Mit dem neuen Zentrum in die Zukunft
Bernd Müller ist seit 1996 Bürgermeister in Bobingen und ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Im Interview spricht er über die größte Herausforderung der nächsten Jahre und die Zukunft der Schwimmbäder
Herr Bürgermeister, Sie sind in Bobingen seit 1996 im Amt. Wenn Sie nun zur Hälfte Ihrer vierten Amtsperiode zurückblicken: Was waren seit 1996 die großen Fortschritte in der Stadt Bobingen?
Bernd Müller: Bobingen hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu einer modernen, liebenswerten Kleinstadt entwickelt. Am deutlichsten wird dies natürlich im Bereich der Hochstraße sichtbar: hohe Aufenthaltsqualität, ein breites und gutes Spektrum von Geschäften und Dienstleistern lädt zum Einkauf und Verweilen ein. Mit hohem persönlichem Engagement stellen zahlreiche Akteure in und außerhalb unserer vielen Vereine Jahr für Jahr ein buntes und attraktives Kulturangebot auf die Beine, unterstützt und ergänzt durch das städtische Kulturamt, für das wir großes Lob von Bürgern und Besuchern erfahren. Unsere Feuerwehren sind top ausgestattet und untergebracht. Als Bürgermeister konnte ich maßgeblich beim Erhalt unseres Krankenhauses und dessen Integration in die „Erfolgsgeschichte“Wertachkliniken mitwirken. Chancen, wie beispielsweise die Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze, haben wir ergriffen. Und ich habe durch einige Krisen, sei es die Konjunkturkrise am Ende des letzten Jahrzehntes oder das Zittern über den Fortbestand der örtlichen Industrie, gelernt, diese Phasen verantwortlich und mit Augenmaß mit zu begleiten.
Was von dem, das Sie sich als Bürgermeister vorgenommen haben, haben Sie in dieser Amtsperiode seit 2014 erreicht?
Müller: Erreicht wurde die Komplettierung der Innenstadtgestaltung mit dem nun fertiggestellten dritten Bauabschnitt vom Kirchplatz bis zur Pestalozzistraße, inklusive des Erhaltes des Brauereigebäudes. Ferner hatte ich mir für diese Amtsperiode die Entwicklung der Siedlung mit der Stabilisierung des Wertachzentrums und der moderaten Baulanderweiterung vorgenommen. Auch die Gründung einer eigenen, städtischen Wohnungsbaugesellschaft stand mit ganz oben auf meiner Agenda.
Was sind die besonderen Probleme, mit denen Sie sich als Bürgermeister in Bobingen konfrontiert sehen?
Müller: Gemeinsam mit den Städten, Märkten und Gemeinden unserer Region sehe ich insbesondere die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum als die schwierigste Aufgabe der kommenden Jahre. Ein Bobinger Spezifikum ist allerdings der „Problembahnhof“, bei dem seitens der Bahn seit Jahren kein Wille zur Ertüchtigung zu sehen ist. Der unlängst gemeinsam mit dem Landrat erfolgte neue Anlauf bei Bahn und Freistaat, den Bahnhof endlich barrierefrei auszubauen, wartet auch noch auf positive Signale.
Was machen die Stärken der Stadt Bobingen aus? Worauf lässt sich die weitere Entwicklung aufbauen?
Müller: Die größten Stärken Bobingens sind die Menschen. Engagiert, hilfsbereit und, wenn es darauf ankommt, wie bei der eben eingetretenen Trinkwasserkrise, zu großem Zusammenhalt fähig – das kennzeichnet den Geist unserer Stadtgesellschaft. Neben einer sehenswerten städtischen Infrastruktur sind dies die eindeutigen Stärken unserer Stadt.
Was schätzen Sie als Privatmann am Leben in Bobingen besonders?
Müller: Bobingen bietet objektiv Alles, was ein attraktives Wohn- und Lebensumfeld benötigt. Ich schätze Bobingen als eine Stadt der kurzen Wege, mit einem hoch motivierten und vielfach wegen seiner Freundlichkeit gelobten Rathausteam – wir helfen gerne.
In Bobingen wurde und wird an allen Ecken und Enden gebaut, auch durch private Investoren, was das Gesicht der Innenstadt verändert. Welche Probleme bringt diese rasante Entwicklung mit sich?
