Diesel Skandal setzt Autohändler unter Druck
Der Streit um manipulierte Abgaswerte und mögliche Fahrverbote für Innenstädte hat den Verbraucher verunsichert. Das bekommen die Augsburger Autohändler deutlich zu spüren. Und auch der Kunde selbst
Wenn Mehmet Emir dieser Tage über das Gelände seines Gebrauchtfahrzeughandels im Lechhauser Industriegebiet läuft, dann überziehen Sorgenfalten sein Gesicht. Von den rund 80 Fahrzeugen, die er anzubieten hat, haben etwa 50 Autos einen Dieselmotor. Aufgrund der aktuellen Debatte um den Diesel-Skandal, mögliche Fahrverbote in Innenstädten und eine drohende Klage der Deutschen Umwelthilfe sind Diesel Ladenhüter. „Seit Frühjahr sinken die Verkaufszahlen unserer DieselFahrzeuge deutlich. Etwa 90 Prozent meiner Kunden wollen derzeit kein solches Fahrzeug haben“, beschreibt der Händler.
Benziner könnte er dagegen gut verkaufen, nur bekommt er keine. „Der Markt ist leer, die Menschen trennen sich gerade nur ungern von ihren Benzinern. So gern ich welche ankaufen würde, ich bekomme kaum welche“, sagt Emir. Doch was für den Gebrauchtwagenhändler ein Problem ist, ist es auch für den Kunden: „Die Leute, die ihren Diesel verkaufen wollen, bekommen keinen guten Preis oder müssen gar damit rechnen, dass der Händler das Fahrzeug gar nicht annimmt. Denn er bekommt es selbst ja auch kaum wieder los.“So sammeln sich bei Emir „sehr interessante Fahrzeuge“und warten teils schon seit einem Dreivierteljahr auf einen neuen Besitzer. „Vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, dass ich vorwiegend VW, Audi und Skoda im Angebot habe und diese Marken stärker unter dem Skandal leiden als andere“, mutmaßt Emir.
Das glaubt Tobias Tierhold vom gleichnamigen Autohaus nicht. „Ich glaube, dass die Diskussion um den Diesel alle Marken betrifft.“Der Vertreter von Volvo, Mazda und Kia bekommt die Verunsicherung der Kunden ebenso zu spüren. „Sie trifft uns täglich. Vor allem im Gebrauchtwagensegment.“Hier verbuche sein Unternehmen einen Einbruch von mindestens 30 Prozent. Dies sei jedoch nicht nur mit Absatzschwierigkeiten der Dieselfahrzeuge zu begründen. „Die ganze Diesel-Thematik hat die Kunden derart verunsichert, dass sie beim Kauf gebrauchter Fahrzeuge ganz allgemein zurückhaltender sind“, erläutert Tierhold seine Erfahrungen. Das bestätigen auch andere Autohäuser.
Anders sei die Lage dagegen beim Absatz von Neufahrzeugen. Hier sei der Diesel-Skandal kaum spürbar. Das bestätigt auch Helmut Spengler, Geschäftsführer beim Augsburger Opel-Händler Sigg. Er sieht in
Bereich höchstens eine kleine Trendwende. „Was wir schon feststellen, ist, dass Wenigfahrer, die bisher aus Überzeugung DieselFahrer waren, nun über den Wechsel auf einen Benziner nachdenken oder tatsächlich umsteigen“, sagt er. Generell glaubt Spengler, werde sich die Diskussion um den Diesel aber auch wieder beruhigen. „Wer viel fährt, kommt um einen Diesel nicht herum. Und wer einen neuen
Diesel kauft, läuft meiner Ansicht nach auch keine Gefahr, von einem Fahrverbot betroffen zu sein“, ist Spengler überzeugt.
Ganz so locker sehen Gebrauchtwagenhändler Mehmet Emir und Tobias Tierhold die Lage dagegen nicht. „Ich kann die Unsicherheit der Kunden verstehen. Fahrzeuge, die vor einem Jahr noch als Modell neuer Technik galten, sollen möglicherweise bald nicht mehr in die Indiesem
nenstädte fahren dürfen. Und die Frage, die nach wie vor bleibt, ist: Was dann?“Zwar würden Möglichkeiten für Umrüstungen debattiert und getestet, aber konkrete Lösungen und Wege gebe es bislang nicht. Dass in jedem Fall allein ein Software-Update reicht, bezweifelt Tierhold nämlich. Er fordert: „Wir und auch die Kunden brauchen endlich verlässliche Ansagen. Es muss eine Entscheidung gefällt werden,
ob ein Fahrverbot kommt und wenn ja, ab wann, welche Fristen der Umsetzung gelten und wie dann nachgerüstet werden soll.“
Auch Gebrauchtwagenhändler Mehmet Emir hofft darauf, dass bald Klarheit geschaffen wird. Noch kann er seine Umsatzeinbußen verschmerzen und mit Einnahmen aus seiner Werkstatt kompensieren. Aber auf Dauer sei das keine ideale Lösung.