Wie das Hakenkreuz auf ein US Flugzeug kam
1944 musste ein amerikanischer Bomber in Penzing notlanden. Den konnte die Luftwaffe gut gebrauchen
Nach acht Jahrzehnten militärischer Nutzung wird zum Jahresende der Betrieb auf dem Penzinger Fliegerhorst zunächst oder auch für immer eingestellt. Im Juni war das 60-jährige Bestehen des Lufttransportgeschwaders 61 gefeiert worden, doch die Geschichte des Militärstandorts reicht bis in die Zeit der Wiederaufrüstung in den 1930erJahren und den Zweiten Weltkrieg zurück. Und in dieser Zeit landete dort auch einmal, im Herbst 1944, ein amerikanischer Bomber.
Nach der alliierten Invasion in Süditalien im September 1943 wurden dort nach und nach mehrere Flugplätze eingerichtet. Von dort aus ergingen die Einsatzziele für die einzelnen Bombergruppen. Am 4. Oktober 1944 wurde bei einem Einsatz ein Motor eines amerikanischen B-24-Liberator-Bombers der 765/461-Bombergruppe beschädigt und fiel dadurch aus. Der Ausfall eines von vier Triebwerken wäre für den Piloten jedoch noch kein Grund gewesen, notzulanden. Auch mit drei Motoren hätte er noch den Rückflug zur Basis Cerignola in Italien geschafft. Jedoch war auch sein Co-Pilot vermutlich durch Splitter der deutschen Flugabwehr schwer verwundet worden. Ihm musste dringend ärztliche Hilfe geleistet werden.
Deshalb steuerte der amerikanische Pilot den nächstgelegenen Flugplatz, in dem Fall Penzing, an und landete dort. Der Vorgang ist bisher weitgehend unbekannt. Der Co-Pilot wurde sofort in das nahegelegene Lazarett in St. Ottilien gebracht, wo er allerdings kurz darauf verstarb. Die übrige Besatzung – neben dem Piloten noch weitere zwei Offiziere und sechs Unteroffiziere – kamen in Gefangenschaft, die Offiziere in ein Lager bei Barth westlich von Stralsund, die Unteroffiziere in verschiedene andere Lager unter anderem in Pommern.
Dann war der deutsche Testpilot und Ingenieur Hans-Werner Lerche gefragt: Er war Spezialist für notgelandete Flugzeuge der Kriegsgegner, britische, US-amerikanische, sowjetische und italienische Flugzeuge verschiedener Typen. Die deutsche Luftwaffe hatte ein großes Interesse an solchen Beutestücken. Über seine Tätigkeit veröffentlichte Lerche, der 1994 starb, 1977 ein Buch („Testpilot auf Beuteflugzeugen“).
Bevor Lerche im Dezember 1944 mit einem Mechaniker nach Penzing kam, wurde der beschädigte Motor des B-24-Bombers mit dem Motor eines ebenfalls notgelandeten Flugzeugs desselben Typs am Flugplatz ausgetauscht und die Maschine flugklar gemacht. Außerdem wurde dem Flugzeug ein neues Kennzeichen mit der Bezeichnung CL + XZ und ein deutsches Hoheitszeichen verpasst. Die Liberator sollte dem Flug-Funk-Forschungsinstitut in Oberpfaffenhofen überstellt werden. Der Überführungsflug ging in Absprache mit der deutschen Flugabwehr glatt und endete mit einer Landung auf der Betonbahn in Oberpfaffenhofen.
Über das weitere Geschick dieses Flugzeugs ist jedoch nichts bekannt. Vermutlich wurde die B 24 Liberator wie viele andere dort nach dem Krieg verschrottet.