So schmeckt das Wertach Wasser
Übung Rotes Kreuz bereitet in Hiltenfingen vier Tage lang Trinkwasser auf. Damit die Flüssigkeit genießbar ist, ist ein langer Weg notwendig. Sogar bei einem G-7-Gipfel kamen die Spezialisten schon zum Einsatz
Hiltenfingen Auf den ersten, flüchtigen Blick sieht es aus wie in einem Ferienlager. Große Zelte stehen auf dem Gelände der Hiltenfinger Feuerwehr, und rund 40 Personen tummeln sich in sommerlicher Kleidung auf dem Areal. Um die Zelte stehen große Wasserbehälter, die wie kleine Pools aussehen.
Der zweite, genauere Blick zeigt dann, dass dort keine Freizeitveranstaltung stattfindet. Auf Zelten wie auch auf Fahrzeugen ist überall das Rote-Kreuz-Logo zu sehen. Die Wasserbehälter sind nicht zum Planschen da, sondern ein wesentlicher Bestandteil der über vier Tage in Hiltenfingen stattfindenden Landesfortbildung für Trinkwasseraufbereitung (TWA). Allein am Freitag war die Dauer der Übungseinheiten mit achteinhalb Stunden angesetzt.
Der Königsbrunner Alexander Leupolz ist Leiter der TWA Bayern, die das Deutsche Rote Kreuz bei seinen Hilfseinsätzen in der Welt unterstützt. „Wasser ist Leben“, erklärt Leupolz. Daher sind die Teams der TWA bei internationalen Einsätzen immer mit als Erste vor Ort.
Damit im Einsatz auch jeder Handgriff sitzt, sind Übungen wie die in Hiltenfingen notwendig. „Wir sind schon zum dritten Mal in Hiltenfingen. Hier ist Zusammenarbeit mit Gemeinde und Feuerwehr super, und das Gelände ist optimal für unsere Zwecke“, erklärt Leupolz.
Das Wasser für die Übung holen die Fachleute aus der nahen Wertach. „Deren Qualität ist eigentlich schon ganz gut, vor allem, wenn sie wie jetzt wenig Wasser führt“, sagt Leupolz. „Aber für die Übung ist es ausreichend.“Denn dabei geht es vor allem darum, dass die rund 40 ehrenamtlich tätigen Helfer den Umgang mit der Technik beherrschen.
Und davon ist einiges vor Ort. Drei verschieden große Aufbereitungsanlagen, ein Prüflabor und eine Werkstatt stehen den Helfern aus Deutschland und Österreich zur Verfügung. Neben den Übungen an den Anlagen, die übers Wochenende rund 80 Kubikmeter Wertachwasser zu Trinkwasser aufbereiteten, werden die Helfer auch in der Analyse des Wassers geschult. Aber auch Handwerksarbeit war am Wochenende gefragt. An zwei Übungsstationen gilt es, Rohrverbindungen herzustellen oder Wartungen an den Pumpen durchzuführen.
„Im Prinzip muss jeder alles können“, erklärt Alexander Leupolz – auch wenn es für jeden Bereich Spezialisten gibt. Daher üben die Teilnehmer in bunt gemischten Gruppen an allen Stationen. „Da im Einsatz die Teams sogar international gemischt sind, mischen wir hier auch. Denn es muss jeder mit jedem sagt Leupolz. Zumal nach Aussagen des Experten das auch die Flexibilität erhöhe.
Da der Lehrgang möglichst nah an der Praxis sein soll, schlafen die Teilnehmer in Rot-Kreuz-Großzelten vor Ort. „Das hat den Vorteil, dass unsere Helfer alle auch ihre Einsatztaschen immer wieder im Blick haben und sie auf den nötigen Stand halten“, sagt Leupolz.
Die in Hiltenfingen errichteten Aufbereitungsanlagen sind alle ver- schieden aufgebaut und haben ein unterschiedliches Leistungsvermögen. „Die Anlage TWA1 ist neu und schafft ungefähr einen Kubikmeter in der Stunde. Das genügt, um ein Krankenhaus mit zu versorgen“, sagt Leupolz. Die anderen Anlagen sind größer. Alle arbeiten sie fast ausnahmslos ohne Chemie. Gereinigt wird das Wasser mit verschiedenen Filtern, Quarzsand und Aktivkohle. Nach der Aufbereitung wird eine geringe Menge Chlor hinkönnen“, zugefügt, um zu verhindern, dass das Wasser wieder verkeimt. Die Chlorzugabe fällt beim Geschmackstest kaum auf.
Leupolz ist nicht ohne Grund stolz auf die Kompetenzen, die in Hiltenfingen erworben werden. Vor allem, da alle Teilnehmer ehrenamtlich aktiv sind. Für die Übung haben alle Urlaub nehmen müssen. Bei Einsätzen geht es nicht ohne die Arbeitgeber der Helfer. „Die müssen dem Einsatz zustimmen“erklärt er.
Für die Ehrenamtlichen gibt es dann zwar einen Lohnersatz, doch der wiegt den Verlust nicht auf. „Aber darum geht es ja nicht“, stellt Leupolz klar. Wobei die Einsätze nicht immer nur ins Ausland führen. „Beim letzten G-7-Gipfel kam das Trinkwasser von uns“, erzählt Leupolz.