Unter einem Dach geht’s ratzfatz
In Ein- oder Zweifamilienhäusern kann grundlos gekündigt werden
Mietern, die die Miete pünktlich zahlen und die Regeln des Mietvertrages einhalten, kann nur in Ausnahmefällen gekündigt werden. Zum Beispiel wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse, wie Eigenbedarf, geltend macht, er also selbst in die Wohnung ziehen will oder ein naher Familienangehöriger.
Von diesem Grundsatz gibt es allerdings eine wichtige Ausnahme: Wohnen Mieter und Vermieter „unter einem Dach“in einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung oder in einem Zweifamilienhaus, kann der Vermieter kündigen, ohne einen gesetzlich anerkannten Kündigungsgrund, wie Eigenbedarf, zu haben – praktisch grundlos. Hintergrund dieses Sonderkündigungsrechts ist die besondere Wohnsituation von Mietern und Vermietern, die wegen der typischen Bauweise eines Ein- oder Zweifamilienhauses in enger Tuchfühlung zusammenleben.
Selbst in größeren Gebäuden als Ein- und Zweifamilienhäusern kommt das Sonderkündigungsrecht in Betracht, wenn neben den beiden Wohnungen für Mieter und Vermieter noch Gewerberäume im Haus existieren. Hat der Mieter allerdings eine Wohnung in einem Haus mit drei Wohneinheiten angemietet, hat der Vermieter kein Sonderkündigungsrecht, auch dann nicht, wenn er zwei Wohnungen zu einer zusammenlegt oder eine Wohnung als Gewerbe- oder Büroraum nutzt.
Beruft sich der Vermieter auf sein Sonderkündigungsrecht, verlängert sich die Kündigungsfrist für den Mieter um drei Monate. Bei einer Mietdauer von bis zu fünf Jahren hat der Vermieter dann eine Kündigungsfrist von sechs statt drei Monaten einzuhalten. Außerdem können sich Mieter gegen die Kündigung des Vermieters noch mithilfe der sogenannten Sozialklausel wehren, indem sie sich auf die Härtegründe, wie Krankheit, hohes Alter, fehlender Ersatzwohnraum oder Ähnliches berufen. Dann muss gegebenenfalls das Gericht zwischen den berechtigten Interessen des Vermieters, wie sie im Kündigungsschreiben aufgeführt werden, und denen des Mieters und seiner Familie abwägen.
Der Autor Franz Obst ist Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Koblenz. Einen Namen als Experte für Zwistigkeiten nicht nur am Gartenzaun hat er sich als Streitschlichter in der RTL-TV-Serie „Nachbarschaftsstreit“, als Vortragsredner und Buchautor mit Titeln wie „Nachbar – Deutsch, Deutsch – Nachbar“(Langenscheidt Verlag) gemacht.