Der Hüter der Grenzsteine
Feldgeschworene Theo Schorer hat eines der ältesten kommunalen Ehrenämter Bayerns inne. Er hilft bei Fragen von Erben oder Streit unter Nachbarn und unterstützt Vermessungsbeamte bei der Markierung neuer Grenzlinien
Bobingen Theo Schorer übt eine Tätigkeit aus, die in der Bevölkerung nur wenig bekannt ist. „Viele Menschen wissen mit meiner Bezeichnung kaum etwas anzufangen“, bestätigt er. Nur in der Landwirtschaft sei sie geläufiger. Dabei reicht sein Amt bis ins Mittelalter zurück. Aber auch heute hat es noch eine wichtige Funktion, ist Mittler zwischen Behörde und Bürger, erfordert Akribie, Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit. Der 79-jährige Bobinger ist Feldgeschworener und sorgt damit für die Sicherung und Erhaltung von Grenzsteinen.
Feldgeschworene wirken bei der Vermessung und Abmarkung der Grundstücke vor Ort mit. Das sei die wichtigste Aufgabe, umschreibt Theo Schorer seine Tätigkeit. Er ist vor allem für das Anbringen, das Versetzen, das Erneuern, das Aufsuchen und das Entfernen von Grenzsteinen zuständig. „Daneben führen ich und meine Kollegen auch sogenannte Gemarkungsgrenzgänge durch“, erzählt er. Hier laufen die Feldgeschworenen einen Bereich der Grenzen zu den Nachbargemarkungen ab und führen eine Art Revision durch. Die letzte Begehung sei 2013 durchgeführt worden, berichtet Schorer. „Alles per Fuß.“Zur Zeit stehen unter anderem noch Waldberg und der südliche Teil von Straßberg zur Begehung an.
Die Aufgaben sind klar geregelt. Die Abmarkung werde grundsätzlich von Vermessungsbeamten vollzogen, erklärt er. Sie stelle einen Verwaltungsakt dar. „Wir wirken lediglich mit, sind kommunale Hilfsorgane. Bei Unstimmigkeiten haben wir keine Entscheidungsbefugnisse.“
In diesem Zusammenhang prüfe der Obmann der Feldgeschworenen – in Bobingen ist dies Josef Hartmann – ob es sich um eine Aufgabe im Zuständigkeitsbereich des Ehrenamts handelt oder ob ein Antrag beim Vermessungsamt gestellt werden muss. Die Verantwortung für die richtige und sachgemäße Vermessung liege jedoch bei der für die Abmarkung zuständige Behörde, so Schorer. Basis dafür seien das vorhandene Vermessungszahlenwerk und die sich daraus ergebenden Koordinaten. Feldgeschworene müssen neutral und zuverlässig sein, zuweilen aber auch Anpacken können. Neu zu setzende Grenzsteine sind aus Granit, messen circa zwölf Zentimeter im Quadrat, sind 50 bis 60 Zentimeter lang und weisen mit rund 20 Kilogramm ein ordentliches Gewicht auf. „Je nach Beschaffenheit des Bodens kommen auch Marken aus Eisenrohr zum Einsatz“, sagt Schorer. Sein Handwerkszeug sind Spaten, Stechstange, Pickel und Hammer. Überhaupt habe sich das Amt des Feldgeschworenen dem Wandel der modernen Zeit angepasst. „Geräte wie GPS werden aber von uns noch nicht eingesetzt.“
Theo Schorer ist seit rund eineinhalb Jahrzehnten Feldgeschworener. Er war in der Land- und Forstwirtschaft tätig. Dabei lernte er die Bedeutung der Abmarkungen beim damaligen Bau der Umgehungsstraßen und den damit verbundenen Flurbereinigungen kennen. „Als ich in den Ruhestand ging und die Landwirtschaft verpachtete, warb die Stadt mich als Feldgeschworenen an“, erinnert sich der 79-Jährige. Bestimmt worden sei er allerdings von den Feldgeschworenen selbst. Seitdem sei er mit Freude und Leidenschaft dabei und mittlerweile stellvertretender Obmann.
Nicht jeder kann Feldgeschworener werden. Immerhin wird das Ehrenamt auf Lebenszeit vergeben. Das verlangt einen guten Leumund und gute Ortskenntnis. Gerade ihre Kenntnis von Grenzlinien ist von großem Wert. Denn die Natur überwuchert zuweilen alte Grenzen, verändert mit der Zeit das Bild eines Waldes oder Wiesengrunds. Eigentümer von Grundstücken mögen wechseln und Beamte im Vermessungsamt ebenso. Da sind Erben froh, wenn sie einen Rat für die Suche nach Grenzen bekommen und nicht gleich zum Katasteramt müssen. Reich werden Feldgeschworene nicht. Für ihre Tätigkeit erhalten sie lediglich eine kleine Aufwandsentschädigung.
Die Verantwortung sei aber umso größer, bestätigt auch Theo Schorer. Stichwort: Grenzstreitereien zwischen Nachbarn. „Da geht es an der Grundstücksgrenze dann schon mal um einen halben Zentimeter.“Gerade hier seien bei den Feldgeschworenen einmal mehr Neutralität, Exaktheit und insbesondere Verschwiegenheit gefragt. „Damit tragen wir als Hüter der Grenzen zum nachbarschaftlichen Frieden bei und sind auch im Umfeld von Koordinatenkataster und digitalem Infosystem zeitgemäß“, bilanziert er.