Was Ansichtskarten über die Stadt erzählen
Geschichte Warum Urlaubsgrüße für Archivarin Susanne Lorenz ein besonderer Schatz sind
Königsbrunn Was heute der Chat über WhatsApp oder der Post auf Instagram ist, war früher die Postkarte: Eine kurze Nachricht an die Lieben anderswo, mit ein wenig Ansichtsmaterial vom Aufenthaltsort. Die Bilder auf den teils kunstvoll gedruckten Karten erzählen Geschichten – und die sind so eindrucksvoll, dass Königsbrunns Stadtarchivarin Susanne Lorenz mit ihrer Hilfe sogar die Stadtgeschichte nacherzählen kann. Das hat sie zuletzt bei einem Vortrag in der Stadtbücherei bewiesen, als Teil der Veranstaltungsreihe „Königsbrunn liest ein Buch“.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts erfreute sich die Postkarte einer ähnlichen Beliebtheit wie heute die sozialen Netzwerke. Um die Jahrhundertwende wurden fast eine Milliarde Postkarten verschickt, in den 2000ern waren es nur noch 80 Millionen. Intellektuelle rümpften zwar die Nase über das Geschreibsel, doch für den Normalbürger war es eine kostengünstige Möglichkeit, eine Abbildung der Heimat zu bekommen oder den Lieben Nachrichten aus der Sommerfrische zukommen zu lassen. Daher waren die Karten auch beliebte Sammlerobjekte: So verzeichnete man damals auch einen Boom beim Verkauf von Sammelalben, sagte Susanne Lorenz.
Geschrieben wurde schon damals viel, was auch heute in Urlaubskarten steht, sagte Susanne Lorenz und zeigte eine Karte einer Frau, die in Königsbrunn mit ihrer Familie Urlaub gemacht hatte. Deren Inhalt lautete sinngemäß: „Es ist schön hier. Das Wetter ist gut. Uns geht es auch gut, ich hoffe bei Euch ist alles in Ordnung.“Im Unterschied zu den modernen Karten war früher nur auf der Vorderseite Platz für die Nachricht. Weil die Rückseite allein der Zieladresse vorbehalten war, mussten die Reisenden ihre Nachrichten zwischen die Bilder quetschen. Für eine zeitnahe Zustellung wurde alles getan, sagte Susanne Lorenz: „Vor 1914 wurde selbst im kleinen Königsbrunn zweimal täglich die Post zugestellt.“
Die Motive entwickelten sich mit der Stadt: Zunächst dominierten die beiden Kirchen St. Ulrich und St. Johannes bei den Karten. Aber auch das Neuhaus und die Nepomuk-Kapelle im Süden wurden gerne genommen und verschickt. Dabei gehörte das Gehöft im Süden von Königsbrunn lange zu Bobingen: „Bis 1964 lautete die offizielle Ortsbezeichnung daher Königsbrunn mit Neuhaus“, sagte Susanne Lorenz. Nicht fehlen durften im ehemals längsten Straßendorf der Welt Ansichten der alten B 17 – auch schon in der Zeit, als sie noch nicht asphaltiert oder gar Bundesstraße war.
Doch auch in späterer Zeit waren Straßen gern genutzte Motive. Als die Bevölkerungszahl nach dem Krieg durch den Zuzug von Vertriebenen und später Bundeswehrangehörigen begann, gab es die ersten asphaltierten Wohnstraßen: Dieser heute alltäglichen Errungenschaft wurde eine Karte gewidmet, ebenso wie den neuen Schulen und der in den 70er-Jahren gebauten Kirche „Zur Göttlichen Vorsehung“.
Vortragsreihe „Königsbrunn liest ein Buch“geht weiter mit einem geschichtlichen Vortrag am Mittwoch, 19. Juli, um 19 Uhr in der Stadtbücherei. Dort gibt es auch Exemplare des Stadt buchs „Tagesanbruch“zur Ausleihe.