Wo bleibt die Inflation?
Was früher Preise und Löhne steigen ließ, ist ausgehebelt
ch weiß, dass die tatsächliche
deutlich höher liegt als die offizielle. Die amtliche hat die Gnade eines Warenkorbs, der unrealistisch ist. Aber technisch ist es nicht möglich, eine individuelle Inflationsberechnung für Frau Müller oder Herrn Meier zu erstellen. Doch dies sollte kein Alibi für Beschönigungen sein, mit denen man die Inflation auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bringt.
Doch selbst die offizielle Inflation müsste höher liegen. Nach der weltweiten Dauerbewässerung mit viel billigem Geld, Zentralbankgeld und dem Dünger einer staatlichen und privaten Verschuldung sollten die Volkswirtschaften und deren Inflation gedeihen wie Unkraut im Mai. Gerade in Trump’s Country müssten angesichts einer Vollbeschäftigung blühende Landschaften anzutreffen sein. Weniger florierend ist dagegen die Realität. Amerika wächst im historischen Vergleich unterdurchschnittlich und seine Inflation ist homöopathisch.
Früher war Inflation eine nationale Angelegenheit. Heute hat die Inflationsgleichung viele internationale und technische Nebenbedingungen, weil Unternehmen rund um den Globus produzieren und standardisierte Prozesse digitalisiert werden. Und wo sollen da die Lohn-Preis-Spiralen, also das Hochschaukeln von Löhnen und Inflation, herkommen?
Von Rohstoffen sind ebenfalls keine Preisschübe zu befürchten, die wie nach den zwei Ölkrisen 1973 und 1979 zu Inflationsschüben bis sieben Prozent führten und durch tarifliche Lohnerhöhungen ausgeglichen wurden. Kämen heute die Opec-Länder auf die Idee, Förderkürzungen zu beschließen, hätten sie an steigenden Preisen nur vorübergehend Freude. Denn mit sinkender Gewinnschwelle würde in den USA „gefrackt“, was die Pumpanlagen hergeben. Am Ende wäre der Ölpreis wieder unten.
Die Folge: Sogar die Stabilitätswächter der Deutschen Bundesbank formulieren mittlerweile: „Die Anzeichen für einen nachhaltigen Umschwung bei der Inflation sind verhalten.“Für mich heißt das: Wo kein Inflations-Richter, da kein Zins-Henker!
Abseits von Inflations-Phantomschmerzen ist selbst die Fed wenig von einer ausgiebigen Zinsbehandlung überzeugt. Abzulesen ist dies an den am US-Finanzmarkt gehandelten Wahrscheinlichkeiten von Zinserhöhungen. Demnach wird erst im Frühjahr 2018 mit der nächsten Zinsanpassung gerechnet.