Söder will keinen europäischen Superstaat
Wie der künftige Ministerpräsident über die GroKo und den CSU-Vorsitz denkt
Mit einer klaren Absage an einen europäischen Superstaat geht die CSU in die Gespräche über eine Neuauflage der Großen Koalition. „Die Mehrzahl der Menschen will nicht, dass Bayern nur noch eine Verwaltungseinheit Europas ist“, betont Finanzminister Markus Söder im Gespräch mit unserer Redaktion. Neben dem Streit um die Bürgerversicherung oder den Familiennachzug von Flüchtlingen kristallisiert sich für das Treffen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD am Mittwoch damit ein dritter Knackpunkt heraus – nämlich die Forderung von SPD-Chef Martin Schulz, bereits bis zum Jahr 2025 die Vereinigten Staaten von Europa zu gründen, eigener Verfassung und eigenen Finanzminister inklusive.
Die Verhandlungen darüber überlässt Söder, der Anfang nächsten Jahres neuer Ministerpräsident werden soll, weitgehend Parteichef Horst Seehofer. „Meine Mission ist Bayern“, sagt er – und dass er die schwierigste Aufgabe übernommen habe, die ein CSU-Wahlkämpfer bislang zu bestehen hatte. Nur noch wenige Monate Zeit bis zur Wahl, neue Mitbewerber wie die Alternative für Deutschland und die wiedererstarkte FDP, dazu Umfragewerte weit unter 40 Prozent: Angesichts dieser Unwägbarkeit möchte Söder vor allem mit einem Stabilitätsversprechen punkten. „Die Bayern wollen keine Berliner Verhältnisse im eigenen Land“, ist er sich sicher. Das ist, zum einen, auf die gegenwärtige Hängepartie bei der Regierungsbildung gemünzt, zielt aber auch auf die Verhältnisse in Berlin selbst, wo die Polizei Diebstähle schon gar nicht mehr verfolge und Bürger oft monatelang auf einen neuen Pass warten müssten.
Dass er Seehofer über kurz oder lang auch an der Spitze der CSU ablösen will, bestreitet Söder. Für wie lange das gilt? „Das gilt dauerhaft.“Als Beispiel für eine solche Arbeitsteilung nennt er die Doppelspitze mit Theo Waigel als Parteichef und Edmund Stoiber als Ministerpräsident in den neunziger Jahren. „Die hat ja auch funktioniert.“
Über die Schwerpunkte des Landtagswahlkampfes im nächsten Jahr will der 50-Jährige sich in der Zeit zwischen den Jahren intensiver Gedanken machen. Eines der wichtigsten Themen werde dabei das Thema Wohnen sein, kündigt Söder allerdings schon einmal an. Wörtlich sagt er: „Nicht nur in München, auch in Augsburg wird es immer schwieriger, bezahlbare Wohnungen zu finden, geschweige denn, sich noch Wohneigentum leisten zu können.“Gleichwohl werde die nächste Landesregierung sich nicht nur auf die großen Städte in Bayern konzentrieren: „Wir wollen die ländlichen Strukturen erhalten, damit die Ortskerne nicht ausbluten.“
Darüber hinaus plant Söder nach eigenen Worten eine Digitalisierungsoffensive an Schulen und Hochschulen sowie größere Anstrengungen bei der ärztlichen Versorgung und der Pflege.
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