Schwabmünchner Allgemeine

Eine Zeitschrif­t als Anwalt der Kinder

Jubiläum Das Augsburger Heft „Leben und Erziehen“feiert seinen 65. Geburtstag. In den Jahren haben sich die Themen des Elternmaga­zins verändert. Nur eines ist stets gleich geblieben

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Wie erziehe ich mein Kind richtig? Antworten auf diese Frage gibt die Zeitschrif­t „Leben und Erziehen“, herausgege­ben von der Augsburger Mediengrup­pe Bayard, inzwischen seit 65 Jahren. Mit der diesjährig­en Juni-Ausgabe feiert das Elternmaga­zin diesen Geburtstag. Natürlich hat sich seitdem Wesentlich­es verändert – in den Familien und damit auch in der Zeitschrif­t.

Man erkennt das schon auf den ersten Blick: Waren die ersten Ausgaben noch in schwarz-weiß und textlastig, sind die Seiten heute bunt gestaltet und die Artikel mit großflächi­gen Bildern geschmückt. Und wo dereinst neben Beiträgen über Kindererzi­ehung Cognac beworben wurde, finden jetzt Anzeigen für Autositze und Kinderwage­n Platz. Vor allem aber wurden die Themenbere­iche enger gefasst.

Bis in die 90er Jahre bemühten sich die Macher der Zeitschrif­t, die Erziehung eines Kindes vom ersten Lebensjahr bis zur Volljährig­keit zu begleiten.

Inzwischen konzentrie­rt sich die Zeitschrif­t auf Kinder bis zur Einschulun­g. „So kann man konkretere Schwerpunk­te setzen“, sagt Chefredakt­eurin Martina Kaiser. Genauso ist der Ton ein anderer geworden: Früher saßen in den Redaktione­n ausschließ­lich Männer.

Sie belehrten die Mütter, wie Erziehung zum gewünschte­n Erfolg führe. „Heute begegnen wir unseren Leserinnen auf Augenhöhe“, sagt Kaiser. So entstehen auch die Themen der jeweiligen Ausgabe durch den direkten Austausch mit den Lesern. In der „Telefonspr­echstunde“erfahren die Redakteure, welche Erziehungs­fragen die Eltern gerade besonders beschäftig­en.

Dabei fällt Martina Kaiser auf, dass der Anspruch der Eltern an sich selbst größer geworden ist. „Früher wohnte im Haus noch Tante und Oma. Da hat man sich schlicht gemeinsam um die Kinder gekümmert.“

Heute dagegen seien frischgeba­ckene Mütter meist um die 30, berufstäti­g und wohnen mit ihrem ebenfalls arbeitende­n Partner zusammen. Eine Schwangers­chaft sei dann meist eine bewusste Entscheidu­ng. Mit dem Kind wollen die Eltern dann alles richtig machen. „Wir wollen da lieber ein bisschen Druck rausnehmen“, sagt Kaiser. „Förderung ist gut, aber sie muss dem Kind Spaß machen.“

Man wolle kein Ratgeber für ein durchoptim­iertes Kind sein. Sondern für die glückliche Familie. In den ersten Ausgaben waren die Ratschläge da strenger, konservati­ver. Dennoch verstand sich „Leben und Erziehen“seit jeher als Anwalt der Kinder.

Schon in den sechziger Jahren verurteilt­e die Zeitschrif­t die Prügelstra­fe als „Armutszeug­nis“.

Ein weiteres Ziel der Zeitschrif­t: die Auflockeru­ng der klassische­n Rollenvert­eilung. Die Redaktion unterstütz­t diese Tendenz durch Beiträge, die gerade auch für erwerbstät­ige Mütter relevant sind. Wie findet man einen geeigneten Kindergart­enplatz? Warum sollte man nicht zehn Jahre aus dem eigenen Beruf draußen sein? Wie organisier­en Väter ihre Elternzeit?

Damit scheint die Zeitschrif­t nahe an den Themen der Eltern. Mit Stolz verkündet Horst Ohligschlä­ger, Geschäftsf­ührer der Bayard Mediengrup­pe, dass „Leben und Erziehen“die einzige Elternzeit­schrift sei, dessen Leserzahle­n wachsen.

Die Abonnement­auflage ist stabil. Auch die Digitalisi­erung empfinde man nicht als Bedrohung, im Gegenteil. Inzwischen erreiche man die meisten neuen Leser durch die Präsenz in sozialen Netzwerken. Diesen Trend habe man also durch innovative Weiterentw­icklung gemeistert, sagt Ohligschlä­ger.

Etwas fällt jedoch auf. Trotz der Bemühung seit der ersten Ausgabe um ein modernes Familienbi­ld, hat sich ein Detail in 65 Jahren nie geändert: Die Leser der Erziehungs­zeitschrif­t sind größtentei­ls weiblich.

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Foto: Julia Krauter Martina Kaiser ist Chefredakt­eurin der Zeitschrif­t „Leben und Erziehen“.

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