Der hässliche Deutsche – gibt es den noch?
Eigentlich ist das böse Schlagwort vom „hässlichen Deutschen“in den letzten 20 Jahren aus den Medien verschwunden, eingemottet in der Kiste der Klischees. Ich weiß nicht, ob diese Bezeichnung aus der Zeit stammt, als die Deutschen als Touristen begannen, Länder wie Italien, Spanien oder Griechenland zu überschwemmen, und der weiße, dicke Deutsche (vornehmlich männlich) in weißen Socken, Sandalen und abgeschnittenen Jeans die Touristenorte unsicher machte. Dieser „Urtourist“verabschiedete sich zusehends vom Reisen. Plötzlich trug er Lacoste-Hemden (wenn auch meist gefälschte) oder sogar La-Martina-Polos und dazu richtige Bermudas.
Jetzt aber, nach einer Woche Kreta, weiß ich, dass es den „hässlichen Deutschen“doch noch gibt, er ist noch nicht museumsreif. Mir fiel dieser Mann, circa 55 Jahre alt, schon unangenehm im Speisesaal auf, als er seine Teller volllud (er war schwer übergewichtig, „Mordsranzen“, wie wir Augsburger sagen), als hätte er wochenlang nichts zu essen bekommen. Mit das Übelste an ihm: seine Frisur. Im Stile eines FC-Bayern-MünchenVidals an der Seite abrasiert und in der Mitte ein „Kamm“. Wollte damit wohl zeigen, was für ein toller, jugendlicher Hecht er noch ist. Er war mit Ehefrau und Bekannten im Hotel und beschallte dieses lautstark. Auch am Strand und im Liegestuhl zeigte er, was für ein „Rohr“er hat – stimmlich natürlich. Am Strand ebenso wie im Hotel herrschte er das Servicepersonal („Hey du, komm mal her!“) an, als wären es seine Leibeigenen. An beiden Armen war er tätowiert und auf der Brust prangte die Tätowierung „Deutschland“.
Die hätte er sich sparen können, ein Elefant hat auf seinem Körper auch nicht die Bezeichnung „Elefant“eingraviert. Vielleicht lässt er sich nach den Bundestagswahlen auch noch „AfD“auf den Bauch tätowieren. Ich muss noch erwähnen, dass er und die Mitglieder seiner Entourage akzentfreies Hochdeutsch sprachen, also keine Bayern. Das habe ich in den vergangenen Jahrzehnten im Urlaub immer wieder beobachtet: Die Schlimmsten der Gattung „der hässliche Deutsche“kommen nicht aus Bayern. Ein kleiner Trost: Der überwiegende Teil der deutschen Touristen benahm sich voll „zivilisiert“.
*** An dieser Stelle blickt der Kabarettist Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.