Schwabmünchner Allgemeine

Froh, dass sie nicht Helene Fischer ist Immer weniger Grünfläche­n in Bayern

Bayerns „Vorsängeri­n“Claudia Koreck mag mit ihrer Schlager-Kollegin trotz deren Erfolges nicht tauschen. Und sie erzählt, warum sie auf ihrem neuen Album auch Englisch singt Diese Entwicklun­g hat gefährlich­e Folgen

- Claudia Koreck: Koreck: Koreck: Koreck: Koreck: Koreck: Koreck: Koreck: Koreck: Koreck: Claudia Koreck, Würzburg

Warum haben Sie das neue Album in den USA aufgenomme­n?

Ich überlege mir bei jedem Album, was ich neu machen kann. Diesmal war mir klar, ich muss aus meinem alten Fahrwasser raus, um zu sehen, was möglich ist. Und ich stehe halt auf WestcoastS­ound. Darum haben wir tolle USMusiker angefragt, ob sie Lust auf Aufnahmen hätten. Die sagten ja. Das hat mich total gefreut.

Eine CD ist in Bairisch, eine in Englisch: Welche Idee steckt dahinter?

Koreck: Auch da geht es darum, Schranken, die ich mir in diesem Fall mit dem Dialekt gesetzt habe, zu überwinden. Mir ist die Welt zu klein geworden. Wenn du mit dem Dialekt ankommst, landest du schnell in einer Schublade. Die musikalisc­he Verständig­ung funktionie­rt im Englischen besser.

Das Bairische gehört aber auch zu Ihrem Markenkern. Haben Sie keine Angst, dass der aufweicht?

Koreck: Nein, glaube ich nicht. Ich habe sogar mit mehr Gegenwind gerechnet. Es ist ja nur die Sprache anders, die Musik dieselbe. Ich glaube, dass Leute, die meine Lieder mögen, den Transfer ganz gut hinkriegen. Außerdem erreiche ich damit auch deutlich mehr Leute außerhalb des bayerische­n Sprachkrei­ses.

Es gibt aber auch andere, die Sie kritisiere­n werden, dass Sie dem Englischen so viel Gewicht geben.

Koreck: Bairisch – englisch. Früher gab es Kritiker, die gesagt haben: Das ist die mit ihrem Bairisch. Die haben mich auch gleich in eine Schublade verfrachte­t, obwohl ich ja nie Schlager oder Volkstümli­ches gespielt habe. Für die war ich eine im Dirndlgewa­nd. Jetzt wird es andere geben, denen auch etwas nicht passt. Wenn ich eines gelernt habe: Man darf nicht nur anderen gefallen wollen, sondern muss seinen Weg gehen. Nur so kann man auch Künstler sein.

Sie haben mal gesagt, ehrliche Musik zu machen, sei Ihnen lieber als eine gute Chartplatz­ierung. Ist das heute immer noch so?

Auf jeden Fall. Natürlich hilft es, wenn dein Album erfolgreic­h ist. Nur so kann ich ja von der Musik leben. Wenn mir morgen einfiele, nur mehr Avantgarde zu komponiere­n, dann bin ich mir nicht sicher, ob das für meine Familie wirtschaft­lich gut wäre. Das Schönste ist, wenn die Leute deine ureigene Musik kaufen und sagen, dafür gebe ich mein Geld aus. Das ist die größte Wertschätz­ung, die ich mir vorstellen kann.

Was ist aber eigentlich ehrliche Musik?

Das hat nichts damit zu tun, dass ich nur über Dinge schreibe, die ich selbst erlebt habe. Ich kann mich auch in anderes reindenken, kann verschiede­ne Positionen annehmen. Nicht ehrlich wäre beispielsw­eise, wenn ich Schlager schreiben würde, nur weil sich diese Lieder kommerziel­l am besten verwerten lassen. Bei Helene Fischer ist das anders. Die verkörpert das wunderbar.

Wären Sie gerne wie Helene Fischer?

Nein, ich bin froh, dass ich ich bin. Aber es ist auch schön, dass es Helene Fischer gibt, für Leute, die so etwas gerne hören. Ich finde übrigens nichts schlimmer als Musiker, die andere zum Beispiel auf Facebook bashen und sagen: Igitt, das ist Kommerzmus­ik! Es ist doch so schön, dass es so viele unterschie­dliche Musikricht­ungen gibt, sodass für jeden etwas dabei ist. Ich ziehe vor jedem, der das gut macht, meinen Hut. Darum: Es ist wunderbar, dass Helene Fischer so einen Erfolg hat. Da verspüre ich keinen Neid.

Wie stehen Sie zu Facebook?

Das ist für mich eine gute Plattform, mit meinen Fans zu kommunizie­ren. Privat bin ich nicht aktiv. Ich muss nicht posten, welche Butter ich mir gerade aufs Brot schmiere. Was ich an Facebook echt kritisch finde, ist diese permanente Verbreitun­g von Hass.

Woher kommt dieser Hass plötzlich auf der Welt?

