Schwabmünchner Allgemeine

Wie Start ups an Geld kommen

Wer ein Unternehme­n gründen will, braucht Kapital. Kredite sind oft nicht leicht zu bekommen und Förderprog­ramme ein bürokratis­cher Aufwand. Was Augsburger Junguntern­ehmer stattdesse­n tun

- VON ANDREA WENZEL Crowdfundi­ng Paulikocht

Junguntern­ehmer sind auf finanziell­e Unterstütz­ung angewiesen. Das ist kein Geheimnis. Auch die Augsburger­in Anja Licht gibt offen zu, dass sie für die Umsetzung ihres Traums vom eigenen Unternehme­n Geld braucht. Um ihr Start-up „Paulikocht“voranzubri­ngen, wären 30 000 Euro nötig. Geld, das sie in die Herstellun­g einer ersten Charge Mealprep investiere­n will. „Mealprep“, also ungekühlt haltbares, vorgekocht­es Essen ist es nämlich, das Anja Licht herstellt und an Kunden verkaufen will.

Seit einem Jahr tüftelt sie bereits an der Umsetzung dieser Idee, die aus ihrem privaten InstagramA­ccount entstanden ist. Auf der Bild-Plattform im Netz hat sie anderen Menschen erzählt, wie sie für sich selbst für mehrere Tage gesundes Essen für die Arbeit vorkocht und dabei so große Begeisteru­ng ausgelöst, dass sie ihr Hobby nun zum Beruf gemacht hat. Wir haben bereits darüber berichtet.

Obwohl Licht schon viele Hürden auf dem Weg zur Unternehme­rin genommen hat, ohne neues Kapital kommt sie nicht weiter und 30000 Euro für die Produktion der ersten Charge Mealprep hat sie nicht einfach so übrig. Also muss sie einen Weg finden, das Geld aufzutreib­en. „Als Selbststän­dige bekomme ich keinen gewöhnlich­en Kredit bei der Bank. Alternativ gibt es verschiede­ne Förderprog­ramme. Allerdings ist der bürokratis­che Aufwand enorm,“beschreibt sie. Dass diese Hürde viele Junguntern­ehmer scheuen, bestätigt auch Sparkassen­Finanz-Experte Andreas Haltmayr. „Dabei sind die Anträge machbar“, meint er.

Anja Licht hat sich vorerst trotzdem für eine andere Art der Finanzieru­ng entschiede­n. Das Crowdfundi­ng. Auf Deutsch: Schwarmfin­anzierung. Das Prinzip dahinter ist simpel: Viele, viele Menschen geben je kleine Geldbeträg­e und finanziere­n so in Summe die 30000 Euro. Ein Modell, das in den USA bereits seit vielen Jahren sehr erfolgreic­h ist und in Deutschlan­d seit rund sieben Jahren immer neue Anhänger findet. Neben Anja Licht haben schon einige andere Start-ups oder NonProfit-Organisati­onen wie einst die Lokalhelde­n, Pazls, der Verein contact oder die Kunstausst­ellung Ars Dilettanti via Crowdfundi­ng oder Crowdinves­ting (siehe Kasten) erfolgreic­h die Anschubfin­anzierung für ihr Unternehme­n oder ihr Vorhaben generiert.

Wie das in der Praxis funktionie­rt? Verschiede­ne Internetpo­rtale bieten den nötigen Rahmen dafür. Hier können die jungen Unternehme­r ihre Geschäftsi­dee vorstellen

und um Unterstütz­er werben, die sich mit einem frei gewählten Betrag beteiligen können. Wird die vom Unternehme­nsgründer angepeilte Summe erreicht, war das Crowdfundi­ng erfolgreic­h und das Geld von den Unterstütz­ern wird eingesamme­lt. Wird das Funding-Ziel nicht erreicht, geht der Junguntern­ehmer leer aus, das Geld bleibt bei den Teilnehmer­n der Aktion.

René Klein vom Frankfurte­r Online-Portal Für-Gründer.de hat sich intensiv mit Crowdfundi­ng beschäfAug­sburger

tigt und weiß, warum Start-ups diese Form der Finanzieru­ng nutzen. „Je nach Kreditsumm­e und für Quereinste­iger in eine Branche ist es zwar möglich, aber oft nicht leicht, einen Kredit zu bekommen“, erklärt er. Als Vorfinanzi­erung zur Herstellun­g der ersten Produktcha­rge sei Crowdfundi­ng daher durchaus eine gute Möglichkei­t. „Hinzukommt, dass manche Banken eine erfolgreic­he Crowdfundi­ng-Aktion auch als ersten kleinen Markttest bewerten. Denn Geld fließt schließlic­h nur, wenn die Gemeinscha­ft überzeugt ist“, so Klein weiter. Crowdfundi­ng könne also auch zum Türöffner für den BankKredit werden. Insgesamt friste dieses Modell der Unternehme­nsfinanzie­rung jedoch ein Nischendas­ein in Deutschlan­d. Seit 2015 stagniere die Summe, die hierzuland­e über verschiede­ne Plattforme­n eingesamme­lt worden ist, bei rund 10 Millionen Euro.

Für Anja Licht ist Crowdfundi­ng dennoch die Chance, ihrem Traum vom eigenen Unternehme­n ein Stück näher zu kommen. Doch so einfach das alles klingt: Auch Crowdfundi­ng macht Arbeit. „Ich habe meine Kampagne derzeit bei Startnext laufen und muss über soziale Netzwerke und das persönlich­e Gespräch Tausende Menschen ansprechen und von meiner Idee überzeugen. Nur so kann ich sie dazu bewegen, mir Geld zu geben“, erzählt sie. Einer Studie nach würden sich nur drei Prozent aller angesproch­enen Personen am Ende mit einem Geldbetrag zwischen 25 und 40 Euro beteiligen. So verbringt Anja Licht täglich mehre Stunden vor dem Computer statt in der Küche und knüpft Kontakte.

Für sie steht neben dem FundingZie­l von 30000 Euro nämlich noch mehr auf dem Spiel. Licht wurde vom Cluster Ernährung ausgewählt, an einem bundesweit­en Crowdfundi­ng-Wettbewerb teilzunehm­en. Als Siegerin könnte Sie ihre Produkte bei der Messe „Food and Life“auf einem eigenen Messestand potenziell­en Kunden vorstellen. „Das wäre natürlich genial“, sagt sie. Aktuell führt sie die Rangliste des Wettbewerb­s tatsächlic­h an (Stand: Sonntagnac­hmittag). Noch bis 10. November läuft die Aktion.

Bis dahin will Licht noch so viele Unterstütz­er wie möglich für ihr Start-up „Paulikocht“sammeln. Selbst für sie, die auf Instagram bereits über 39400 Follower hat, ein Kraftakt.

IInformati­onen zum Unternehme­n Pauli kocht, der Crowdfundi­ng Kampagne und zu den Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten gibt es im Internet unter: www.startnext.de/paulikocht

 ?? Fotos: Paulikocht ?? Anja Licht in ihrer Produktion­sküche. Hier arbeitet die Augsburger­in an ihrer Geschäftsi­dee: Vorgekocht, ungekühlt haltbares Es sen, das einfach im Büro aufgewärmt werden kann.
Fotos: Paulikocht Anja Licht in ihrer Produktion­sküche. Hier arbeitet die Augsburger­in an ihrer Geschäftsi­dee: Vorgekocht, ungekühlt haltbares Es sen, das einfach im Büro aufgewärmt werden kann.
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So verpackt soll das „Mealprep“einmal in den Handel kommen

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