Dieses Projekt gibt der Jugend eine Stimme
Videobotschaften für die Politik: Bei der Aktion „Anruf nach Berlin!“sagen Jugendliche Politikern aus der Region, was sie wollen. Um diese Themen geht es
Landkreis Augsburg Sonja Hirsch steigt voll beladen in den bunt besprühten Wohnwagen. Im Gepäck hat sie weder Schlafsack noch anderes Campingequipment, dafür aber einen Zettel mit ihrer politischen Botschaft. Sie setzt sich auf das weiße Sofa und sagt: „Es ist schlecht, dass viel genießbares Essen weggeschmissen wird, obwohl es noch nicht abgelaufen ist.“Sonja unterhält sich nicht mit einer Person, sondern spricht in eine Videobox. Die Gersthoferin nimmt teil am Projekt „Anruf nach Berlin!“, das der Kreisjugendring Augsburg-Land ins Leben gerufen hat.
Der Wohnwagen hört auf den Namen SARA, das für „Statement Auf RAedern“steht. Er hält die Tür für junge Menschen offen, die mit einem kurzen Statement ihre Wünsche, Anregungen und Forderungen an die Politik in Form von Videobotschaften mitteilen wollen.
Egal ob neue Tische oder gesundes Essen in der Schule, Ehe für alle oder Umweltschutz: Die Themen sind vielfältig. Die Videos werden aufgezeichnet und auf Youtube hochgeladen. Sie werden außerdem nach Berlin geschickt und dort Politikern gezeigt.
Seit dem Frühjahr ist der Wohnwagen nun unterwegs und besucht unterschiedliche Jugendzentren und Einrichtungen. Videos gibt es bereits aus Welden, Bobingen, Schwabmünchen und einigen anderen Orten. In den kommenden Wochen sollen noch ein paar Stationen dazukommen, darunter unter anderem auch Ustersbach und Dachau.
Auch Carolin Marschall nimmt vor der Kamera Platz. Sie fordert, dass die Flüchtlinge gerechter unter den Mitgliedsstaaten in Europa verteilt werden. „Soweit wie es eben möglich ist“, fügt sie hinzu.
Ihre Freundin Nikola Hertl beschäftigt ein ganz anderes Thema. Sie würdigt das deutsche Sozialversicherungssystem: „Das ist im Gegensatz zu vielen anderen Ländern doch sehr fortschrittlich.“Was ihr gefällt: In Deutschland ist die Gleichberechtigung der Geschlechter noch nicht erreicht. Dort müsse sich noch einiges ändern.
Sabine Landau vom Kreisjugendring betreut das Projekt. Sie sagt: „Die Abgeordneten haben zugegeben, dass sie oft nicht richtig an die Jugendlichen herankommen.“Das liege vor allem daran, dass sich die Jugendlichen oft nicht trauen würden, offen gegenüber den Volksvertretern ihre Ansichten zu äußern. Genau hier will das Projekt des Kreisjugendrings ansetzen und zwi- Politikern und jungen Erwachsenen vermitteln. „Oft hören wir von den Jugendlichen das Argument, dass die Politik sie sowieso nicht hört“, sagt Landau. Dagegen ermutige das Projekt junge Menschen, sich selbstbewusst zu äußern.
Während der Aufzeichnungen im Wagen werden die Teilnehmer nicht alleine gelassen. Vor dem Videodreh erhalten sie eine kurze Schulung. In Einzelgesprächen und in der Gruppe wird über die Meinungen geredet und diskutiert. „Ich bin immer wieder erstaunt, wie pränicht zise die jungen Menschen dann ihre Meinungen formulieren“, zeigt sich Landau begeistert.
Bis der gemütliche Wohnwagen letztendlich zu einem Aufnahmestudio wurde, war viel Arbeit nötig. Unterstützung erhielt der Kreisjugendring von jungen Strafgefangenen der JVA Niederschönenfeld, die das Fahrzeug um- und ausbauten. Graffiti-Künstler aus dem Landkreis verwandelten den alten Wagen in ein buntes Gefährt, das viele Blicke auf sich zieht.
Bereits im Juli war der Wohnwaschen gen in Berlin. Dort beantworteten die schwäbischen Politiker Ulrike Bahr (SPD), Hansjörg Durz (CSU), Volker Ullrich (CSU) und Ekin Deligöz (Die Grünen) die zahlreichen eingesendeten Fragen. Das Projekt soll nun weitergehen.„Wenn wir eine Förderung erhalten, dann werden wir mit dem Fokus auf die bayrischen Landtagswahlen weitermachen“, verspricht Landau. Die Videos der Jugendlichen findet ihr auf dem Youtube Kanal des Kreis jugendrings Augsburg Land.