Wer ist dieser Herr?
Schauspieler, Kabarettist, Late-Night-Show-Legende. Harald Schmidt wurde durch viele Rollen bekannt. Und doch ist er ein großer Unbekannter geblieben
Es gab eine Zeit, in der ein Mann – nicht Böhmermann – das Fernsehen aufmischte. Dessen Sendungen „MAZ ab!“oder „Schmidteinander“älteren Zeitgenossen noch heute ein seliges Lächeln ins Gesicht zaubern. Der in seiner Late-Night-Show mit Playmobilmännchen 25 Minuten lang den Ödipus-Komplex erklärte und mit Polen-Witzen seinem Spitznamen „Dirty Harry“gerecht wurde. Dieser Mann prägte die TV-Unterhaltung der 90er: Harald Schmidt.
Seine Geschichte ist märchenhaft, inklusive ihrem (vorläufigen) Happy End. Denn Schmidt, der heute 60 wird, macht inzwischen, was er will in seinem „Ruhestand“. Mal taucht er als hypochondrischer Lord in einer Pilcher-Schmonzette auf; mal lässt er sich dafür feiern, im neuen Schwarzwald-„Tatort“als Kripochef angeheuert zu haben. Was er aus „persönlichen Gründen“doch nicht tut, und was beim SWR nach wie vor für Verstimmung sorgt.
Regelmäßig auf Sendung ist er nicht mehr wie einst während seiner „Harald Schmidt Show“-Phase, die nach fast 19 Jahren, diversen Senderwechseln und Umbenennungen 2014 unverdient im Quotendesaster endete. Er genieße nun das Familienleben, versuche zu Hause in Köln nicht zu stören. „Und dann gönne ich es mir, einfach mal im Sessel wegzuratzen“, sagte er.
Und man weiß nicht, ob er das ernst oder ironisch meint. Ob da der Privatmann oder der Entertainer oder gar die Kunstfigur „Dirty Harry“spricht. Der private Schmidt ist stets ein Unbekannter geblieben, ähnlich wie Günther Jauch, wie Stefan Raab.
Man weiß: Mit seiner Lebensgefährtin, einer Lehrerin, hat er zwei Töchter und zwei Söhne sowie einen weiteren Sohn aus einer früheren Beziehung. Man weiß, dass er Fan des VfB Stuttgart ist, katholischer Priester werden wollte, dann allerdings an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart zum Schauspieler ausgebildet wurde.
Sein erstes Engagement hat er bei den Städtischen Bühnen Augsburg. Nach drei Jahren geht er 1984 ans Düsseldorfer „Kom(m)ödchen“. Unsere Zeitung befindet: „Kabarett liegt ihm, denn er ist musikalisch, spielt Orgel und Klavier, komponiert und schreibt Texte, hat Humor und schaltet schnell.“Schmidt steigt zum Kabarettstar auf, reist mit Soloprogrammen durchs Land, ab 1988 moderiert er „MAZ ab!“. 1992 übernimmt er den Show-Klassiker „Verstehen Sie Spaß?“.
Schon damals fragt unsere Zeitung: „Wer ist Harald Schmidt?“Um fortzufahren: „Optisch ein 1,92 Meter langer, gut und konservativ gekleideter Durchschnittstyp“. Wer er noch ist? Sohn eines Verwaltungsangestellten und einer Kindergärtnerin, geboren in Neu-Ulm („Nach vier Wochen waren wir weg“), aufgewachsen in Nürtingen nahe Stuttgart. Und seit kurzem Kolumnist für die digitale Tageszeitung Spiegel Daily. Dort erklärt er in Handy-Videos die Welt. Er sieht sehr entspannt aus.