Müller: Nun, so rasant sehe ich die Entwicklung auch wieder nicht. Natürlich freut es mich als Bürgermeister, wenn wir unseren eingeschlagenen Weg konsequent gehen. Von Beginn unserer ersten Planungen bis heute sind immerhin 17 Jahre vergangen. Nachverdichtung vor neuer Flächenversiegelung ist meines Erachtens nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch aus Wirtschaftlichkeitserwägungen im Hinblick auf die bereits vorhandene Infrastruktur richtig. Und eine Innenstadt, die alle maßgeblichen privaten und öffentlichen Einrichtungen fußläufig erreichbar macht, erachte ich zunächst einmal nicht als Problem, sondern als Gewinn.
Das Raumprogramm für ein Ganzjah- resbad ist vom Stadtrat beschlossen. Wie könnte die Finanzierung von 16,7 Millionen Euro für den Bau plus jährlichem Defizit aussehen? Was bedeutet das für andere Projekte?
Müller: Entscheidend aus meiner Sicht ist zunächst einmal die Tatsache, dass der Rat nun einer Gesamtlösung von Hallen- und Freibad den Vorzug gibt. Somit entscheiden wir nicht jetzt isoliert über das Hallenbad, um spätestens in etwa fünf Jahren eine erneute Diskussion über das dann wiederum sanierungsbedürftige Freibad zu führen. Wir streben ein Bad als Ganzjahresbad an, also mit der Möglichkeit, bei Regenwetter und kühleren Temperaturen auch im Sommer in der Halle zu baden. Wir erwarten dadurch eine Verstetigung der Besucherzahlen und damit natürlich auch eine höhere Kostendeckung. Dennoch bleiben Betriebsdefizite und natürlich kann eine solche Investition nur überwiegend kreditfinanziert werden. Indes bleibt es eine politische Entscheidung der 25 Mitglieder des Stadtrats, ob die Stadt sich ein Bad, wie nun auf den Weg gebracht, leisten will und ob gegebenenfalls andere Projekte dann eine nachrangige Priorität bekommen.
Immer wieder ging es auch um Einnahmequellen für die Stadt, viele Beiträge und Gebühren wurden erhöht. Wie stehen Sie zu Erhöhungen von Steuern und Gebühren im neuen Haushalt 2018?
Müller: Nicht nur in Bobingen sind die Stadträte gehalten, Gebühren für städtische Leistungen nach kaufmännischen Grundsätzen zu kalkulieren und zu erheben. Mit den gestiegenen Gebühren beispielsweise im Friedhof geht eine Steigerung des Serviceangebotes einher. Die Diskussion über Beiträge, insbesondere der Straßenausbaubeiträge, ist nun auch zu Ende gebracht und der Stadtrat hat es im Wesentlichen bei der bisherigen Regelung belassen. Ob und inwieweit wir Gebühren erhöhen und wie hoch die Steuerhebesätze in 2018 sind, wird der Stadtrat bei den im Winter beginnenden Haushaltsberatungen zu entscheiden haben.
Ganzjahresbad, Umbau der alten Mädchenschule, ein neues Friedhofskonzept, Sozialwohnungen, Projekte in der Siedlung. Die Themenliste der Stadtpolitik ist lang. Dabei knirscht es im Stadtrat immer wieder. Insbesondere vonseiten der CSU hören Sie Kritik an ihrem Führungsstil. Hemmt dies die Stadtentwicklung?
Müller: Ich plädiere dafür, mehr miteinander als übereinander zu sprechen. In der Sache gibt es öfter mal unterschiedliche Meinungen, das ist in der Demokratie völlig normal. Obgleich ich seit meinem Amtsantritt im Jahr 1996 noch nie über eine eigene, parteipolitische Mehrheit im Stadtrat verfüge – derzeit gehören von insgesamt 25 Mitgliedern des Rates mit mir gerade neun Stadträte der SPD an – konnte ich wohl dennoch einiges bewegen. Von persönlichen Anwürfen halte ich nichts, und selten brachten diese eine Gemeinde in der Entwicklung weiter.
Was wollen Sie bis zum Ende der Amtszeit 2020 noch unbedingt erreichen?
Müller: Ich möchte meine Amtszeit noch nicht im Jahr 2020 beenden, bis zum Ablauf der derzeitigen Amtsperiode in 2020 jedoch bleibt noch einiges zu tun. Zusätzliche Kindergarten- und Krippenplätze müssen gebaut werden, das Ganzjahresbad auf die Zielgerade gesetzt und zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Mindestens ebenso wichtig – und zwar über 2020 hinaus – ist für mich der Wille, als Bürgermeister für alle an der weiteren Verfestigung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes in unserer tollen Stadt mitzuarbeiten.
Die Fragen stellte Pit Schurian