Der Staat will im Internet noch mehr mitlesen
Sicherheit Innenminister De Maizière fordert Zugriff auf verschlüsselte Mitteilungen. Bayern verlangt mehr Schleierfahndung
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die staatlichen Befugnisse im Kampf gegen den Terrorismus weiter ausweiten. Im Berliner Tagesspiegel forderte er am Sonntag, dass Sicherheitsbehörden auf die Kommunikation in verschlüsselten Messenger-Diensten wie WhatsApp zugreifen dürfen. Außerdem will der Minister mithilfe einer Software zur Gesichtserkennung nach Terroristen fahnden lassen.
Von heute an stehen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung im Mittelpunkt der Beratungen der Innenminister in Dresden. Der Ressortchef aus Bayern, Joachim Herrmann (CSU), fordert die Ausweitung der Schleierfahndung. Die verdachtsunabhängigen Kontrollen müssten bundesweit in den Grenzregionen weiter ausgebaut werden, um Kriminellen und Terroristen das Handwerk zu legen. Er bezeichnete es als eklatante Sicherheitslücke, dass Berlin und Bremen die Schleierfahndung noch nicht anwenden; dass die CDU in Nordrhein-Westfalen sie einführen will, begrüßte er.
Bei der Konferenz werden nach Angaben des Gastgebers, Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), auch Maßnahmen beraten, mit denen Mehrfachidentitäten bei Flüchtlingen aufgedeckt werden können. „Die bisherigen Möglichkeiten zur Abgleichung sollen ausgeweitet werden, um zu verhindern, dass ein und dieselbe Person sich an mehreren Orten meldet oder dort registriert wird.“So würden bisher nur Fingerabdrücke von über 14-Jährigen erfasst, um die Identität zu klären. „Geplant ist, diese Maßnahme auf die Personengruppe der Sechs- bis 14-Jährigen auszuweiten.“
Bayern will zudem darauf dringen, den Abschiebestopp für Iraker zumindest bei Straftätern und Gefährdern aufzuheben. Seit der letzten Bestätigung des Abschiebestopps 2007 habe sich die Situation dort „deutlich verändert“.
Die Innenminister wollen laut Ulbig auch den bayerischen Vorschlag beraten, Kinder im islamistischen Umfeld vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Herrmanns Begründung: „Minderjährige haben schon schwere Gewalttaten begangen. Da muss der Staat konsequent handeln.“Der Vorstoß stieß bei der SPD sowie bei Grünen, Linken und der FDP umgehend auf Kritik.
Zu den gewünschten neuen Kontrollrechten des Staates bei verschlüsselten Mitteilungen im Internet führte De Maizière aus: „Wir wollen, dass Messenger-Dienste eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung haben, damit die Kommunikation unbescholtener Bürger ungestört und sicher ist. Trotzdem brauchen Sicherheitsbehörden, wie bei einer SMS auch, unter bestimmten Voraussetzungen Zugriffsmöglichkeiten.“Dazu könnten die OnlineDurchsuchung und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung genutzt werden, bei der die Behörden mit einer Software die Kommunikation eines Verdächtigen auf einem Gerät mitlesen, bevor sie verschlüsselt wird. Beides solle in Kürze in der Strafprozessordnung geregelt werden.