Ein echter Hingucker waren die ersten Elektroräder
Bobingen Auch bei der Post ändern sich die Zeiten. Sie spricht heute von Elektromobilität und Verbundverteilung. Beständig ist dabei der Wandel. Ihre Manager sprechen auch von Flexibilität und Anpassung an den Markt sowie die Wünsche der neuen großen Kunden.
In Bobingen erinnern sich wohl noch einige, wie der Briefträger seine Umhängetasche am Schaltkasten des Fernmeldeamtes füllte. An der Fraunhofer Straße zum Beispiel. Damals gab es noch keine Telekom, auch die Telefonie war Postsache. Hingegen waren selbst Fahrräder noch kein Standard. So wurde die Briefpost morgens zunächst auf kleine Depots in den Wohnvierteln verteilt. Der Postbote trug sie dann zu Fuß von Haus zu Haus. Die Last auf der Schulter drückte durch bis in die Knie. Langsam aber gesellig kam er voran. Oftmals drückte er eine Hausklingel. Briefsendungen kamen häufig, ebenso einige freundliche Wortwechsel. Später am Tag tuckerte der Paketwagen durch die Straße. Der blieb selten stehen. Wenn, dann war seine Lieferung schwer, zum Beispiel eine Sammelbestellung von Neckermann. Solch eine Paketankunft war eine Besonderheit. Bald darauf hatte sich die Nachbarin erkundigt, was man da wohl Schönes bekommen habe.
Schon das normale Postfahrrad galt später ein Fortschritt. Es war natürlich gelb und hatte einen besonders starken Rahmen. Der trug auch die große Packtasche vor dem Lenker, später sogar weitere Container hinten. Ab da wurde die Ankunft der Post zum Hingucker.
Anfangs kam der Bote mit seinem Rad auf der einen Straßenseite von Haus zu Haus heran, fuhr dann an der Gebäudezeile auf der anderen Seite zurück. Es dauerte nicht lange, dann folgte der Zickzackkurs von Briefkasten zu Briefkasten: erst rechts der Straße, dann, links der Straße, dann wieder rechts und am Ende gleich weiter in die nächste Straße. Zaungäste durften rätseln, was schneller ging.
Ein echter Hingucker waren auf jeden Fall die ersten Elektroräder. Bevor E-Bikes für Otto-Normalverbraucher ein Thema waren, waren die Postboten in Bobingen damit unterwegs. Das Surren des kleinen Hilfsantriebs kündigte an, dass es nun gleich am Briefschlitz klappern werde. Die elektrischen Räder standen im Wettbewerb mit der elektronischen Post. Wer Briefe direkt vom Computer per E-Mail versendet und Kurznachrichten vom Handy schickt, der braucht keine Postboten und keine Ansichtskarten mehr. Die Post am Sterben?
Heute lacht die gelbe Truppe darüber quietschvergnügt. Denn Computer und Internet brachten neue Geschäftsfelder und damit neue Kunden. Außerdem kommt sowieso vieles anders, als erwartet. Ja, das Mailaufkommen scheint unendlich, aber noch immer sind viele Briefe unterwegs. Denn viele Deutsche vertrauen noch am meisten, was schwarz auf weiß auf Papier steht. Rechnungen, Versicherungssachen und amtliche Korrespondenz werden zur Kenntnis und ernst genommen, weil sie direkt per Bote ins Haus kommen. Selbst die Werbebranche will sich deshalb nicht nur auf E-Mails verlassen, die sowieso oft gleich vom Spamfilter gelöscht werden. Und die Briefe bekommen immer mehr Gesellschaft. Kleine und große Pappkuverts oder Schachteln aller Formate. War der Einkauf aus dem großen Katalog einst noch eine aufregende Sache, ist die Onlinebestellung heute für viele Menschen eine alltägliche Sache, die auch nebenher erledigt werden kann. Wegen einer Handyhülle eigens nach Augsburg fahren? Ein paar Mausklicks am Laptop und in zwei, drei Tagen kommt das Teil ins Haus. Und zwar schon morgens mit dem Briefträger. Der ist längst kein Träger mehr, auch kein Radler. In Bobingen rollt derzeit fast alles, was im Zeichen der gelben Post verschickt wurde, im sogenannten StreetScooter heran. Einem von sechs Elektroautos Marke KonzernEigenbau, die sich hier bewähren müssen. Noch bevor solche Kleintransporter in Augsburg eingeführt werden, bewähren sie sich hier im Stadtgebiet. Die Konstruktion wurde von Postboten und Paketzustellern mit beeinflusst: Eine Ladekante auf Hüfthöhe, helle Innenbeleuchtung und Schiebetüren an drei Seiten gehören zu den Folgen.
Statt im Zickzackkurs rollt der StreetScooter nun geradewegs durch die Straße. Allerdings hält er etwa alle 20 Meter, wo es eine Hauseinfahrt eben gerade zulässt. Heraus springt Sonja Neumayer, Teamleiterin am Zustellstützpunkt an der Gutenbergstraße in Bobingen, oder ein Kollege. Schnell werden Briefe und Päckchen an die umliegenden Häuser verteilt, dann geht es wieder ein Stück weiter. Erfahrene Leute wie Sonja Neumayer sagen, das sei so sehr sinnvoll und schnell.
Zuvor hatte die Post dieses Verteilsystem mit Benzin- und Dieselautos getestet. Doch das kam bei Bürgern schlecht an. Alle paar Sekunden ein neuer Start des Anlassers oder ein laufender Motor im Stillstand – das klingt alles nicht gut und auch nicht wirtschaftlich.
Doch der Post geht es neben dem Ziel der CO2-Minimierung natürlich um Wirtschaftlichkeit. Deshalb startete sie die schrittweise Umstellung des gesamten Fuhrparks auf Elektromotoren. Und wenn es dazu in Bayern eine neue Stufe des Fortschritts gibt, wird sie bald darauf auch in Bobingen erprobt. Zur Elektromobilität gehört die Verbundverteilung: „Warum soll ich heute zwei Leute zu einer Adresse schicken?“Das ist die Antwort von Niederlassungsleiter Michael Kipp auf die Frage, warum nicht mehr nach dem Briefträger auch der Paketmann an der Haustüre klingelt, wo doch immer mehr Päckchen und Pakete unterwegs sind. Immer mehr Menschen bekämen Briefe und Päckchen gleichzeitig, da reiche eine Zustellung, also einmal klingeln.