Sein Cannabis trocknete er auf dem Wäscheständer
Ein 39-Jähriger erntete in drei Jahren gut zwei Kilogramm Marihuana. Warum er trotzdem glimpflich davonkam
Die meisten Gartler bauen Gurken, Tomaten oder Feldsalat auf Beeten hinter dem Haus oder auf dem Balkon an. Es gibt auch Züchter, die gehen in den Keller, um Champignons zu kultivieren. Und dann gibt es noch die Spezialisten, die sich mit einem grünen Daumen einem ungewöhnlichen – und strafbaren – Hobby widmen: Sie züchten mit viel Geduld, Speziallampen und großer Vorfreude Cannabis-Pflanzen. Und ernten dann zwei Mal im Jahr Blütenstände und Blätter. Getrocknet nennt man dies schlichtweg Marihuana. Ein 39-Jähriger aus dem westlichen Landkreis erwies sich über Jahre hinweg als erfolgreicher CannabisGärtner. Gestern wurde er zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Eine recht milde Strafe, die aber gut begründet war.
2013 war das Leben des Angeklagten aus den Fugen geraten. Er hatte die Arbeit verloren, weil seine Firma pleitegegangen war, wurde geschieden und musste sich überdies mit einer langwierigen Verletzung herumplagen. So suchte er offenbar Trost im verbotenen Drogenkonsum. In Bregenz kaufte er Cannabis-Samen und eine Aufzuchtanlage und päppelte in seinem Keller vier Pflanzen auf. Die Ernte – zweimal im Jahr – war nicht schlecht. Getrocknet auf einem Wäscheständer brachte sie immerhin zwischen 250 und 370 Gramm auf die Waage. Die illegale Keller-Plantage blieb unentdeckt. Bis zum 19. Oktober 2016. Er hatte sich mit einem Freund in Augsburg verabredet. Der sollte ihm zwei Gramm Kokain besorgen, das er an seinem 39. Geburtstag wenige Wochen später probieren wollte. Im Gegenzug brachte er ihm drei Gramm Marihuana mit. Auf der Rückfahrt nach dem Drogengeschäft geriet er zufällig in eine Polizeikontrolle. In seinem Rucksack entdeckten die Beamten nicht nur das Briefchen mit dem Kokain, sondern auch einen Beutel mit rund 300 Gramm Marihuana, den er unter dem Beifahrersitz versteckt hatte. Bei der Wohnungsdurchsuchung hoben die Beamten dann auch die DrogenPlantage aus. Der nicht vorbestrafte Mann packte aus und machte genaue Angaben zu den Ernten der letzten drei Jahre. Summa summarum ergab sich eine Drogenmenge von rund zwei Kilogramm. Damit weit mehr als eine „nicht geringe Menge“, sodass die Staatsanwaltschaft von mehreren Verbrechenstatbeständen nach dem Betäubungsmittelgesetz ausging; mit jeweils einer Einzelstrafe von mindestens einem Jahr.
Zunächst hatte der 39-Jährige behauptet, er sei bei der polizeilichen Vernehmung so unter Druck gesetzt worden, dass er mehr gestanden habe. Als Staatsanwältin Julia Mayer aber darauf hinwies, dass er mit einem Geständnis noch einmal Bewährung bekommen könne, schwenkte er nach einigem Hin und Her wieder um: Was in der Anklage stehe, sei richtig. Sieben geladene Zeugen, darunter fünf Polizisten, konnten deshalb ohne Aussage nach Hause geschickt werden. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Susanne Scheiwiller verurteilte den Mann schließlich zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten. Er muss sich als Auflage Drogenkontrollen unterziehen. Weil er einen Teil seiner Ernte auch an Freunde verkauft hatte (Grammpreis: zehn Euro) muss er den damit gemachten geschätzten Gewinn von 2000 Euro als „Wertersatz“an den Staat zurückzahlen. Diese Gewinnabschöpfung ist seit Kurzem bei allen Straftaten, bei denen der Täter Gewinn erzielt hat, Gesetz. Zahlt jemand den Wertersatz nicht, beantragt der Rechtspfleger bei Gericht die Privatinsolvenz des Verurteilten. SCHWABMÜNCHNER ALLGEMEINE