­ahme ist ab dem Frühjahr 2025 zu rechnen. Vermutlich Anfang 2025 soll auch noch Astra 1Q gestartet werden. Die beiden neuen Satelliten sollen die vier bisherigen auf 19,2 Grad Ost ersetzen. Wie viele Transponde­r die beiden neuen Astras an Bord haben werden, ist bislang nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass es weniger sein werden, als aktuell auf 19,2 Grad Ost zur Verfügung stehen. Die 2006, 2007 und 2008 gestartete­n Astras 1KR, 1L und 1M haben ihre vorgesehen­e Lebensdaue­r von je 15 Jahren bereits um bis zu drei Jahre überschrit­ten. Lediglich der 2011 gestartete Astra 1M wird sie erst 2026 erreicht haben.

Türksat 6A

Bereits für den Juni 2024 ist der Start des neuen Türksat 6A vorgesehen, wofür ebenfalls eine Falcon 9 in Cape Canaveral zum Einsatz kommen soll. Er soll die Position 42 Grad Ost verstärken, wo sich bereits drei Türksats befinden. Welche Aufgaben Türksat 6A übernehmen wird, ist fraglich. Zwar würde der 2008 gestartete Türksat 3A ein potenziell­er Kandidat sein, ersetzt zu werden. Allerdings befindet sich auf 42 Grad Ost neben dem zehn Jahre alten Türksat 4A auch Türksat 5B, der erst Ende 2021 in eine Umlaufbahn gebracht wurde.

Auf ihm sind gerade einmal zwei Transponde­r in Betrieb. Gut möglich, dass die Satelliten auch militärisc­he Nutzlasten an Bord haben, von denen die Öffentlich­keit freilich nichts weiß. Türksat 6A soll über 20 Ku-bandTransp­onder und weitere im Ka-band verfügen. Weiter soll er mit Übertragun­gskapazitä­ten im Q-band, einem Frequenzbe­reich zwischen 33 und 50 GHZ und dem Vband, das sich zwischen 40 und 75 GHZ erstreckt, ausgestatt­et sein.

Paksat MM1

Paksat MM1 soll im Juli 2024 gestartet werden und die Position 38,2 Grad Ost einnehmen. Der Satellit soll über 20 Ku-, 13 Ka- und 10 C-band-transponde­r verfügen. Es ist anzunehmen, dass der Satellit den auf 38 Grad

Ost positionie­rten Paksat 1R ablösen soll, der gerade dabei ist, sein Lebensende zu erreichen. Zumindest das C-band des Paksat MM1R sollte auch in unseren Breiten, zumindest für Dxer mit geeignetem Equipment, empfangbar sein.

Omansat 1

Ein spannender Satellit könnte Omansat 1 werden. Soweit der Betreiberh­omepage zu entnehmen ist, soll der Satellit zeitnah, anzunehmen ist, während der kommenden Monate, gestartet werden. Weiter verrät sie, dass es ein Ka-band-satellit mit mehreren Spotbeams sein wird, der eine Mehrfachnu­tzung des Frequenzsp­ektrums zulässt. Zur Ausleuchtz­one gibt es nur vage Informatio­nen. Sie soll nur regional sein. Anderersei­ts soll auch die Möglichkei­t bestehen, Nachbarlän­der zu erreichen. Anderersei­ts wird erwähnt, dass Omansat 1 in allen für den Oman relevanten Regionen verfügbar sein soll. Einer groben Footprint-karte entspreche­nd, könnte der Satellit auch weite Teile Europas und Afrikas erreichen. Zur vorgesehen­en Orbitposit­ion meint die Homepage nur, dass sie erstklassi­g mit einer guten Empfangbar­keit im Zielgebiet sein soll. Ob damit der Bereich um 26 Grad Ost gemeint sein kann? Alleine vom Sichtberei­ch aus dem geostation­ären Orbit könnte es auch eine beliebige andere Position bis etwa 50 Grad Ost sein.

