Warum Ganztag mehr als Betreuung ist
In gebundenen Angeboten lernen Kinder in ihrer Klasse bis in den Nachmittag hinein. Warum das an den Schulen im Augsburger Land aber bislang nur selten ist und welche Unterschiede es bei den Schularten gibt
Wenn Kinder den ganzen Tag in ihrer Klasse gemeinsam mit ihren Lehrern aus den Kernfächern lernen, dann kann das zur sozialen Gerechtigkeit in der Bildung beitragen. Das sagt unter anderem die jüngste Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Bildung. Und davon ist auch die SPD-Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr überzeugt. Umso mehr ärgert es sie, dass die Zahl der „echten“, nämlich der gebundenen Ganztagsangebote im Landkreis Augsburg stagniert, bei den Realschulen sogar leicht zurückgeht. Dort besuchten im vergangenen Jahr 4,2 Prozent der Kinder und Jugendlichen solch eine Klasse. Am geringsten ist die Zahl jedoch an einer anderen Schulart: Nur 1,9 Prozent der Gymnasiasten gehen in eine Ganztagsklasse.
Was sich auch im südlichen Landkreis sogar noch deutlicher widerspiegelt. Denn weder im Schwabmünchner Leonhard-Wagner-Gymnasium noch im Königsbrunner Gymnasium gibt es ein gebundenes Ganztagsangebot. In der Brunnenstadt gibt es zumindest eine offene Ganztagesbetreuung für Schüler der 5. bis 7. Jahrgangsstufe. 53 Schüler nehmen daran teil, was einer Quote von 4,6 Prozent entspricht. Dass die Ganztagsschule nur schleppend ausgebaut wird, sieht Strohmayr vor allem in der Verantwortung der Staatsregierung, die sich bei diesem Thema nicht bewege. An den Realschulen spreche die komplette Schulorganisation in einem Punkt gegen das Modell gebundene Ganztagsklasse, erklärt die Zusmarshauser Schulleiterin Heidrun vorm Walde. Ab der siebten Klasse gibt es vier unterschiedliche Zweige. Will man da sinnvolle Ganztagsklassen bilden, dann geht das nur bei ganz vielen Schülern.
Das Problem hat auch der Landkreissüden. In Schwabmünchen gibt es kein Ganztagesangebot an der Realschule. In Königsbrunn ist die Nachfrage derzeit noch sehr gering. „Es sind sechs oder sieben Kinder bei uns in der Betreuung. Die gehen in das offene Angebot der Mittelschule, die nur wenige Meter entfernt ist“, sagt Schulleiter Peter Schwarz. Dies reicht momentan auch aus, da die Nachfrage noch nicht größer ist. „Wir könnten ein Ganztagesangebot derzeit aber auch nicht logistisch stemmen, denn wir haben akute Platznot. Schon jetzt nutzen wir vier Räume der Mittelschule“, so Schwarz weiter. Erst mit einem Anbau könnte das in Königsbrunn Thema werden. „Mit Blick auf die Pläne zur Bebauung im Haunstetter Südwesten kann dies schnell Thema werden, da wir schon jetzt Schüler aus Augsburg haben.“Der Unterschied der offenen zur gebundenen Form liegt vor allem darin, dass in der offenen Betreuungsform Kinder aus unterschiedlichen Klassenstufen pädagogisch, aber nicht von ihren Fachlehrern betreut werden. Zudem gibt diese Form den Familien Flexibilität, weil Kinder auch nur an einzelnen Wochentagen angemeldet werden können. Gerade berufstätige Eltern zeigen Interesse an entsprechenden Angeboten. Für Grundschulkinder im südlichen Landkreis ist in Sachen Ganztagsklassen mehr geboten. Klassen gibt es in Königsbrunn, Schwabmünchen, Bobingen, in den Stauden und auf dem Lechfeld, teilt das Schulamt für den Landkreis Augsburg mit. Dabei gebe es nach Auskunft der Regierung von Schwaben im Landkreis aber überdurchschnittlich viele Grundschulen mit offenen Ganztagsangeboten, so in Klosterlechfeld und Fischach. In Schwabmünchen werden sogar beide Varianten angeboten. Ganze 35 von 218 Mittelschulklassen im Augsburger Land sind gebundene Ganztagsklassen, dort werden knapp 650 Jugendliche unterrichtet. Die Eltern schätzen vor allem den gesicherten Qualitätsrahmen des Angebots, so Schulrätin Aloisia Wiedenmann. Das scheint jedoch bei den Jugendlichen selbst nicht immer so zu sein. Gerade ab der siebten Klasse geht die Zahl der gebundenen Ganztagsklassen in den Mittelschulen stark zurück, weil sich die Schüler nicht mehr an den vorgegebenen Zeitrahmen binden wollen.
„Mit Blick auf die Pläne zur Bebauung im Haunstetter Südwesten kann dies schnell Thema werden, da wir schon jetzt Schüler aus Augsburg haben.“
Schulleiter Peter Schwarz