„Schlaf gut, mein Freund“: Bill Clinton nimmt Abschied von Helmut Kohl
„Helmut Kohl gab uns die Chance, an etwas beteiligt zu sein, das größer ist als wir selbst. Größer als unsere Amts zeiten, größer als unsere flüchtigen Karrieren. Denn wir alle werden früher oder später in einem Sarg wie diesem liegen. Das einzige Geschenk, das wir zurücklassen können, ist eine bessere Zukunft für unsere Kinder und die Frei heit, damit sie ihre eigenen Entschei dungen treffen können, eigene Fehler eingeschlossen. Ich habe ihn geliebt. Hillary sagte, ich liebe ihn, weil er der Einzige war mit einem größeren Ap petit auf Essen als ich … Einmal hat er mich mit in sein Lieblingsrestaurant genommen – in der Hauptstadt meines eigenen Landes …
Er hatte wichtige Fragen, die beantwor tet werden mussten und die alle heu te noch gültig sind. Und wegen seiner Antworten sind wir hier … Es gibt in der Politik keine permanenten Siege oder Niederlagen. Es kommt vor allem darauf an, was uns antreibt. Ich mochte diesen Mann, weil sein Appetit weit über das Essen hinausging. Er wollte eine Welt schaffen, in der niemand dominiert. Eine Welt, in der Zusammenarbeit besser als Konflikt ist. In der verschiedenartige Gruppen bessere Entscheidungen treffen als Alleinherrscher … Er hatte den Stand punkt vertreten, dass in einer Welt, die miteinander verflochten ist, … dass wir in dieser Welt einen gemeinsa men Nenner suchen müssen. Er liebte es, Deutscher zu sein. Er versuchte, mich dazu zu bringen, ein paar Dinge zu essen, die ich nicht essen wollte. Weil er es liebte, Deutscher zu sein. Er liebte es, Europäer zu sein. Aber in seinem großen, hochpolitischen, oftmals domi nierenden Führungsstil war die Grundlage das Verständnis, dass die Krebskrankheiten des 20. Jahrhun derts alle von Leuten kamen, die glaub ten, dominantes Herrschen ist besser als Zusammenarbeit. Darum sind wir alle hier. Alte Leute, die sagen wol len: Danke für die Möglichkeit, bei einer Sache mitzumachen, die größer ist als wir selbst. …
Schlaf gut mein Freund. Das größte Ge schenk, das du uns hinterlässt, ist die Lektion, dass es am wichtigsten ist, was wir unseren Kindern hinterlassen: Freiheit, Frieden, Sicherheit – damit sie für ihren eigenen Wohlstand sorgen können und ihre eigenen Träume verfol gen können. Sie sollen daran glau ben, dass sie Großes erreichen können, indem sie etwas aufbauen und nichts einreißen. Du hast das gut gemacht in deinem Leben. Und wir, die dabei sein durften, lieben dich dafür. Danke.“