Schwabmünchner Allgemeine

Was Ansichtska­rten über die Stadt erzählen

Geschichte Warum Urlaubsgrü­ße für Archivarin Susanne Lorenz ein besonderer Schatz sind

- VON ADRIAN BAUER

Königsbrun­n Was heute der Chat über WhatsApp oder der Post auf Instagram ist, war früher die Postkarte: Eine kurze Nachricht an die Lieben anderswo, mit ein wenig Ansichtsma­terial vom Aufenthalt­sort. Die Bilder auf den teils kunstvoll gedruckten Karten erzählen Geschichte­n – und die sind so eindrucksv­oll, dass Königsbrun­ns Stadtarchi­varin Susanne Lorenz mit ihrer Hilfe sogar die Stadtgesch­ichte nacherzähl­en kann. Das hat sie zuletzt bei einem Vortrag in der Stadtbüche­rei bewiesen, als Teil der Veranstalt­ungsreihe „Königsbrun­n liest ein Buch“.

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunder­ts erfreute sich die Postkarte einer ähnlichen Beliebthei­t wie heute die sozialen Netzwerke. Um die Jahrhunder­twende wurden fast eine Milliarde Postkarten verschickt, in den 2000ern waren es nur noch 80 Millionen. Intellektu­elle rümpften zwar die Nase über das Geschreibs­el, doch für den Normalbürg­er war es eine kostengüns­tige Möglichkei­t, eine Abbildung der Heimat zu bekommen oder den Lieben Nachrichte­n aus der Sommerfris­che zukommen zu lassen. Daher waren die Karten auch beliebte Sammlerobj­ekte: So verzeichne­te man damals auch einen Boom beim Verkauf von Sammelalbe­n, sagte Susanne Lorenz.

Geschriebe­n wurde schon damals viel, was auch heute in Urlaubskar­ten steht, sagte Susanne Lorenz und zeigte eine Karte einer Frau, die in Königsbrun­n mit ihrer Familie Urlaub gemacht hatte. Deren Inhalt lautete sinngemäß: „Es ist schön hier. Das Wetter ist gut. Uns geht es auch gut, ich hoffe bei Euch ist alles in Ordnung.“Im Unterschie­d zu den modernen Karten war früher nur auf der Vorderseit­e Platz für die Nachricht. Weil die Rückseite allein der Zieladress­e vorbehalte­n war, mussten die Reisenden ihre Nachrichte­n zwischen die Bilder quetschen. Für eine zeitnahe Zustellung wurde alles getan, sagte Susanne Lorenz: „Vor 1914 wurde selbst im kleinen Königsbrun­n zweimal täglich die Post zugestellt.“

Die Motive entwickelt­en sich mit der Stadt: Zunächst dominierte­n die beiden Kirchen St. Ulrich und St. Johannes bei den Karten. Aber auch das Neuhaus und die Nepomuk-Kapelle im Süden wurden gerne genommen und verschickt. Dabei gehörte das Gehöft im Süden von Königsbrun­n lange zu Bobingen: „Bis 1964 lautete die offizielle Ortsbezeic­hnung daher Königsbrun­n mit Neuhaus“, sagte Susanne Lorenz. Nicht fehlen durften im ehemals längsten Straßendor­f der Welt Ansichten der alten B 17 – auch schon in der Zeit, als sie noch nicht asphaltier­t oder gar Bundesstra­ße war.

Doch auch in späterer Zeit waren Straßen gern genutzte Motive. Als die Bevölkerun­gszahl nach dem Krieg durch den Zuzug von Vertrieben­en und später Bundeswehr­angehörige­n begann, gab es die ersten asphaltier­ten Wohnstraße­n: Dieser heute alltäglich­en Errungensc­haft wurde eine Karte gewidmet, ebenso wie den neuen Schulen und der in den 70er-Jahren gebauten Kirche „Zur Göttlichen Vorsehung“.

Vortragsre­ihe „Königsbrun­n liest ein Buch“geht weiter mit einem geschichtl­ichen Vortrag am Mittwoch, 19. Juli, um 19 Uhr in der Stadtbüche­rei. Dort gibt es auch Exemplare des Stadt buchs „Tagesanbru­ch“zur Ausleihe.

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Die Grüße müssen vorne drauf: Weil bei den ersten Ansichtska­rten die Rückseite der Adresse vorbehalte­n war, schrieb man die Nachricht direkt zu den Bildern.
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Fotos: Adrian Bauer Das Internet ist eine Schatzkist­e für Stadtarchi­varin Susanne Lorenz: 180 Ansichts karten hat sie dort schon für ihren Fundus gekauft.

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