Frauenhaus muss viele Frauen abweisen
108 Frauen und Kinder fanden 2016 in der Augsburger Einrichtung eine Zuflucht. Ihre Aufenthaltsdauer verlängert sich, weil die Klientinnen im Anschluss keine Wohnung finden. Kann eine Erweiterung helfen?
Das Augsburger Frauenhaus ist zu klein. Zwar war der Bedarf an einer geschützten Zuflucht für Frauen und Kinder in den vergangenen Jahren gleichbleibend hoch. 2016 wurden aber erstmals mehr Frauen abgewiesen, als aufgenommen werden konnten: 108 Frauen und Kinder fanden letztes Jahr in der Augsburger Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt, die auch für die Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg und Landsberg zuständig ist, einen Platz – 112 Personen konnten dagegen nicht untergebracht werden. „Wir sind zwar das zweitgrößte Frauenhaus in Bayern, sind aber in der Regel immer voll belegt. Die Auslastung 2016 betrug 97,8 Prozent“, so Einrichtungsleiterin Birgit Gaile.
Die Frauen, die sich an sie wenden, haben oft ein jahrelanges Martyrium hinter sich. „Viele haben zuvor lange in Gewaltbeziehungen gelebt. Sie wurden Opfer von körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt. Die Kinder haben das miterlebt, wurden oft auch selber geschlagen“, sagt Gaile. Die Augsburger Einrichtung hat 42 Plätze – 21 für Frauen, 21 für Kinder. Die Frauen, die in der Augsburger Einrichtung unterkommen, sind im Schnitt zwischen 20 und 40 Jahre alt, es bitten aber auch Ältere um Hilfe. Gaile: „Es kommen Frauen aller sozialer Schichten und aller Altersgruppen zu uns. Im Schnitt bleiben sie zehn bis zwölf Wochen, zuletzt hat sich die Aufenthaltsdauer erhöht.“Das liegt an einem Augsburger Problem: der Wohnungsnot. Die Frauen fänden im Anschluss an ihren Aufenthalt einfach keine Wohnung in Augsburg.
SPD-Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr setzt sich für die Frauen ein und fordert schnelle Abhilfe. „Es ist eine Schande, dass immer noch die Hälfte aller hilfesuchenden Frauen, die regelmäßig Gewalt erfahren haben, mit ihren Kindern in Bayern keinen Platz in einem Frauenhaus bekommen.“
In der Konsequenz bedeutet das, dass die Frauen oft akut gefährdet sind, weil sie weiter in der Gewaltbeziehung bleiben. „Wir verweisen die Frauen an umliegende Häuser, aber alle Frauenhäuser in Bayern sind ausgelastet. Wir haben Frauen, die uns über Wochen hinweg anrufen und nach einem Platz fragen“, berichtet Gaile. Eine Erweiterung wäre sinnvoll. Aber laut der Leiterin der Augsburger Einrichtung würde dies das Problem nur kurzfristig lö- sen: „Wir könnten zwar mehr Frauen aufnehmen, aber wenn sie im Anschluss keine Wohnungen finden, dann wird es schnell wieder zu klein“, sagt sie.
Es müsste eine betreute Übergangssituation, mehr Wohnraum geschaffen und, so Birgit Gaile, entsprechendes Personal bereitgestellt werden. „Ein Hauptproblem ist, dass das Frauenunterstützungssystem unterfinanziert ist. Es gibt zu wenig Zuschüsse für das Personal. Für die Versorgung der Kinder stehen uns gerade einmal eineinhalb Stellen zu.“
Strohmayer fordert nun einen höheren Zuschuss für die Einrichtungen. „Jedes Frauenhaus im Freistaat bekommt im Durchschnitt nur 25 000 Euro Förderung pro Jahr.“Simone Strohmayr und ihre Kollegin, SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Müller, haben eine Resolution verfasst, die sie im Herbst im Landtag einreichen wollen. Schon im Juni 2015 wurden unter der Initiative Strohmayrs 3200 Unterschriften an die Präsidentin des Bayerischen Landtags Barbara Stamm übergeben.
ODas Augsburger Frauenhaus bietet Hilfe bei Ämter Angelegenhei ten, Gespräche zur Verarbeitung der Ge walterfahrungen, eine vorübergehende Wohnmöglichkeit und Kinderbetreuung. Es ist zu erreichen unter der Telefon nummer 0821/2290099.
„Das System, das Frauen stützt, ist unterfinanziert.“