Ein Juwel, das nicht mehr glänzt
Warum das Hallenbad in Bobingen erst mit Verspätung in die neue Saison startet, wann die Schwimmer wieder im Becken ihre Bahnen ziehen können und welche Probleme noch zu meistern sind
Eigentlich sollte in Bobingens „Aquamarin“heute die Wintersaison beginnen. Doch weil das städtische Hallenbad erst zwei Wochen später als geplant öffnen kann, müssen sich Bobingens Wasserratten, Vereinsmitglieder und Schüler noch bis zum 21. Oktober gedulden. Grund für die Verzögerung sind Arbeiten an den Schwallwasserbehältern, in die aus den darüber liegenden Schwimmbecken das Wasser abfließt. Dafür muss die Stadt rund 80 000 Euro investieren, obwohl der Abbruch des Bades bereits beschlossene Sache ist. Das ist aber nicht das einzige Problem, wie Betriebsleiter Andreas Jasinsky berichtet.
Denn ein Badejuwel, wie es in der Werbung so schön heißt, ist die in die Jahre gekommene Anlage an der Parkstraße längst nicht mehr: Eine Etage unter den Besuchern sind massive Betonschäden nicht zu übersehen und auch die Nutzungszeit der Wasseraufbereitung ist am Ende angelangt. Der ursprüngliche Plan, sie durch eine aufwendige Sanierung dem heutigen Stand der Technik anzupassen und die Aufbereitungstechnik für Hallen- und Freibad zusammenzulegen, ist vier Jahre alt.
Seitdem ist das „Aquamarin“ein beherrschendes Thema der Kommunalpolitik und wird wohl auch bei der Bürgerversammlung am 25. Oktober eine wichtige Rolle spielen. Denn die Frage, wo die in einer Machbarkeitsstudie genannten 16,7 Millionen Euro für einen Neubau herkommen sollen, ist bisher nicht beantwortet.
Derzeit sind Jasinsky und sein Team damit beschäftigt, das Hallenbad für die neue Saison vorzubereiten. Wenn es ganz schlimm käme, könnte es vorerst sogar die Letzte sein, denn für veraltete Technikteile ist kein Ersatz mehr zu bekommen. „Wir reduzieren die Möglichkeit, dass es schiefgeht“, beschreibt der Betriebsleiter die häufigen Improvisationen in den langen Versorgungsgängen mit Dutzenden von Hebeln, Rohren und Schaltern.
Damit das „Bobinger Badejuwel“einen guten Eindruck macht, wenn am 21. Oktober die ersten Wintergäste kommen, werden jetzt sämtliche Duschen, Garderoben und sonstigen Flächen gründlich geputzt. Auch die Schwallwasserbehälter müssen gereinigt, die Filter gespült und das große Sportbecken mit 630 000 Litern Wasser gefüllt werden – eine Menge Arbeit, die aufgrund der knappen Personaldecke nicht selten Überstunden erfordert.
„Auch die Arbeitszeiten an Wochenenden und Feiertagen sind nicht immer nur ein Grund zur Freude“, sagt Vivien Kurfer. Die 24-Jährige will kommendes Frühjahr ihre Prüfung als Meisterin für Badebetriebe machen und schildert ihre hohe Verantwortung: „Samstags und sonntags bin ich als Aufsicht allein im Hallenbad; wenn ich mal kurz wegmuss oder Pause mache, springen Mitglieder der Wasserwacht ein“. Offiziell darf sie höchstens zehn Stunden am Tag arbeiten. Bernhard Langert, Leiter der Bäderbetriebe im Rathaus, bestätigt, dass es immer schwieriger sei, geeigneten Nachwuchs zu finden.
Christian Kuhn, Geschäftsführer der deutschen Sportstättenbetriebsund Planungsgesellschaft aus Herne, schlägt in seiner Studie für das geplante Ganzjahresbad jeweils zwei Aufsichtskräfte vor – ein erheblicher Kostenfaktor, über den der Stadtrat ebenso wie über viele andere Details noch diskutieren muss. Fest steht bisher anscheinend, dass das 50-Meter-Freibecken wohl aufgelöst wird, was vielen Bürgern nicht gefällt (wir berichteten). Stattdessen soll es ein 25-Meter-Sportbecken mit sechs Bahnen geben, außerdem ein Lehrschwimmbecken mit Hubboden.
Ein Cabrio-Dach kann bei gutem Wetter geöffnet werden, auch eine Textil-Sauna – also mit Badekleidung – ist im Gespräch. Eine Meersalzgrotte und ein Außensolebecken könnten zudem Besucher von auswärts nach Bobingen locken. Denkbar ist außerdem, durch verschiedene Kurse vom Babyschwimmen bis zur Rückenschule zusätzliche Einnahmen zu generieren.
Kritik kommt unter anderem von Michael Ammer, dem Vorsitzenden der Freien Bürger-Union (FBU). „Dieses Projekt stellt Bobingen vor eine der größten finanziellen Herausforderungen überhaupt“, stellt er in einer Pressemitteilung fest. Die beiden FBU-Ratsmitglieder Florian Vogl und Franz Handschuh hatten sich aufgrund der Planung vor der Sommerpause außerstande gesehen, über das Raumprogramm für ein neues Bad abzustimmen.
„Denn zur Finanzierung gab es keinerlei Angaben“, sagt Handschuh, „und unmittelbar Betroffene wie die Wasserwacht und der angrenzende Saunaparkbetreiber kamen nicht zu Wort.“Von der FBU vorgeschlagene Schulungsräume für die Wasserwacht, ein integriertes Shop-System, eine offene Gastronomie sowie weitere Attraktionen, um die Wirtschaftlichkeit des Bades zu steigern, würden nun wohl keine Berücksichtigung mehr finden, fürchtet Ammer. Deshalb fordert die FBU von der Stadtverwaltung ein seriöses Finanzierungskonzept: „Bei einem Vorhaben dieser Größenordnung, welches Bobingen und seine Bürger finanziell über Jahrzehnte hinaus bindet, sollte es aus unserer Sicht selbstverständlich sein, sich Zeit für die bestmögliche Lösung zu nehmen!“
Mit dem vom Stadtrat beschlossenen Raumprogramm muss sich nun ein Generalplaner beschäftigen, der die echten Neubaukosten genauer beziffern soll. Mit der Genehmigung des vorzeitigen Baubeginns kann die Stadt voraussichtlich im Frühjahr 2019 rechnen. Wollte sie früher starten, wären Zuschüsse gefährdet. Den tatsächlichen Start der Arbeiten schlägt die Verwaltung für März 2020 vor, damit für die Wintersaison 2019/20 größtenteils noch ein Hallenbad in Bobingen zur Verfügung steht. Ob die veraltete und anfällige Technik allerdings noch so lange durchhält, kann Andreas Jasinski nicht vorhersagen. ist ab 21. Oktober geöffnet: Montag, Dienstag und Donnerstag 14 bis 21 Uhr, Mittwoch 14 bis 17 Uhr, Freitag 9.30 bis 21 Uhr, Samstag und Sonntag 9.30 bis 17 Uhr.