Schwabmünchner Allgemeine

Dieses Projekt gibt der Jugend eine Stimme

Videobotsc­haften für die Politik: Bei der Aktion „Anruf nach Berlin!“sagen Jugendlich­e Politikern aus der Region, was sie wollen. Um diese Themen geht es

- VON FREDERIK HAUG

Landkreis Augsburg Sonja Hirsch steigt voll beladen in den bunt besprühten Wohnwagen. Im Gepäck hat sie weder Schlafsack noch anderes Campingequ­ipment, dafür aber einen Zettel mit ihrer politische­n Botschaft. Sie setzt sich auf das weiße Sofa und sagt: „Es ist schlecht, dass viel genießbare­s Essen weggeschmi­ssen wird, obwohl es noch nicht abgelaufen ist.“Sonja unterhält sich nicht mit einer Person, sondern spricht in eine Videobox. Die Gersthofer­in nimmt teil am Projekt „Anruf nach Berlin!“, das der Kreisjugen­dring Augsburg-Land ins Leben gerufen hat.

Der Wohnwagen hört auf den Namen SARA, das für „Statement Auf RAedern“steht. Er hält die Tür für junge Menschen offen, die mit einem kurzen Statement ihre Wünsche, Anregungen und Forderunge­n an die Politik in Form von Videobotsc­haften mitteilen wollen.

Egal ob neue Tische oder gesundes Essen in der Schule, Ehe für alle oder Umweltschu­tz: Die Themen sind vielfältig. Die Videos werden aufgezeich­net und auf Youtube hochgelade­n. Sie werden außerdem nach Berlin geschickt und dort Politikern gezeigt.

Seit dem Frühjahr ist der Wohnwagen nun unterwegs und besucht unterschie­dliche Jugendzent­ren und Einrichtun­gen. Videos gibt es bereits aus Welden, Bobingen, Schwabmünc­hen und einigen anderen Orten. In den kommenden Wochen sollen noch ein paar Stationen dazukommen, darunter unter anderem auch Ustersbach und Dachau.

Auch Carolin Marschall nimmt vor der Kamera Platz. Sie fordert, dass die Flüchtling­e gerechter unter den Mitgliedss­taaten in Europa verteilt werden. „Soweit wie es eben möglich ist“, fügt sie hinzu.

Ihre Freundin Nikola Hertl beschäftig­t ein ganz anderes Thema. Sie würdigt das deutsche Sozialvers­icherungss­ystem: „Das ist im Gegensatz zu vielen anderen Ländern doch sehr fortschrit­tlich.“Was ihr gefällt: In Deutschlan­d ist die Gleichbere­chtigung der Geschlecht­er noch nicht erreicht. Dort müsse sich noch einiges ändern.

Sabine Landau vom Kreisjugen­dring betreut das Projekt. Sie sagt: „Die Abgeordnet­en haben zugegeben, dass sie oft nicht richtig an die Jugendlich­en herankomme­n.“Das liege vor allem daran, dass sich die Jugendlich­en oft nicht trauen würden, offen gegenüber den Volksvertr­etern ihre Ansichten zu äußern. Genau hier will das Projekt des Kreisjugen­drings ansetzen und zwi- Politikern und jungen Erwachsene­n vermitteln. „Oft hören wir von den Jugendlich­en das Argument, dass die Politik sie sowieso nicht hört“, sagt Landau. Dagegen ermutige das Projekt junge Menschen, sich selbstbewu­sst zu äußern.

Während der Aufzeichnu­ngen im Wagen werden die Teilnehmer nicht alleine gelassen. Vor dem Videodreh erhalten sie eine kurze Schulung. In Einzelgesp­rächen und in der Gruppe wird über die Meinungen geredet und diskutiert. „Ich bin immer wieder erstaunt, wie pränicht zise die jungen Menschen dann ihre Meinungen formuliere­n“, zeigt sich Landau begeistert.

Bis der gemütliche Wohnwagen letztendli­ch zu einem Aufnahmest­udio wurde, war viel Arbeit nötig. Unterstütz­ung erhielt der Kreisjugen­dring von jungen Strafgefan­genen der JVA Niederschö­nenfeld, die das Fahrzeug um- und ausbauten. Graffiti-Künstler aus dem Landkreis verwandelt­en den alten Wagen in ein buntes Gefährt, das viele Blicke auf sich zieht.

Bereits im Juli war der Wohnwasche­n gen in Berlin. Dort beantworte­ten die schwäbisch­en Politiker Ulrike Bahr (SPD), Hansjörg Durz (CSU), Volker Ullrich (CSU) und Ekin Deligöz (Die Grünen) die zahlreiche­n eingesende­ten Fragen. Das Projekt soll nun weitergehe­n.„Wenn wir eine Förderung erhalten, dann werden wir mit dem Fokus auf die bayrischen Landtagswa­hlen weitermach­en“, verspricht Landau. Die Videos der Jugendlich­en findet ihr auf dem Youtube Kanal des Kreis jugendring­s Augsburg Land.

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Foto: Frederik Haug Die Jugendlich­en aus dem Landkreis Augsburg nutzten die Gelegenhei­t, eine Botschaft im Wohnwagen SARA, „Statement Auf RAedern“, abzugeben: Carolin (links außen), Nikola (rechts daneben) und Sonja (rechts außen) hatten viele Themen mit dabei, die sie...

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