Staatstrojaner
Begriffe verpacken ja oft mehr als einfach einen Inhalt. Sie werten unweigerlich. Typisches Problem: Sprechen Nachrichten nun von Freiheitskämpfern, Rebellen, Putschisten…? Alles tönt in einer anderen Schattierung zwischen Gut und Böse. Wie schwarz oder weiß ist da nun das Wort, das ganz offiziell den digitalen Lauschangriff der deutschen Behörden bezeichnet? Staatstrojaner. Klingt da Heldentum oder Heimtücke mit?
Der Begriff des Trojaners ist in der Computerwelt längst etabliert und spielt auf die klassische Geschichte an. Homers „Ilias“, Trojanischer Krieg, Griechen überlisten Trojaner letztlich entscheidend, indem sie ihnen ein riesiges Holzpferd schenken und in diesem versteckt die Verteidigungswälle überwinden, nächtlicher Überfall, Sieg. Wie das Holzpferd soll eben auch der Trojaner funktionieren, digitaler Zugriff. Bloß, dass er demnach eher Danaer heißen müsste. Denn so heißen bei Homer die Griechen – und deren Geschenk und Trick war es schließlich. Aber Staatsdanaer? Würde halt kaum einer verstehen.
Genauer betrachtet liefert der Begriff Trojaner noch zweierlei. Schuld am Krieg nämlich waren: die Trojaner. Deren Prinz Paris hatte dem Griechenkönig Menelaos die Frau geklaut, Helena. Und verloren haben: die Trojaner. Was also sagt uns der Staatstrojaner, weil er eben nicht Staatsdanaergeschenk heißt? Dass der Staat hier gar nicht der für Gerechtigkeit sorgende Rächer ist – sondern der, der den Betrug begeht und an den Folgen stark zu leiden haben wird? Eine Dame namens Kassandra jedenfalls hatte es den Trojanern ja damals schon vorausgesagt und wurde von ihren Mitbürgern dafür geschmäht. Heute gibt es viele solcher Stimmen, Kassandrarufe angesichts des Staatstrojaners. Ideologische oder verblendete Verleumder? Wie viel schwarz, wie viel weiß verpacken die Begriffe?