Mann finanziert Spielsucht mit Wucherzins
Justiz Ein 22-Jähriger verzockt 10 000 Euro. Dann leiht er sich Geld zu einem Zinssatz von 96 Prozent. Als er seine Schulden nicht mehr begleichen kann, landet er vor Gericht
Landkreis Augsburg Er war spielsüchtig und benötigte dringend Geld. Deshalb lieh er sich vor zwei Jahren bei einem Bekannten 3500 Euro und unterschrieb ein Darlehen mit einem Zinssatz von 96 Prozent pro Jahr. Vor dem Amtsgericht Augsburg trafen sich die beiden Männer aus dem südlichen Landkreis nun wieder. Jedoch nicht aufgrund des „Wucherzinses“, wie ihn Richterin Ortrun Jelinek bezeichnete. Der 22-jährige Angeklagte hatte seinem Bekannten eine gefälschte Quittung gezeigt und musste sich nun wegen Urkundenfälschung verantworten.
Durch Freunde ist der Angeklagte zum Spielen gekommen. Zunächst sei es nur um kleinere Beträge gegangen, erklärte er vor Gericht. Bald habe er größere Beträge eingesetzt: „Man denkt, man ist klüger und besser als die anderen.“
Um seine Spielsucht zu finanzieren, plünderte er seine Sparbücher. Insgesamt 10 000 Euro setzte er ein. Als er wieder Geld benötigte, bat er einen Bekannten aus der Schulzeit um 3500 Euro. Der Geldgeber erklärte vor Gericht, dass er die Summe auf dem Konto gehabt habe und sie dem Angeklagten deshalb für ein paar Monate überlassen konnte.
Wie das Darlehen letztendlich aussah, sei ihm damals egal gewesen, erinnerte sich der Auszubildende. Der Vertrag beinhaltete nicht nur einen Zinssatz von jährlich 96 Prozent, sondern auch einen Überziehungszins von jährlich 520 Prozent. Der Angeklagte sagte, er sei überzeugt gewesen, dass er das Geld durch das Spielen wieder verdienen würde. Eine erste Rate von 750 Euro konnte er jedoch erst nach den vorgeschriebenen drei Monaten begleichen. Als ihn sein Bekannter weiterhin aufforderte, die restlichen Schulden und anfallenden Zinsen zu begleichen, weihte der Angeklagte seine Eltern ein. Von ihnen erhielt er weitere 4250 Euro. Die Geldübergabe ließ er sich von seinem Bekannten quittieren. Um seine Eltern zu täuschen und in dem Glauben zu lassen, dass die Angelegenheit nun erledigt sei, fertigte der Auszubildende eine neue Quittung an. Auf dieser fälschte er nicht nur die Unterschrift seines Geldgebers, sondern fügte noch einen neuen Satz hinzu: Demnach bescheinigte sein Bekannter auf dem gefälschten Papier, dass mit dem erhaltenen Geld alle Schulden beglichen seien.
Die Realität sah jedoch anders aus: Der Angeklagte hatte bereits 5000 Euro gezahlt, sein Bekannter pochte aber weiterhin auf die Zahlung der restlichen Zinsen. Der 22-Jährige entschied sich deshalb, auch seinem Geldgeber die gefälschte Quittung zu zeigen. Er wollte ihn dadurch überzeugen, dass keine Geldbeträge mehr offen waren, erklärte der 22-Jährige. Der Zeuge zweifelte jedoch seine angebliche Unterschrift an und schilderte den Fall der Polizei. Verteidigerin Pia Güldner erklärte, dass beim Darlehen inzwischen eine Einigung erzielt werden konnte. Der Zeuge habe den Wucherzins zurückgezahlt.
Vor Gericht räumte der 22-Jährige die Urkundenfälschung ein: „Ich habe einen Riesenfehler gemacht.“Er erklärte, dass er wegen seiner Spielsucht in Behandlung war.
Gefälschte Quittung: „Dumme Aktion“
Staatsanwältin Julia Buijze forderte in ihrem Plädoyer eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro. Verteidigerin Güldner erklärte, ihr Mandant habe einen „dummen Fehler gemacht“. Sie bat Richterin Jelinek zu berücksichtigen, dass der Angeklagte sein Leben wieder in den Griff bekommen habe.
Jelinek sprach den 22-Jährigen der Urkundenfälschung schuldig. Sie nannte die gefälschte Quittung eine „dumme Aktion“. Er muss 300 Euro Geldstrafe zahlen und die monatlichen Raten von 50 Euro an eine soziale Einrichtung spenden.