„Wir brauchen eine Prioritätenliste“
Seit der letzten Wahl ist die Bürgerbewegung Königsbrunn im Stadtrat vertreten. Bei den Großprojekten fordert der Vorsitzende Peter Sommer, die Kräfte zu bündeln, und sagt, wo es ein Privatmann leichter hat als die Kommune
Während die große Politik im August die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs einläutet, legen die Kommunalpolitiker ihre Sommerpause ein. Angesichts der vielen großen Projekte in Königsbrunn ist das für uns der Anlass, Vertreter aller Parteien des Stadtrats zum Sommerinterview zu bitten, um zur Halbzeit der Wahlperiode eine Bilanz über das bisher Erreichte sowie Ziele und Wünsche für die verbleibenden zweieinhalb Jahre zu sprechen. Die Reihenfolge der Artikel entspricht dem Zeitpunkt der Interviews. Bei der BbK erschienen neben dem Vorsitzenden Peter Sommer auch die weiteren Mitglieder des Vorstands mit Ausnahme von Stadtrat Wolfgang Leis, der wegen Urlaubs nicht kommen konnte.
Für die BbK ist es die erste Wahlperiode im Stadtrat. Wie fällt Ihr Fazit über das Erreichte aus?
Am Anfang sind wir sicher etwas blauäugig herangegangen, aber man lernt dazu. Für uns ging es nicht darum, Teil der ganzen Politikgeschichte zu werden, wir wollten einfach etwas für Königsbrunn tun. Gott sei Dank hat sich die CSU überzeugen lassen, die Gradieranlage nicht zu bauen. Wir sind auch erleichtert, dass das Visioneum noch eingestellt wurde. Leider hat das beim 955-Infopavillon nicht geklappt, dieser wurde viel zu teuer gebaut, und jetzt sucht man händeringend nach einer Nutzung. Im Keller hat man die Dioramen der Lechfeldschlacht untergebracht, der Saal ist eigentlich zu klein. Für uns bleibt es dabei: Das Gebäude war teuer und bringt uns nicht weiter.
Königsbrunn steht vor großen Herausforderungen: Wie stehen Sie zu den Planungen für die Großprojekte?
Sommer: Was wir momentan machen, ist aus meiner Sicht zu viel auf einmal. Wir planen, beschließen im Stadtrat, und dann hakt es irgendwo – aktuell zum Beispiel im Umlageverfahren in der Stadtmitte. Es ist ein Fehler, zu versuchen, alles gleichzeitig zu machen. Wer soll die Arbeit erledigen? Wir können nicht fünf, sechs zusätzliche Kräfte im Rathaus einstellen, die dann in vier Jahren nicht mehr gebraucht werden. Stattdessen sollten wir auch mal Projekte extern vergeben, wie die geplanten Bebauungspläne an der Raber Straße oder an der Landsberger Straße. Auch der Bebauungsplan 3 „Angerstraße“muss endlich fertiggestellt werden. Diese Vorhaben muss man konsequenter angehen, denn Wohnen ist ein großes Problem in unserer Stadt. Und für die Großprojekte sollten wir eine Prioritätenliste festlegen und diese Themen abarbeiten. Für uns sind das die Therme, die Straßenbahntrasse und die Sanierung der Schulen. Bei der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße sollten wir erst weiterplanen, wenn die neue Beitragssatzung steht.
Die Straße nutzt ein Großteil der Königsbrunner, also sollten die Kosten auch auf alle aufgeteilt werden. Nur die Anwohner zu belasten, wäre nicht gerecht.
Es werden im Stadtrat oft mutige Ent- scheidungen gefordert. Aus Ihrer Sicht wäre es quasi die mutigste Entscheidung, zu sagen: Wir schaffen nicht alles auf einmal?
So kann man es ausdrücken. Natürlich will keiner im Stadtrat als Verhinderer dastehen. Aber andererseits muss man den Bürgermeister etwas in Schutz nehmen: Auch sein Tag hat nur 24 Stunden. Denn man muss feststellen, dass man sich als Privatmann um die Hälfte leichter tut, Projekte umzusetzen als Kommune. Diese ganzen Zwänge mit EU-Recht und europaweiten Ausschreibungen – das hatte ich mir wesentlich einfacher vorgestellt, bevor ich in den Stadtrat kam. Daher sehe ich es umso mehr als wichtig an, Prioritäten zu setzen und diese Projekte voranzutreiben. Dazu kommen noch weniger prominente Dinge, die nicht vergessen werden sollten.
Welche zum Beispiel?
Im Herbst werden wieder die Dämmerungseinbrüche kommen. Wir hatten einmal über eine Sicherheitswacht gesprochen, davon hört man jetzt nichts mehr. Da geht es darum, ein paar Freiwillige zu organisieren, die durch ihre Nachbarschaft spazieren und verdächtige Beobachtungen melden.
Auch das Thema Senioren ist wichtig, der Anteil der älteren Menschen in Königsbrunn steigt und muss in die Planungen einbezogen werden. Ein erster Schritt sind die Sportgeräte im Sportpark West, die gebaut werden sollen. Die Frage wird auch sein, wie man die Wirtschaftskraft der Senioren ins Zentrum bringen kann. Hier ist die Verkehrsplanung gefragt, vielleicht ließe sich ein Rundbus einrichten. Vorstellbar wäre auch ein zentrales Seniorenzentrum mit Gymnastikraum und Platz für Vorträge und Vhs-Kurse. Hier wäre der Infopavillon 955 geeignet. Im sportlichen Bereich wäre es gut, wenn es ein paar kleinere Gymnastikräume in der Stadt gäbe. Die Sporthallen sind oft einfach zu groß für so eine Gruppe.
Das Thema Verkehr wird bei den Planungen zur Straßenbahn mit bearbeitet. Ziel ist es, dass man künftig weniger als 500 Meter zur nächsten Haltestelle laufen muss.
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit im Stadtrat?
Sommer: Die passt insgesamt. Ein paar Sticheleien gehören dazu, aber im Allgemeinen herrscht ein gutes Klima. Das liegt ein bisschen auch am Bürgermeister. Allgemein muss die CSU mehr zuhören, weil sie nicht mehr die absolute Mehrheit hat und Mitstimmer braucht. Zwei Wünsche hätte ich: Ich fände es gut, wenn alle ohne Fraktionszwang und nur nach ihrem Gewissen abstimmen würden. Und es wäre schön, wenn manche Redebeiträge etwas kürzer ausfallen würden.
Welche Projekte müssen im Rat noch umgesetzt werden, damit Sie sagen: Die Wahlperiode war ein Erfolg?
Die neue Straßenausbaubeitragssatzung muss stehen. Die Wassergebühren müssen auf die tatsächliche Bebauung umgestellt werden – das war eines unser ursprünglichen Anliegen und wird bald abgeschlossen sein. Die Straßenbahn muss in absehbarer Zeit fertig sein, und wir müssen wissen, was mit dem Thermengelände passiert.