Forstexperte rettet Augsburger Parkbäume
Natur Viele Buchen im Siebentischpark sind von einem aggressiven Pilz befallen. Das Amt für Grünordnung hat einen Fachmann eingeschaltet. Sein Spezialdünger hat offenbar Erfolg
Ein aggressiver Pilz richtet an immer mehr Bäumen in Bayern Schaden an, auch in bekannten Landschaftsparks. Nicht nur im Englischen Garten in München und auf der Herreninsel im Chiemsee sind Parkbäume befallen. Auch im Augsburger Siebentischpark werden die Kronen vieler Buchen immer lichter. Das Städtische Amt für Grünordnung hat deshalb einen renommierten Forstpathologen eingeschaltet. Er will befallene Bäume mit einer speziellen Düngung retten. Offenbar mit Erfolg.
Viele der Buchen im Siebentischpark kränkelten schon länger vor sich hin. „2004 haben wir zum ersten Mal Verdacht geschöpft, dass etwas nicht stimmt“, sagt Franz Lernhard, Mitarbeiter im Amt für Grünordnung. Baumkronen begannen sich zu lichten, Blätter wurden gelb und ganze Äste dürr. Die Fachleute des Grünamtes sahen sich nach einem Spezialisten um, der helfen könnte. Denn der Siebentischpark ist nicht einfach irgendein Park. Er ist einer wichtigen historischen Grünanlagen in Augsburg.
„Die meisten großen Bäume dort sind zwischen 80 und 100 Jahre alt“, sagt Lernhard. Es sind mit die ältesten Baumriesen in den städtischen Parks. Denn die Siebentischanlagen beim Zoo und Botanischen Garten wurden schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts angelegt. Der damalige Stadtbaurat Ludwig Leybold versuchte mit diesem Schritt, den durch die Industrialisierung entstandenen Verlust von öffentlichen Grünflächen ausgleichen.
Nach den ersten Schadensmeldungen im Grünamt stellte sich heraus, dass ein aggressiver Pilz der Auslöser des Kronensterbens ist. Der international tätige Forstpathologe Thomas Jung fand heraus: Es handelt sich um Schadpilze aus der Gattung Phytophthora (zu deutsch: Pflanzenzerstörer). Sie sind bekannt dafür, dass sie an jungen und alten Pflanzen Feinwurzeln zerstören und Rindenschäden auslösen. Jung zählt sie zu den aggressivsten Krankheitserregern bei Pflanzen weltweit. Nach seinen Beobachtungen richten die Pilze seit einigen Jahren auch bei heimischen Bäumen in Europa immer größeren Schaden an. Er vermutet einen Zusammenhang mit dem Klimawandel. Die Pilze werden aber auch bei Pflanzaktionen in den Boden eingeschleppt, so der Sachverständige für Baumkrankheiten.
Jung zufolge ist Phytophthora mit handelsüblichen Pflanzenschutzmitteln nicht beizukommen. Deshalb hat er eine andere umweltverträgliche Methode entwickelt, die befallenen Bäumen helfen soll. Er versorgt sie mit einem speziellen Dünger auf Phosphitbasis. Diese Lösung wird auf den untereren Teil des Baumstammes aufgespitzt. Sie soll dafür sorgen, dass sich die geschädigten Feinwurzeln besser gegen die Pilzinfektion wehren können und sich erholen. Damit können sie auch die Baumkronen wieder besser mit Nährstoffen versorgen. Der Versuch des Forstpathologen gilt als einmalig in Deutschland. Nicht nur Augsburg beteiligt sich seit 2006 an dem Projekt. Auch die Bayerische Schlösser-Verwaltung arbeitet mit dem Experten zusammen, und zwar im Englischen Garten und im Nymphenburger Schlosspark in München, außerdem im Park auf der Herreninsel im Chiemsee. Auch dort gibt es große Probleme mit befallenen Bäumen.
In Augsburg wurden in den ersten Jahren zunächst zehn Rotbuchen im Siebentischpark einmal jährlich mit der Düngerlösung gespritzt. Inzwischen sind 20 Bäume im Versuchsprogramm. Sie werden abwechselnd alle zwei Jahre behandelt. Und nach zehn Jahren zeigt sich: Offenbar hat der Forstpathologe mit seinem Experiment Erfolg. Das legt die neueste Auswertung von 2016 nahe. „Bei den gedüngten Bäumen hat sich der Zustand der Kronen um die Hälfte verbessert, sie sind wieder grüner“, sagt Lernhard. Bei den unbehandelten befallenen Rotbuchen, die parallel kontrolliert wurden, habe sich der Zustand dagegen leicht verschlechtert. Das Amt für Grünordnung will den Versuch in den nächsten Jahren weiterführen, um die langfristige Entwicklung zu beobachten. Warum Bäume so viel Zeit brauchen, um sich von einer Pilzinfektion zu erholen? „Sie sind ein langsamer Organismus“, sagt Lernhard.
Mit Blick auf die Kosten wird allerdings nur ein kleiner Teil der Bäume im Siebentischpark behandelt. Sie liegen bei 2000 Euro jährlich. Aus Sicht des Fachmanns für Grünpflege ist dieses Geld gut angelegt. Das große Ziel sei, dass sich der Baumbestand im Park auch in Zukunft natürlich verjüngen kann. „Das klappt aber nur mit alten Bäumen“, sagt Lernhard.