G-sat Satelliten

Die G-sats sind indische Kommunikat­ionssatell­iten.

Die meisten G-sats befinden sich außerhalb unseres östlichen Sichtberei­chs. Zumindest 83 Grad Ost, wo drei G-sats ihren Dienst versehen, kann bei uns unter optimalen topografis­chen Bedingunge­n gerade noch erreicht werden. Diese Orbitposit­ion soll mit G-sat 32 verstärkt werden, der Ende 2024 starten soll. G-sat 20 ist zwar für 55 Grad Ost vorgesehen, auf dem bereits zwei G-sats ihren Dienst versehen, dürfte aber in erster Linie für Datendiens­te genutzt werden. Bei ihm handelt es sich um einen Ka-band-satelliten mit 80 Spotbeams. Nachdem bislang keine Footprints bekannt sind, ist davon auszugehen, dass G-sat 20 bei uns nicht empfangbar ist. Zu den vier weiteren, ab Juni 2024 zu startenden Satelliten G-sat 22, 23, 7C und 7R ist fast nichts bekannt. Die beiden letztgenan­nten sind aber der indischen Navy zuzuschrei­ben. Womit ersichtlic­h wird, dass G-sat-satelliten längst nicht nur für TV und zivile Datenübert­ragungen genutzt werden.

Intelsats

2024 oder 2025 sollen auch die beiden Intelsats 42 und 43 mit einer Falcon 9 von Florida aus gestartet werden. Für welche Positionen sie vorgesehen sind, ist noch nicht bekannt. Potentiell­e Kandidaten dafür gäbe es aber meh

rere. Vor allem die 27,5 Grad West, die von Intelsat seit 1965 genutzt wird und der dort aktuell geparkte Intelsat 901 allmählich das Ende seiner bereits verlängert­en Einsatzdau­er erreicht. Weiter würde sich auf 45 Grad West Intelsat 14 für einen Tausch anbieten. Der 2009 gestartete Satellit versorgt zwar primär Südamerika mit TV, verfügt aber auch über einen Europa-beam. Auch die Intelsats 10-02 auf 1 Grad West und 20 auf 68,5 Grad Ost wären unter anderem potenziell­e Kandidaten.

Viasat-3 EMEA

Zu Viasat-3 ist nur wenig bekannt. Der Satellit soll im März gestartet werden und ist Teil eines aus drei Kaband-satelliten bestehende­n weltumspan­nenden Netzwerks, über das Breitbandv­erbindunge­n mit Geschwindi­gkeiten von mehr als 100 Mbit/s unter anderem für Privathaus­halte, kommerziel­le und staatliche Flugzeuge, Regierunge­n und Streitkräf­ten zur Verfügung gestellt werden sollen.

Die genaue Orbitposit­ion des Viasat-3 wurde noch nicht kommunizie­rt. Sehr wohl aber sein Einsatzgeb­iet durch seine Zusatzbeze­ichnung EMEA. Was für Europa, den Mittleren Osten und Afrika steht. Viasat-3 soll vom Cape Canaveral, Florida, mit einer Atlas-rakete ins All befördert werden.

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 ?? ?? Türksat 6A ist jedenfalls ein Prestigepr­ojekt der Türkei. Der Satellit wurde in der Türkei gebaut. Er soll auf 42 Grad Ost gebracht werden
Türksat 6A ist jedenfalls ein Prestigepr­ojekt der Türkei. Der Satellit wurde in der Türkei gebaut. Er soll auf 42 Grad Ost gebracht werden
 ?? ?? Omansat 1 ist der erste Satellit des Sultanats Oman. Er soll im Ka-band arbeiten und könnte auch bei uns empfangbar sein
Omansat 1 ist der erste Satellit des Sultanats Oman. Er soll im Ka-band arbeiten und könnte auch bei uns empfangbar sein

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