Früher auf die Wirtschaftsschule
Bildung Die Augsburger Einrichtung nimmt an einem Versuch teil. Damit soll der Druck von Eltern genommen werden, die überlegen, wohin ihr Kind nach der Grundschule wechseln soll
Die Reischlesche Wirtschaftsschule (RWS) ist eine von elf Wirtschaftsschulen in Bayern, die an einem Schulversuch teilnehmen: Ab dem kommenden Schuljahr 2017/2018 können Schüler aus der 5. in die 6. Klasse der RWS übertreten. Darin sieht Schulleiter Bernhard Dachser viele Vorteile. Etwa dass sich Eltern und Kinder nicht mehr am Ende der 4. Klasse entscheiden müssen, wie es weitergeht. „Die Kinder können sich noch ein Jahr an der Mittelschule entwickeln. Die Überflieger sind dann ohnehin schon ans Gymnasium gewechselt“, sagt er.
Die städtische Schule gibt es seit 1905. In fünf (neu), vier, drei oder zwei Jahren, je nachdem aus welcher Schulart und in welchem Alter sie übertreten, können Schüler den Wirtschaftsschulabschluss erhalten – eine Form der mittleren Reife. „Unser Angebot ist eine ideale Vorbereitung auf einen kaufmännischen Beruf. In fünf Übungsunternehmen lernen unsere Schüler in realistischen Situationen für die berufliche Praxis. Dabei üben sie sich beispielsweise in der Abwicklung von Einkauf, Verkauf, Marketing oder Personalwesen“, erklärt Dachser.
Dennoch ist die Schulart eine Nische. Bayernweit gibt es gerade einmal 80 Wirtschaftsschulen. Mit dem Schulversuch sollen die Schüler frühzeitig auf das Anforderungsniveau einer Berufsfachschule vorbereitet werden. Es soll damit aber auch der Druck, der auf Eltern und ihren Kinder in der 4. Klasse lastet, genommen werden. Schulleiter Dachser weiß, dass die richtungsweisenden Entscheidungen am Ende der Grundschulzeit nicht immer von Erfolg gekrönt sind. „In den vergangenen drei Schuljahren haben wir an der RWS 153 Schüler aufgenommen, die an Gymnasien und Realschulen gescheitert sind. Das bedeutet in 153 Fällen, dass nach der 4. Klasse eine unglückliche Entscheidung getroffen wurde.“Wenn ein Schulwechsel erzwungen wird, weil sich der zuvor eingeschlagene Schulweg als falsch herausstellte, würden vor allem auch die Kinder unter dem Misserfolg leiden.
Etwa die Hälfte der Wirtschaftsschulabsolventen erlernt im Anschluss einen Beruf, die andere Hälfte besucht eine weiterführende Schule. Dachser: „2016 haben bei uns 173 Schüler ihren Abschluss gemacht. Allein 66 von ihnen sind danach auf die FOS gegangen.“
Bildungsreferent Hermann Köhler (CSU) freut sich, dass die RWS an dem Schulversuch teilnehmen kann: „Das zusätzliche fünfstufige Angebot erweitert und stärkt das bisherige Schulprofil der RWS. Darüber hinaus bietet es Schülern, die sich aus unterschiedlichen Gründen erst nach der 5. Klasse für eine weiterführende Schule entscheiden, ohne Wiederholungsjahr eine weitere Option.“