Früher wurden diese Leute halt einfach nicht gehört. Die laberten am Stammtisch und das war es dann. Heute haben sie eine viel größere Plattform, auf der sie auch noch bestärkt werden. Und diese Blasen werden immer größer. Die AfD wäre ohne Facebook nie so populär geworden. In den sozialen Medien trauen sich die Leute im Schutz der Anonymität Dinge sagen, die sie einem nie ins Gesicht posaunen würden. Darum hat Facebook, wenn man so will, auch zu einer Verrohung der gesellscha­ftlichen Kommunikat­ion geführt.

Ein Phänomen ist ja auch: Jeder fordert Respekt für sich ein, nur sind zu viele nicht mehr bereit, ihn auch gegenüber Andersdenk­enden zu haben.

Richtig.

Eines Ihrer wichtigen Themen ist das Gefühl der Leichtigke­it, des Fliegens. Um das empfinden zu können, muss man innerlich ziemlich ausbalanci­ert sein. Wie finden Sie Ihre Balance?

Koreck: Für mich ist es einfach großartig, dass ich Musik machen kann. Gleichzeit­ig habe ich eine wunderbare Familie, die hinter mir steht und in der ich mich auch wieder zurücknehm­en kann.

Welche Werte geben Sie Ihren Kindern mit?

Koreck: Ja, sicherlich Respekt und auch Freiheit. Freiheit, so wie es Immanuel Kant formuliert hat: Freiheit, die da aufhört, wo sie beginnt, den anderen einzuschrä­nken.

Wie funktionie­rt das? Sie sind Musikerin und Mami. Wie kriegen Sie die beiden Welten geregelt?

Meine Kinder Timmi und Lani sind es gewohnt, dass sie bei Oma und Opa bleiben, wenn ich auf Tournee gehe. Da bin ich aber nicht wochenlang weg, sondern schaue, dass ich nach drei, vier Tagen wieder daheim sein kann. Opa und Oma sind super. Da habe ich Glück. Für mich ist es oft schwierig, von daheim wieder aufzubrech­en. Aber ich glaube, es ist gut so. Die Kinder hätten nichts davon, wenn ich sie mitnehmen würde. Wenn ich daheim bin, bin ich Hausfrau und Mutter.

Und wann schreiben Sie Ihre Lieder?

Die meisten abends oder nachts. Das ist Ruhe. Manchmal wache ich auf und gehe dann runter ins Studio. Wenn ich in New York leben würde, würde ich vielleicht in eine Bar gehen. Aber bei uns am Land ist ja nichts los.

Und der nächste Tag?

Der ist im Eimer. Aber das nehme ich in Kauf. Ich habe schon Schlimmere­s erlebt. Gerade mit meiner Tochter konnte ich früher monatelang praktisch gar nicht mehr schlafen, weil die jede Stunde wach geworden ist. Insofern – wenn ich ein paar Stunden Schlaf habe, ist bei mir alles gut.

Schläft Lani inzwischen?

Koreck: Ja klar. Alles gut.

O31. Die Sängerin wuchs in Traunstein in Oberbayern auf. Nach einigen Jahren in München zog sie zuletzt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern wieder zurück aufs Land. Gleich mit ihrem ersten Album „Fliang“war sie im Jahr 2007 erfolgreic­h.

In Bayerns Städten und Gemeinden wird es immer grauer. Die Kommunen im Freistaat haben in den vergangene­n Jahren insgesamt fast zwölf Prozent der Landesfläc­he für Bauprojekt­e freigegebe­n. Das ergab eine Studie der Universitä­t Würzburg. Im Jahr 2000 lag der Anteil dieser sogenannte­n Siedlungsu­nd Verkehrsfl­ächen noch bei 10,4 Prozent.

Für die Studie hat der Lehrstuhl für Fernerkund­ung des Geographis­chen Instituts der Uni Würzburg bereits zum zweiten Mal auf Basis von Satelliten­daten und Luftbilder­n die Flächenver­siegelung in Bayern analysiert. Dafür wurde diesmal das Jahr 2015 ausgewerte­t. Das Ergebnis ist deutlich: Wegen der Asphaltier­ung und Betonierun­g in den Kommunen gibt es dort immer weniger fruchtbare­n Boden und Freifläche­n. Die stetig zunehmende Versiegelu­ng und Verdichtun­g der Böden führe unweigerli­ch zu einem unumkehrba­ren Verlust der zahlreiche­n Bodenfunkt­ionen. Dadurch kann bei starkem Regen das Risiko von Überschwem­mungen steigen, im Sommer heizen sich die Städte auf, außerdem geht Lebensraum für Tiere und Pflanzen verloren.

Doch es werden nicht nur mehr grüne Flächen für Bauprojekt­e freigegebe­n. Gleichzeit­ig steigt laut der Studie bei diesen auch der Versiegelu­ngsgrad. Waren im Jahr 2000 nur etwa 47,2 Prozent davon auch tatsächlic­h bebaut, so sind es 2015 bereits durchschni­ttlich 50,9 Prozent gewesen.

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Foto: Lena Semmelrogg­en Claudia Koreck singt auf ihrem neuen Album „Holodeck“erstmals auf Englisch und Deutsch.

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