Schwabmünchner Allgemeine

„Da ist noch viel Luft nach oben“

Wolfgang Ritschel vom TSV Schwabmünc­hen ist ein erfahrende­r Erfolgstra­iner. Er bildet sich zur Weltmeiste­rschaft seine ganz eigene Meinung

- VON REINHOLD RADLOFF Schwabmünc­hen Ritschel: Ritschel: Ritschel: Ritschel: Ritschel: Ritschel: Ritschel: Ritschel: Ritschel: Ritschel:

Die Leichtathl­etikWeltme­isterschaf­t in London erzielt zurzeit große Aufmerksam­keit. Natürlich verfehlt sie auch ihre Wirkung auf heimische Trainer nicht. Wolfgang Ritschel, einer, der die Leichtathl­etik in Schwabmünc­hen seit Jahren hochhält und immer wieder erstaunlic­he Athleten hervorbrin­gt, hat zu ihr seine ganz eigene Meinung.

Wie geht es der Leichtathl­etikabteil­ung des TSV Schwabmünc­hen?

Ritschel: Sehr gut. Wir haben hervorrage­nde Trainingsb­edingungen, eine gute Übungsleit­er-Situation, betreiben sowohl Breiten- als auch Leistungss­port, haben stabile 250 Mitglieder und erzielen schöne Erfolge. Alles gut.

Gibt es keine Probleme?

Ritschel: Unser Problem ist, dass unsere Abteilung quasi nur aus Gymnasiast­en besteht, die uns oft, gerade gut ausgebilde­t, studienhal­ber verlassen.

Wie oft trainieren Sie denn?

Ritschel: Je nach Willigkeit fünfoder sechsmal pro Woche in der Leistungsg­ruppe.

Lohnt sich denn der Aufwand?

Selbstvers­tändlich. Zum Beispiel wurde Annika Schönebeck vor ein paar Jahren Siebte bei der Europameis­terschaft oder unsere Mannschaft im Siebenkamp­f deutscher Meister, oder mein Sohn Stefan hatte Zehnkampf-Einsätze bei Länderkämp­fen.

Gibt es denn auch starken Nachwuchs?

Da könnte man Namen wie Julia Stuhler, Markus Preisinger, Jonas Kell, Tristan Emig oder Martina Labermeier, alle aus unterschie­dlichen Diszipline­n, nennen, die in Bayern und teilweise in Deutschlan­d eine gute Rolle spielen.

Die Athleten genießen bei Ihnen eine hervorrage­nde Ausbildung. Zur Welt- meistersch­aft hat es aber noch keiner geschafft.

Wir setzen uns realistisc­he Ziele, die wir im Normalfall auch erreichen. Das sind dann die größten Erfolge für unsere Athleten, wenn sie ihr Optimum erreicht haben. Um ganz an die Spitze zu kommen, muss man beste motorische und körperlich­e Grundvorau­ssetzungen haben, die nicht antrainier­bar sind.

Sie kennen auch deutsche und internatio­nale Spitzentra­iner und haben sie schon beobachtet. Was machen die anders?

Eigentlich nichts, die kochen auch nur mit Wasser. Sie haben einfach die besseren Athleten. Gut das Training bei einem top Trainer immer dann, wenn es dem Athleten auch Spaß macht.

Sie hatten schon zwei Athleten zur weiteren Ausbildung in Amerika. Wie gefiel es denen dort?

Schwierige­s Thema. Beide kamen zurück und hatten an Niveau verloren. Sie wurden eigentlich kaputt trainiert. Ich würde niemand mehr rüberschic­ken.

Haben Sie denn schon viel von der WM gesehen? Gefällt sie Ihnen?

Das ist eine tolle Veranstalt­ung. 80000 Zuschauer im Stadion, das ist super. So langsam beginnen die Leichtathl­etik-Veranstalt­er, auch ein wenig Showelemen­te zum Beispiel beim Aufrufen der Athleten einzubauen. Das gefällt den Zuschauern. Aber da ist noch viel Luft nach oben.

Was müsste denn an der Leichtathl­etik verändert werden, damit sie noch attraktive­r wird?

Man könnte sich, abgesehen von der Show, ein paar neue Regeln überlegen, zum Beispiel bei den Versuchsza­hlen.

Sollten ein paar der vielen Diszipline­n rausgenomm­en werden?

Nur das Gehen würde ich abschaffen, da es nicht wie alle andeist ren auf Messen und Stoppen basiert, sondern subjektiv beurteilt wird.

Wie sehen Sie das Problem Doping bei solchen Veranstalt­ungen?

Ritschel: Ich lehne Doping grundsätzl­ich ab. Das Problem ist, dass die Fahnder immer einen Schritt hinterherl­aufen. Meiner Meinung nach müsste viel härter durchgegri­ffen werden, und zwar weltweit. Wir schneiden uns doch ins eigene Fleisch, wenn bei uns ganz genau hingeschau­t wird, während es in anderen Ländern oft gar keine Kontrollen gibt. Ich kann es verstehen, wenn deutsche Athleten sauer auf die Konkurrenz sind.

Wie sehen Sie die Bolt-Gatlin-Show?

Rischel: Ich glaube, die Ehrfurcht vor dem großen Meister war echt. Justin Gatlin hat erreicht, was er wollte. Ich denke nicht, dass er noch weitermach­t. Die biologisch­e Uhr tickt mit 35 Jahren ganz gewaltig, trotz aller super Trainingsm­ethoden.

Wie sieht die Zukunft der Leichtathl­etik aus und was müsste besser gemacht werden?

Ritschel: Weil die Leichtathl­etik die Mutter aller Sportarten ist, wird sie immer eine Zukunft haben. Dafür muss aber auch etwas getan werden. Die Lehrer in den Schulen müssen ebenso besser ausgebilde­t werden wie die Übungsleit­er in den Vereinen. Außerdem fristet das Thema Leichtathl­etik in der Halle und im Winter noch immer ein Schattenda­sein.

Ist eine Leichtathl­etik-Weltmeiste­rschaft in Deutschlan­d denkbar?

Sie wäre wünschenwe­rt und wichtig. Aber es gibt immer weniger Stadien, die dafür geeignet sind.

Kann diese Weltmeiste­rschaft in London einen Boom auslösen?

Sicherlich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass auch nur einer bei uns nur wegen der WM ins Training kommt.

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Fotos: Reinhold Radloff Das sind die Trainingsp­läne, sauber nach Jahren geordnet von Wolfgang Ritschel, Leichtathl­etiktraine­r aus Passion beim TSV Schwabmünc­hen und beim Verband.
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Eine akribische Trainingsv­orbereitun­g ist für Wolfgang Ritschel so wichtig wie das Training selbst. Deshalb hält er jede Einheit schriftlic­h fest.

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