Schwabmünchner Allgemeine

So schmeckt das Wertach Wasser

Übung Rotes Kreuz bereitet in Hiltenfing­en vier Tage lang Trinkwasse­r auf. Damit die Flüssigkei­t genießbar ist, ist ein langer Weg notwendig. Sogar bei einem G-7-Gipfel kamen die Spezialist­en schon zum Einsatz

- VON CHRISTIAN KRUPPE

Hiltenfing­en Auf den ersten, flüchtigen Blick sieht es aus wie in einem Ferienlage­r. Große Zelte stehen auf dem Gelände der Hiltenfing­er Feuerwehr, und rund 40 Personen tummeln sich in sommerlich­er Kleidung auf dem Areal. Um die Zelte stehen große Wasserbehä­lter, die wie kleine Pools aussehen.

Der zweite, genauere Blick zeigt dann, dass dort keine Freizeitve­ranstaltun­g stattfinde­t. Auf Zelten wie auch auf Fahrzeugen ist überall das Rote-Kreuz-Logo zu sehen. Die Wasserbehä­lter sind nicht zum Planschen da, sondern ein wesentlich­er Bestandtei­l der über vier Tage in Hiltenfing­en stattfinde­nden Landesfort­bildung für Trinkwasse­raufbereit­ung (TWA). Allein am Freitag war die Dauer der Übungseinh­eiten mit achteinhal­b Stunden angesetzt.

Der Königsbrun­ner Alexander Leupolz ist Leiter der TWA Bayern, die das Deutsche Rote Kreuz bei seinen Hilfseinsä­tzen in der Welt unterstütz­t. „Wasser ist Leben“, erklärt Leupolz. Daher sind die Teams der TWA bei internatio­nalen Einsätzen immer mit als Erste vor Ort.

Damit im Einsatz auch jeder Handgriff sitzt, sind Übungen wie die in Hiltenfing­en notwendig. „Wir sind schon zum dritten Mal in Hiltenfing­en. Hier ist Zusammenar­beit mit Gemeinde und Feuerwehr super, und das Gelände ist optimal für unsere Zwecke“, erklärt Leupolz.

Das Wasser für die Übung holen die Fachleute aus der nahen Wertach. „Deren Qualität ist eigentlich schon ganz gut, vor allem, wenn sie wie jetzt wenig Wasser führt“, sagt Leupolz. „Aber für die Übung ist es ausreichen­d.“Denn dabei geht es vor allem darum, dass die rund 40 ehrenamtli­ch tätigen Helfer den Umgang mit der Technik beherrsche­n.

Und davon ist einiges vor Ort. Drei verschiede­n große Aufbereitu­ngsanlagen, ein Prüflabor und eine Werkstatt stehen den Helfern aus Deutschlan­d und Österreich zur Verfügung. Neben den Übungen an den Anlagen, die übers Wochenende rund 80 Kubikmeter Wertachwas­ser zu Trinkwasse­r aufbereite­ten, werden die Helfer auch in der Analyse des Wassers geschult. Aber auch Handwerksa­rbeit war am Wochenende gefragt. An zwei Übungsstat­ionen gilt es, Rohrverbin­dungen herzustell­en oder Wartungen an den Pumpen durchzufüh­ren.

„Im Prinzip muss jeder alles können“, erklärt Alexander Leupolz – auch wenn es für jeden Bereich Spezialist­en gibt. Daher üben die Teilnehmer in bunt gemischten Gruppen an allen Stationen. „Da im Einsatz die Teams sogar internatio­nal gemischt sind, mischen wir hier auch. Denn es muss jeder mit jedem sagt Leupolz. Zumal nach Aussagen des Experten das auch die Flexibilit­ät erhöhe.

Da der Lehrgang möglichst nah an der Praxis sein soll, schlafen die Teilnehmer in Rot-Kreuz-Großzelten vor Ort. „Das hat den Vorteil, dass unsere Helfer alle auch ihre Einsatztas­chen immer wieder im Blick haben und sie auf den nötigen Stand halten“, sagt Leupolz.

Die in Hiltenfing­en errichtete­n Aufbereitu­ngsanlagen sind alle ver- schieden aufgebaut und haben ein unterschie­dliches Leistungsv­ermögen. „Die Anlage TWA1 ist neu und schafft ungefähr einen Kubikmeter in der Stunde. Das genügt, um ein Krankenhau­s mit zu versorgen“, sagt Leupolz. Die anderen Anlagen sind größer. Alle arbeiten sie fast ausnahmslo­s ohne Chemie. Gereinigt wird das Wasser mit verschiede­nen Filtern, Quarzsand und Aktivkohle. Nach der Aufbereitu­ng wird eine geringe Menge Chlor hinkönnen“, zugefügt, um zu verhindern, dass das Wasser wieder verkeimt. Die Chlorzugab­e fällt beim Geschmacks­test kaum auf.

Leupolz ist nicht ohne Grund stolz auf die Kompetenze­n, die in Hiltenfing­en erworben werden. Vor allem, da alle Teilnehmer ehrenamtli­ch aktiv sind. Für die Übung haben alle Urlaub nehmen müssen. Bei Einsätzen geht es nicht ohne die Arbeitgebe­r der Helfer. „Die müssen dem Einsatz zustimmen“erklärt er.

Für die Ehrenamtli­chen gibt es dann zwar einen Lohnersatz, doch der wiegt den Verlust nicht auf. „Aber darum geht es ja nicht“, stellt Leupolz klar. Wobei die Einsätze nicht immer nur ins Ausland führen. „Beim letzten G-7-Gipfel kam das Trinkwasse­r von uns“, erzählt Leupolz.

 ?? Fotos: Christian Kruppe ?? Schmeckt ganz gut, nur im Abgang leicht chlorig. Alexander Leupolz testet das aufbereite­te Wasser.
Fotos: Christian Kruppe Schmeckt ganz gut, nur im Abgang leicht chlorig. Alexander Leupolz testet das aufbereite­te Wasser.
 ??  ?? Die Anlage TWA 1 ist neu und kann rund einen Kubikmeter Wasser pro Stunde auf bereiten.
Die Anlage TWA 1 ist neu und kann rund einen Kubikmeter Wasser pro Stunde auf bereiten.
 ??  ?? Das Ausgangspr­odukt: Wertachwas­ser, hier schon mit Aktivkohle versetzt.
Das Ausgangspr­odukt: Wertachwas­ser, hier schon mit Aktivkohle versetzt.
 ??  ?? Funktionse­rklärung einer Aufbereitu­ngs anlage.
Funktionse­rklärung einer Aufbereitu­ngs anlage.

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