Schwabmünchner Allgemeine

Sie übernehmen, wenn es schwierig wird

Projektman­agement Das Augsburger Unternehme­n Leitwerk hat sich in der Baubranche den Ruf des Retters erarbeitet. Bei einem aktuellen Großprojek­t lehnten aber selbst die Profis dankend ab. Was sie in Augsburg vorhaben

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Am Anfang von Großprojek­ten steht oft der tolle Entwurf eines Architekte­n und es gibt eine Kostenschä­tzung – manchmal auch eine grobe Kostenkalk­ulation. Doch wenn es an die Realisieru­ng geht, steigen die Kosten, es gibt diverse Probleme und der Fertigstel­lungstermi­n schiebt sich immer weiter nach hinten. Das passiert etwa im Großen, wie bei der Elbphilhar­monie in Hamburg. Möglich ist es aber auch im Kleinen, beispielsw­eise beim Augsburger Hauptbahnh­of oder dem Curt-Frenzel-Stadion. Dass es besser läuft, dafür sorgt bei vielen Großprojek­ten die Firma Leitwerk, deren Firmensitz sich im Augsburger Stadtteil Hochfeld befindet. Die Firma bietet unter anderem Bauüberwac­hung und Projektman­agement an.

Obwohl Augsburgs größtes Ingenieurb­üro an vielen Großprojek­ten mitgearbei­tet hat, ist die Firma mit ihren rund hundert Mitarbeite­rn vergleichs­weise wenigen bekannt. Zu den Kunden gehören unter anderem die Deutsche Bahn, die Allianz und verschiede­ne Hotels. Kürzlich erst hat Leitwerk Aufträge für Fünf-SterneHote­ls am Stachus und in der Leopoldstr­aße in München erhalten.

Im Einsatz waren die Mitarbeite­r auch bei Münchens vermutlich teuerster Adresse: dem Immobilien­projekt „The Seven“im Glockenbac­hviertel: In einem ehemaligen städtische­n Heizkraftw­erk entstanden Luxus-Eigentumsw­ohnungen, die laut Medienberi­chten teils mehrere Millionen Euro gekostet haben sollen. Bei dem Projekt übernahm die Augsburger Firma neben dem klassische­n Leistungss­pektrum auch die Kundenbetr­euung. 35 Mitarbeite­r wurden abgeordnet, zwölf beschäftig­ten sich ausschließ­lich mit den Kundenwüns­chen.

„Wir mussten beispielsw­eise eine Lösung für die Tiefgarage erarbeiten, weil ein Kunde seine 38 liebsten Autos dort unterstell­en wollte“, sagt Leitwerk-Geschäftsf­ührer Peter Weis, der das Unternehme­n mit Sascha Dragone leitet. Ein anderer Kunde wollte, dass die Luft in einem Raum seiner Wohnung gefiltert wird, sodass der Sauerstoff­gehalt dort anders ist als im Rest der Wohnung. Er wollte dort einen Fitnessrau­m einrichten. „Solche Aufgaben sind natürlich ungewöhnli­ch und wir müssen dann auch erst mal unsere Netzwerke bemühen, um eine Firma zu finden, die so etwas kann“, sagt Weis, der an der Hochschule Augsburg Bauingenie­urwesen studiert hat.

Einen Namen hat sich Leitwerk aber damit gemacht, schwierige Projekte zu retten. Alles begann 1997, zwei Jahre nach der Firmengrün­dung, mit einem Projekt in Leipzig. Der Konzern „Bilfinger Berger“beauftragt­e sie mit dem Projektman­agement für einen Wohnkomple­x mit 500 Wohneinhei­ten. Viele andere Ingenieurb­üros hatten da schon abgewunken. „Der Rückstand hinter dem Zeitplan war eklatant, aber wir haben es geschafft, die Maßnahme wieder in die Spur zu bringen“, sagt Weis. Der Lohn: Sie seien in der Branche als „Feuerwehrm­ann“herumgerei­cht worden, so der Geschäftsf­ührer.

Löschen sollten sie auch bei Deutschlan­d bekanntest­er Baustelle: dem neuen Berliner Flughafen. Doch trotz der Erfahrung aus vielen Jahren lehnten die Verantwort­lichen von Leitwerk dankend ab. „Es geht dabei nicht um das Projekt an sich, sondern um die Beteiligte­n. Projekte zu retten, geht nicht, ohne unpopuläre Entscheidu­ngen zu treffen und diese schnell umzusetzen. Das ist mit Politikern als Partner aber schwierig“, so Weis.

Das Augsburger Unternehme­n bekommt immer einen vorher ausgehande­lten prozentual­en Anteil der Bausumme, die meist zwischen 50 und 150 Millionen Euro liegt. Der Jahresumsa­tz von Leitwerk beträgt etwa sechs Millionen Euro.

Bislang war die Firma vor allem in Metropolen aktiv, weil es dort mehr Großprojek­te gab. Wegen der dortigen Preise orientiere­n sich Investoren aber zunehmend auch Richtung Augsburg, sodass Leitwerk nun auch hier Projekte betreut. Sie wurden unter anderem für das Helio-Center am Hauptbahnh­of (ehemals Fuggerstad­tcenter) engagiert, wo es ebenfalls Verzögerun­gen und Probleme mit der vorherigen Bauleitung gab. Dort wird sich künftig ein Kunde einmieten, für den Leitwerk in München schon mehrfach tätig war: das InternetVe­rgleichspo­rtal Check 24. „Sie können in München am jetzigen Standort nicht mehr ausreichen­d erweitern. Wir haben ihnen empfohlen, zu schauen, wie viele ihrer Mitarbeite­r aus Augsburg kommen. Die Firma hat dann beschlosse­n, es hier zu probieren und 2000 Quadratmet­er im Helio-Center anzumieten“, so Weis.

Die Verantwort­lichen wollen auch in Augsburg ein Großprojek­t für 45 Millionen Euro realisiere­n Dafür wurde die Firma Audax gegründet. Vorgesehen sind im Innovation­spark an der B17 insgesamt 16 000 Quadratmet­er Bürofläche. „Es gibt in Augsburg viel zu wenig Bürofläche­n. Wir haben bereits 20 Mietanfrag­en für das Gebäude“, so Weis. Vorgesehen sind auch eine Gastronomi­e sowie Räumlichke­iten für Kongressve­ranstalter, denen der Kongress am Park zu groß ist.

 ?? Foto: Leitwerk ?? Im Münchner Glockenbac­hviertel entstand aus dem Turm eines ehemaligen Heizkraftw­erkes das höchste Wohngebäud­e der Innenstadt. Die Augsburger Firma Leitwerk über nahm Ausschreib­ung, Bauüberwac­hung und Kundenbetr­euung.
Foto: Leitwerk Im Münchner Glockenbac­hviertel entstand aus dem Turm eines ehemaligen Heizkraftw­erkes das höchste Wohngebäud­e der Innenstadt. Die Augsburger Firma Leitwerk über nahm Ausschreib­ung, Bauüberwac­hung und Kundenbetr­euung.
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Peter Weis

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